Sklaverei
haben noch nie im Leben so viel Geld verdient. Manchmal sagen dir die Mädchen: »Du bist ein Schwein, du hast mich betrogen.« Dann musst du schlau sein und ihnen sagen, dass du sie zu nichts zwingst und dass sie dir helfen wollten. Wenn du Ärger hast, dann spielen sie sich manchmal auf, und wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen, werfen sie dir das Geld hin und sagen: »Nimm dein Geld und sieh zu, dass du mir was zu essen machst.« Aber du bleibst ganz ruhig und drehst den Spieß um und sagst zu ihr: »Du glaubst doch nicht, dass du mich mit deinem Geld rumkommandieren kannst! Wenn es dir bei mir nicht gefällt, dann nimm doch dein Geld und hau ab. Ich brauche dich nicht. Außerdem arbeitest du, weil du willst. Ich gehe besser nach Hause, wenn du mir nur dauernd Vorwürfe machst.« Wenn die Mädchen sehen, dass du es ernst meinst, dann sagen sie: »Entschuldige, Schatz, ich hatte einen schweren Tag.« Aber dann darfst du nicht nachgeben und tust weiter so, als wärst du sauer, bis sie vor dir kriecht. Du musst ganz klarmachen, dass du auch ohne sie klarkommst.
In diesem Zusammenhang zitiert Óscar Montiel Torres das Buch
Die neue Sklaverei
von Kevin Bales, der in Bezug auf Thailand schreibt: »Die neue Sklaverei nutzt die Wirtschaftskraft eines Menschen und kontrolliert ihn mittels Drohungen, aber ohne ihn tatsächlich als Besitz zu behandeln oder die Verantwortung für sein Überleben zu übernehmen. Der Sklave ist ein Gebrauchsgegenstand, der wenn nötig im Produktionsprozess eingesetzt wird, der aber keinerlei Kosten mehr verursacht.« Für die Zuhälter bedeutet die neue Form der Sklaverei gewaltige Gewinne. Auf subtile Weise üben sie Macht über den Körper der Frauen aus und machen sie sich auf diese Weise gefügig, und die Frauen selbst werden zu einer Ware, die sich beliebig austauschen lässt.
Montiel Torres bezieht sich außerdem auf das Buch
El año que trafiqué con mujeres
(auf Deutsch etwa »Mein Jahr als Frauenhändler«) des spanischen Investigativjournalisten Antonio Salas. Ein Jahr lang gab sich Salas als Frauenhändler aus und zeichnete seine Begegnungen mit einer versteckten Kamera auf, um zu zeigen, wie das Sexgewerbe in Spanien funktioniert. Er recherchierte an den unterschiedlichsten Orten, vom Straßenstrich über Bars, Hotels und Massagesalons bis hin zum VIP -Service, der die »Modelle« per Katalog anbietet. Salas zeigt verschiedene Strategien auf, mit denen Zuhälter die Frauen an den Haken bekommen, vom Eheversprechen über falsche Anstellungen und Schulden bis hin zu Hexerei und so weiter. Ohne Zuhälter und Menschenhändler ließe sich das Phänomen der Zwangsprostitution nicht verstehen. Salas schreibt: »Das Sexgewerbe ist wie ein gigantischer Eisberg, und die Prostituierten sind nur der unbedeutende Teil, der an der Oberfläche schwimmt.«
Alte Gewalt in neuen Kleidern
Während meiner Recherchen habe ich mich wieder und wieder gefragt, wie es kommen kann, dass die Zahl der jungen Frauen und Mädchen in der Prostitution weltweit immer weiter zunimmt. Ein Teil der Antwort findet sich in Kapitel 7 über die Klienten der Prostitution. In den Stimmen der Kunden, die Victor Malarek in
The Johns
zu Wort kommen lässt, und der Zuhälter, denen wir in der Untersuchung von Óscar Montiel Torres begegnen, kommt immer wieder ein Phänomen zum Ausdruck, das wir nicht vernachlässigen dürfen: der konservative Backlash gegen den Feminismus. Offenbar verspüren Millionen von Männern mit traditionellen und nie hinterfragten Vorstellungen von Männlichkeit einen gewaltigen Zorn. In fast allen Kulturen existieren nach wie vor frauenfeindliche Werte und patriarchale Beziehungsformen, die Frauen Gehorsam abverlangen und sie über Gewalt kontrollieren.
Montiel Torres hilft uns zu verstehen, wie sich die Gepflogenheiten im Handel mit Frauen und Kindern zum Zweck der Prostitution geändert haben. Seine Untersuchung in Mexiko bietet auch eine Erklärung dafür, wie und warum in Kambodscha junge Männer in ihren Tuk-Tuks die Freier zu ihren eigenen minderjährigen Cousinen und Schwestern bringen oder wie vor der versteckten Kamera von ABC , NBC oder BBC kaum zwölfjährige Jungen den als Kunden getarnten Journalisten vier- und fünfjährige Mädchen zum Kauf anbieten (einige der Videos sind im Internet auf Youtube zu sehen).
In ländlichen und indigenen Gemeinschaften herrschen die Männer traditionell einzeln und im Kollektiv über die Frauen. In diesem Zusammenhang entwickelten sich
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