Sklaverei
dem Anwalt, nach den neuen Regeln der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten müssten sich Kunden bei der Eröffnung des Kontos zwar ausweisen, doch das Konto sei nach wie vor anonym. Der Anwalt weiß, dass sein Mandant nicht nur falsche Ausweise für die Frauen beschafft, die er in seinen Bordellen beschäftigt, sondern dass er selbst im Besitz von vier Pässen ist: einem mexikanischen, einem argentinischen, einem venezolanischen und einem italienischen. Sämtliche Pässe tragen offizielle Stempel und dasselbe Foto, aber alle lauten auf andere Namen. Außerdem hat sein Mandant einen Führerschein aus Florida, der zwar legal ist, aber auf einen falschen Namen in einem der Pässe ausgestellt ist.
John Christensen ist ein ehemaliger Bankmitarbeiter, der früher geheime Offshore-Konten von Politikern und Mafiosi managte. Nach seiner Verhaftung enthüllte er die Doppelmoral der Politik und erklärte im Detail, wie die Geldwäsche funktioniert. Er gab mir einen ersten Hinweis für meine Nachforschungen zum Umgang mit den illegalen Einnahmen aus dem Sklavenhandel.
Auch andere Experten haben das Thema ausgeleuchtet, aber die vielleicht wichtigste Veröffentlichung ist das Buch
The Laundrymen
(zu Deutsch etwa »Die Männer von der Wäscherei«) von Jeffrey Robinson. Er zeigt detailliert auf, wie die Geldwäsche funktioniert und wie sie nach dem Handel mit Devisen und Mineralöl zum dritterfolgreichsten Wirtschaftszweig der Welt aufsteigen konnte. Im Jahr 2009 wurden schätzungsweise eine Trillion US-Dollar gewaschen – das wären rund 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Vereinigten Staaten.
Die Mächtigen machen vor, wie es funktioniert. Schon im 19 . Jahrhundert stieg beispielsweise die englische Königin Victoria in das Geschäft mit chinesischem Opium ein und wurde eine mächtige Drogenhändlerin, um ihr Land vor den Folgen des Zusammenbruchs des Sklavenhandels zu schützen. Ein Beispiel aus dem 20 . Jahrhundert ist der amerikanische Präsident Richard Nixon, der mit seinem Wahlkampfteam Strategien entwickelte, um Geld in Offshore-Konten zu waschen und damit seine Wiederwahl zu finanzieren. Justizminister John N. Mitchell und Wirtschaftsminister Maurice Stans, die Nixons Komitee zur Wiederwahl des Präsidenten angehörten, entwickelten ein ausgeklügeltes System der Geldwäsche, das bis heute von Scharen von Politikern, Unternehmern und Verbrechersyndikaten nachgeahmt wird. Natürlich haben auch die großen und kleinen Banden von Menschenhändlern von diesem Vorbild gelernt:
Als Mitchell und Stans die Fluggesellschaft American Airlines als Spender von 100 000 Dollar gewonnen hatten, stand deren damaliger Direktor George Spater vor dem Problem, Unternehmensgelder auf das Konto der Spendensammler zu überweisen, ohne dass dies irgendjemandem auffiel. Also ließ er sich vom libanesischen Unternehmen Amarco eine fingierte Rechnung über eine Kommission für eine Ersatzteillieferung an die Fluggesellschaft Middle East Airlines ausstellen. American Airlines überwies das Geld an Amarco, das wiederum deponierte es auf einem Schweizer Nummernkonto, und von dort wurde es auf ein Konto in New York überwiesen. Dort wurde das Geld in bar abgehoben und an Spater ausgezahlt, der es an Mitchell und Stans weitergab.
Detailliert beschreibt Robinson die Transaktionen der amerikanischen Fluggesellschaften und Konzerne sowie die Strategien, mit denen sie dem trüben Blick des Gesetzes entgingen. Robinson erinnert auch an Nixons berühmten Ausspruch nach dem Bekanntwerden des Watergate-Skandals: »Was der Präsident tut, ist immer legal.« Diese Doppelmoral der Politik rechtfertigt die Entwicklung ständig neuer Methoden der Geldwäsche.
Robinson beschreibt vier Grundregeln der Geldwäsche, die bis heute Gültigkeit haben:
1 .
Der Name des Eigentümers des Geldes muss verwischt werden; das Geld lässt sich nicht waschen, wenn Herkunft und Ziel bekannt sind.
2 .
Das Kino macht uns glauben, dass eine Million Dollar in ein Aktenköfferchen passen, aber das ist nicht der Fall. Unabhängig davon, wie groß die Scheine sein mögen, aufeinandergelegt ergeben sie immer noch einen Stapel von zwei Metern Höhe und bringen ein erhebliches Gewicht auf die Waage. Daher muss das Bargeld in eine Form gebracht werden, in der es sich unauffällig bewegen lässt.
3 .
Der Prozess der Geldwäsche muss so undurchsichtig wie möglich sein, damit ihn niemand von Anfang bis Ende nachvollziehen kann.
4 .
Schließlich muss
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