Sklaverei
und Reportagen über den Menschenhandel in Asien gesehen haben und meinen, ihren Mut unter Beweis stellen zu müssen. Sie glauben, sie könnten einfach in die Nachtclubs in Kambodscha und Thailand spazieren und würden dort öffentlich zur Schau gestellte Prostituierte sehen, die sie fotografieren könnten. Diese Annahme ist so falsch wie gefährlich. Die Mafia, die den Handel mit Frauen und Mädchen kontrolliert, versteht ihr Handwerk. Sie haben ein Auge auf Menschenrechtsorganisationen und verprügeln oder ermorden Journalisten, die sich einschleusen wollen. Kasinos und Karaokebars unterhalten private Wachdienste, die verhindern sollen, dass Journalisten oder Menschenrechtsaktivisten Einblick in die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen in ihren Etablissements erhalten. Anders als die meisten anderen Spielkasinos in aller Welt ist Naga World ein Ort für Männer. Als wir ankommen, sind wir die einzigen Frauen, mit Ausnahme der Hostessen natürlich. Wir müssen mit äußerster Vorsicht vorgehen.
Von meinen Informanten weiß ich, dass das Hotel auch die Sonderwünsche »besonders erlesener« Kunden bedient, die im Glücksspiel hohe Summen setzen und auf Sex mit Minderjährigen aus sind. Ich hatte vor, ein bisschen zu spielen, aber weil ich überhaupt kein Händchen für das Glücksspiel habe, wollte ich mich an die einarmigen Banditen stellen und die Zockerin mimen. Zum Glück erwies sich meine neue amerikanische Freundin als Blackjack-Expertin, also setzten wir uns an einen der Tische. Wir bestellten eine Flasche Champagner, und schon wurden wir besonders zuvorkommend behandelt. In unserer Nähe bemerkten wir drei Frauen, vermutlich Philippininnen, in Markenkleidern, mit dick aufgetragener Schminke und reichlich Modeschmuck, die drei vielleicht 20 -jährige Jüngelchen begleiteten. Rund 90 Prozent der Besucher waren jedoch Männer zwischen 40 und 70 Jahren. Etwa ein Drittel waren Japaner, die mit hohen Einsätzen spielten. Sie und zwei koreanische Gruppen, die offenbar mit einer exklusiven Reisegruppe unterwegs waren, fielen durch ihren Alkoholisierungsgrad und ihre Lautstärke auf. »Karaoke, Karaoke!«, schrie ein dicker Koreaner und fuchtelte mit einem Fächer aus Dollarscheinen in der Luft herum. Wir sahen uns an. Hinter Karaokebars verbergen sich in Südostasien und Japan Orte zur sexuellen Ausbeutung von Frauen und Kindern. Bordelle tarnen sich als Karaokebars mit einer Bühne und allem, was dazugehört, und bieten Séparées für private Darbietungen und Sex. In New York, wo sie genauso betrieben werden, sind sie eine Spezialität der koreanischen Mafia und der chinesischen Triaden.
Ich ging in Richtung des Aufzugs, zu dem die erste Gruppe von Koreanern geführt wurde, doch ich wurde sofort von einem Sicherheitsmann im schwarzen Anzug aufgehalten. In der Aufzugtür stand eine elegant gekleidete junge Frau in einem rosafarbenen Seidenkleid, die bis auf ihre roten Lippen ungeschminkt war. Sie nahm die Koreaner lächelnd in Empfang und sagte einige Sätze auf Koreanisch. Bedrängt von dem Wachmann fragte ich, wo denn die Damentoiletten seien. Er antwortete mir in einem nahezu unverständlichen Englisch und forderte mich auf, meine Tasche zu öffnen. Er wühlte darin herum, und ich dachte, er würde das Geld herausnehmen, doch er zog meine falschen Visitenkarten hervor, auf denen ich mich als Veranstalterin von VIP -Reisen auswies. Er sah erst die Karten an, dann mich, dann wieder die Karten und nahm schließlich eine an sich. Mit meinen Augen wies ich auf das Geld, und der Mann befingerte die Scheine. Ich war mir sicher, dass er etwas nehmen würde, doch eine Sekunde später hatte er die Hand zurückgezogen und bat mich, die Tasche wieder zu schließen. Dann geleitete er mich zur Toilette. Von diesem Moment an folgte er mir wie ein Schatten, und meine Freundin und ich konnten uns nur noch über die landschaftliche Schönheit Kambodschas unterhalten. Sie hatten mich entdeckt, und ich musste mir etwas anderes einfallen lassen, um den Sextourismus in Naga World zu dokumentieren. Alles in allem hatte ich aber noch Glück, denn später hörte ich, dass einige Aktivisten und Journalisten, die das Netzwerk erforschen wollten, bedroht und in einer »Straßenschlägerei« krankenhausreif geprügelt worden waren.
Wir verließen das Kasino, und als unsere Limousine losfuhr, um uns zu einer Bar zu bringen, folgte uns ein schwarzes Auto die ganze Hotelstraße entlang. Später bog es ab und verschwand. Wir tranken
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