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Sklaverei

Sklaverei

Titel: Sklaverei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Cacho
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und das alles gegen ein hübsches Trinkgeld für den Salonbesitzer. Einmal schleuderte der Chinese Da gegen die Wand des kleinen Zimmers und brach ihr so eine Rippe. Zur Entschuldigung gab er ihr fünf Dollar. Der freundlichste Kunde war ein Franzose, der ihr das Leben rettete.
    Wenn Da von Pierre spricht, einem 40 -jährigen Boxer, dann hält sie sich die rechte Hand aufs Herz. Ihre Augen werden noch feuchter, aber sie lächelt, so als würde sie das Geheimnis ihrer Freiheit genießen. Pierre war Klient des Massagesalons und einer ihrer Kunden. Eines Tages zahlte er dem Salonbesitzer 1500  Dollar, um Da einen Monat in sein Hotelzimmer mitnehmen zu dürfen. Eines Abends reiste er nach Holland ab und erklärte Da, dass er sie freigekauft habe. Ein Jahr lang schickte er ihr jeden Monat 150  Dollar. Dann verlor Da ihre Scheckkarte. Sie hörte nie mehr von dem Franzosen. Danach bettelte sie sechs Monate lang auf der Straße und suchte Arbeit. Eine Freundin versprach, ihr eine Arbeit als Zimmermädchen zu besorgen, und verkaufte sie für 200  Dollar an die Bar Viva Night Club. Der Besitzer war ein vietnamesischer Unternehmer, und die Kunden waren fast ausschließlich thailändische Bauarbeiter.
    Sämtliche Nachtclubs, Karaokebars, Massagesalons und Restaurants, die »Unterhaltung« anbieten, haben eine staatliche Zulassung. Sie unterhalten ein großes Netzwerk von Tuk-Tuks, die die jungen Frauen transportieren und bewachen. Einige, die sogenannten Gorillas, haben Messer und zögern nicht, sie zu benutzen, um die jungen Frauen an der Flucht zu hindern. Niemand, der die Lebenswirklichkeit dieser jungen Frauen auch nur oberflächlich kennt, wird behaupten, sie hätten gar nicht den Willen, dieser Hölle zu entkommen. Sie leben in Unterdrückung und leisten Widerstand, und sei dieser auch noch so schwach. Sie sind zusätzlich geschwächt, weil sie von klein auf erleben müssen, welcher Albtraum es ist, als Frau geboren zu werden, und weil sie lernen, dass ihnen nichts anderes übrigbleibt, als ihr Los irgendwie zu erdulden. Also ergeben sie sich in ihr Schicksal und unterwerfen sich dem Willen der Männer, die sich zu Herren über ihr Leben, ihr wirtschaftliches Überleben und ihre Zukunft aufschwingen.
    Als Da 18  Jahre alt wurde, verkaufte der Besitzer des Viva Night Club sie für 750  Dollar an das Bordell 55 , da sie inzwischen zu alt war und die Besucher »frisches Fleisch« wollten. »Ich habe Glück«, sagt sie mit einem freudlosen Lächeln. »Es gibt Mädchen, die sie schon mit sechs Jahren holen. Ich war wenigstens schon 13 .«
    Da wurde schwanger. Vater war ein Freier, ein verheirateter Mann. Sie bekam eine Tochter mit schwarzen Augen und demselben traurigen Blick, wie sie ihn hat. Da sagt, sie wolle auf keinen Fall, dass ihre Tochter Prostituierte werde. Sie lernt heute nähen und will in einer Fabrik arbeiten. Von dem gesparten Geld will sie ein Stückchen Land kaufen, um Reis anzubauen und ihre Tochter vor den Menschenhändlern in Sicherheit zu bringen. Der Vater des Mädchens ist Polizist. Er sagt, wenn sie größer ist, wolle er selbst sehen, ob sie nicht doch zur Nutte geboren sei.
    »Was denkst du, wenn du das hörst?«, frage ich sie. Da wendet den Blick ab, sieht zum Fenster hinaus, und gibt mir zu verstehen, dass das Interview zu Ende ist.
     
    Am Nachmittag komme ich in mein Hotelzimmer zurück. Ich schließe die Tür, werfe meinen Rucksack auf den Stuhl und falle aufs Bett. Ich starre an die Decke und spüre, wie mir die Tränen lauwarm die Wangen hinunter und in die Haare laufen. Ich muss an die Frage denken, die mir die jungen Frauen zum Abschied gestellt haben: Wie fühlt es sich an, wenn man machen kann, was man will, wenn man reisen und schreiben kann? Ich bin frei, ich reise durch die Welt, um ihre Geschichten zu dokumentieren und vielleicht Erklärungen oder Auswege zu finden. Und während sie mir ihre Geschichten erzählen, suchen sie, die Opfer, die geduldigen Sklavinnen, in meinen Augen nach dem Geheimnis meiner Freiheit. Sie sehen zu, wie die Tinte auf den Seiten meines Notizbuchs ihre Worte festhält, die Erinnerungen an ihre Erniedrigung, die Zahlen und die Namen ihrer Käufer und Verkäufer. Was sie nicht kennen, sind die Namen der Menschen, die sie ignorieren, die ihre eigene Freiheit nicht wertschätzen und die Versklavung anderer kleinreden.
    Plötzlich sehe ich das neugierige und lächelnde Gesicht einer der jungen Frauen vor mir, die ich vor kurzem interviewt habe. »Wird jemand

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