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Sklaverei

Sklaverei

Titel: Sklaverei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Cacho
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einer Buchbinderei in Thailand unterzubringen, die billige Bücher für den lateinamerikanischen Markt herstellt. Jedes Mädchen hat eine Tasche mit persönlichen Gegenständen, in der es Opiumpaste zur Herstellung von Heroin transportiert. In Thailand liefern sie erst die Drogen und dann die Mädchen ab. Das Geschäft könnte nicht besser sein.
    Nach zwei Tagen in Birma kehre ich mit Tomys Cousin nach Thailand zurück. Meine Notizbücher, mein Diktiergerät und meine Kamera reichen nicht aus, um den menschlichen Schmerz aufzuzeichnen, den ich in den leidenschaftlichen Blicken der Menschen gesehen habe, die an die eigene Freiheit und die Freiheit anderer glauben und bereit sind, für sie ihr Leben zu riskieren.
    Ich gehe durch die Straßen von Mae Sot. Als ich meinen Rucksack absetze und meine Wasserflasche heraushole, laufen einige Mädchen auf mich zu. Sie glauben vermutlich, dass ich meinen Geldbeutel suche, um ihnen eine Kleinigkeit abzukaufen. Die Kleinen sind kaum älter als sechs Jahre, und an ihrer Haut und ihrem spärlichen Haar ist ihnen die Unterernährung anzusehen. Ich beuge mich zu ihnen hinunter und kaufe kleine Elefanten aus Holz und Plastik. Ein Mädchen blickt mir in die Augen, und schlagartig habe ich das Gefühl, dass wir beide allein sind. Ich, eine Mexikanerin, die auf einer staubigen Straße an der Grenze zwischen Thailand und Birma kniet, während in meiner Heimat Hunderte Mädchen in die Sklaverei verkauft werden. Und sie, die mich anlächelt, als wäre sie im Besitz eines Geheimnisses, und die auf der Straße Krimskrams verkauft, während andere Mädchen ihres Alters in Bordellen eingesperrt sind und Männer aus aller Welt befriedigen müssen. Mit dem Handrücken streichele ich ihr über die Wange, und sie streichelt mich. Wir staunen über die Verbindung.
    In diesem Moment kommt ein vielleicht 20 -jähriger, schlaksiger Junge in zerrissenem Hemd auf mich zu und lächelt mich an. »Wadaposchen«, sagt er. Ich sehe ihn an und gebe ihm zu verstehen, dass ich ihn nicht verstanden habe. Also wiederholt er seine Frage langsam, in breitem Englisch und mit der Attitüde eines mächtigen Mannes: »Want adoption?« Wortlos stehe ich auf.
    Ich atme tief durch, und ohne nachzudenken, gehe ich auf die Brücke zu. Ein thailändischer Grenzbeamter sieht mich freundlich an und bietet mir ein Tagesvisum an. Ich schüttele den Kopf und frage ihn, ob er von den Grausamkeiten gehört hat, die die birmanischen Militärs an den Frauen und Mädchen verüben, von der Zwangsprostitution und den Massakern.
    »Ja, schlimm, schlimm. Bei uns ist das verboten«, erwidert er. Ich lächle ihn leise an und atme tief und ruhig, um die Beklemmung aus meiner Brust zu bekommen. Der Mann spricht weiter.
    »Aber Sie wissen ja, Madame, vielen gefällt das. Die Mädchen sind einfach geborene Nutten, denen gefällt das.« Er klingt unfreiwillig zynisch, wie Milliarden von Männern in aller Welt, die gebetsmühlenartig behaupten, die Sklavinnen wollten ja versklavt werden und ihnen, den Klienten, bliebe gar nichts anderes übrig, als die Wünsche der Sklavinnen zu erfüllen.
    Schweigend gehe ich weiter und gehe auf die Straßenecke zu, an der ich mich mit meinem Fahrer verabredet habe. In diesem Moment, unter der asiatischen Sonne, bin ich keine Journalistin und keine Menschenrechtsaktivistin, sondern einfach eine Frau, die den Spuren des Bösen folgt und sich fragt, ob irgendjemand weiß, wie man die Menschheit vor ihrer eigenen Grausamkeit retten kann.

6 Argentinien – Mexiko: Waffen, Drogen und Frauen
    Raúl Martins: Der Unberührbare
    Das einmalige Türkis des Meeres und der strahlend blaue Himmel locken Touristen in die Karibik, die vom Paradies auf Erden träumen. In den großen Fünf-Sterne-Hotels machen Familien Urlaub, die in Xcaret mit den Delphinen schwimmen wollen, aber auch Männer, vor allem Ausländer, die an einem geschützten Ort Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen suchen. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass sich Mexiko in das Thailand Lateinamerikas verwandelt hat. In Cancún und Playa del Carmen finden Amerikaner und Kanadier die perfekte Gelegenheit, denn hier sind die Gesetze außer Kraft gesetzt, mit denen die Klienten der Zwangsprostitution und der sexuellen Ausbeutung von Kindern bestraft werden.
    Mitten im Hotelbezirk leitet Raúl Martins Coggiola – ein ehemaliger Agent des argentinischen Inlandsgeheimdienstes SIDE , der angeklagt wird, während der Militärdiktatur an der Entführung und

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