Sklaverei
von früher gekannt, und am Ende hat mich einer unter die Fittiche genommen. Das war einer von den Guten, der hat mich verdammt gut eingewiesen und mir nützliche Tipps gegeben. Mit seiner Hilfe hab ich's geschafft, ohne ihn wäre ich noch genauso beschissen dran wie früher.
»El Chulo« rechtfertigt seine Zuhälterei mit seiner Armut und dem Wunsch, Geld zu verdienen und seine Familie zu ernähren. Sein Ausweg ist ein Pate, der seine Erfahrung mit ihm teilt und ihn »unter die Fittiche nimmt«. Sein Pate ist ein Jugendfreund und »einer von den Guten«, die als »echte Männer« gelten.
Nachdem der Pate gefunden ist, beginnt die Ausbildung, die je nach Pate anders aussehen kann. Unter anderem lernt der angehende Zuhälter, wie er sich zu kleiden hat; wie er Frauen für sich gewinnt; wie er sie dazu bringt, für ihn auf den Strich zu gehen und ihren Verdienst bei ihm abzuliefern; und wie er es schafft, dass sie »ihm aus der Hand frisst«, sprich, wie er sie kontrolliert.
Der Zuhälter ist kein Partner, er geht keine emotionale Beziehung zu der Frau ein. Es geht ihm ausschließlich darum, die Frauen zu kontrollieren. Er verliebt sich nicht in die Frauen, aber sie verlieben sich in ihn. Die Frauen glauben, es bestehe eine emotionale Beziehung, doch den Zuhältern geht es lediglich um deren Ausbeutung.
Die Zuhälterfamilie
Eine weitere Möglichkeit, das Handwerk des Zuhälters zu erlernen, ist die Ausbildung innerhalb der Familie. In diesem Fall wird das Wissen von Vätern an ihre Söhne oder von Paten an ihre Patensöhne weitergegeben. Was Montiel Torres über das Zuhälterwesen in Mexiko schreibt, konnte ich auch in Kambodscha, Thailand, China, Vietnam, Südafrika, Brasilien oder Guatemala beobachten, um nur einige Länder zu nennen. Auch dort gibt es Familien, die sich seit drei oder vier Generationen von der sexuellen Ausbeutung von Frauen und Mädchen ernähren. Freunde sind die Zuhälter ihrer Freundinnen, Männer schicken ihre Frauen zum »Anschaffen«, und schon die Söhne lernen, ihre Mütter zu »managen«.
Angehörige der spanischen Prostituiertengewerkschaft Colectivo Hetaira, einer Organisation zum Schutz der Rechte von Prostituierten, berichten, die Polizei diskriminiere die Prostituierten derart, dass sie auch die Partner verhafte, die gar keine Menschenhändler seien, sondern lediglich Lebensgefährten. Ähnliches hört man immer wieder auch von Frauen aus Mexiko, Guatemala, Venezuela und Kolumbien, die angeblich über die »Familientradition« zur Prostitution kamen.
Das bringt uns zu einem besonderen Problem: Wie unterscheidet man einen Zuhälter von einem Angehörigen, der die Frau offenbar nicht ausbeutet, wohl aber von ihren Einkünften lebt? Die Frage wird umso dringlicher, da viele befreite Zwangsprostituierte umgekehrt berichten, ihr Zuhälter hätte damit gedroht, sie umzubringen, wenn sie nicht aussagten, dass er ihr Ehemann, Partner oder Onkel sei.
Wie man ins Geschäft einsteigt
Zeitgemäße Methoden
Die Menschenhändler nutzen die modernsten Techniken und sind den Behörden immer einen Schritt voraus. Sie wissen, dass es heute nicht mehr so einfach ist, Frauen mit physischer Gewalt zur Prostitution zu zwingen, und dass inzwischen auf breiter Front über die Prostitution aufgeklärt wird. Deshalb müssen sie neue Strategien entwickeln. Einige Zuhälter nutzen zum Beispiel soziale Netzwerke wie Facebook, um Klienten anzusprechen, und schicken die jungen Frauen als »Escorts« für einige Tage in verschiedene Städte.
In diesem Zusammenhang zitiert Montiel Torres einen Menschenhändler mit dem Spitznamen »Santísima Verga«: »Wenn du in diesem Spiel der Beste sein willst, dann musst du wie in jedem anderen Spiel auch die Regeln beherrschen und technisch auf dem neuesten Stand sein, um mithalten zu können und ganz vorn mitzuspielen.« Über seine Ausbildung zum Zuhälter sagt er: »Es ist eine Beziehung zwischen Schüler und Lehrer. Um das Handwerk zu lernen, brauchst du einen guten Lehrer, der dich führt und dir alles zeigt.« Eine Regel, die für alle Zuhälter gilt: »Du musst deine Gefühle abtöten. Weicheier haben in diesem Geschäft nichts verloren.« Hierin unterscheiden sich die mexikanischen Zuhälter nicht von ihren Kollegen in Kambodscha, Nicaragua, Nigeria, den Philippinen oder Thailand, wo sie häufig Brüder, Cousins, Freunde oder Ehemänner der Frauen sind, die sie auf den Strich schicken.
Die Verinnerlichung der Herrschaft
In seiner Untersuchung geht Montiel
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