Sklavin der Hölle
Menschen. Solche konnte es nicht geben. Das musste ein Tier, ein Ungeheuer auf zwei Beinen sein, und dieses Ungeheuer drosch ihm gegen die Brust.
Es war die normale Hand, die Miller nach hinten trieb. Er stieß gegen den Rand des Blumenkastens und kippte nach hinten.
Nicht weit genug für den Eindringling, denn er drückte ein zweites Mal zu.
Jetzt landete Miller zwischen seinen Rosen. Er spürte die Dornen. Stängel und Blätter nahmen ihm einen großen Teil der Sicht, aber dass plötzlich die Hand mit den schmalen, spitzen Messern über ihm schwebte, das sah er schon.
Er hörte kein Geräusch, doch er sah, dass die Hand nach unten gestoßen wurde.
Und dann gab es für ihn nur noch die Schmerzen, die alles andere zur Seite schaufelten. Er glaubte, seinen Körper von innen verbrennen zu erleben. Es war einfach nur grauenhaft, und er hätte sich nie vorstellen können, dass ein Mensch einen derartigen Anprall von Schmerzen erleben könnte.
Sie rissen ihn fort.
Er sah das Blut nicht sprudeln, sondern stellte fest, dass dieses Gesicht mit den grünen Augen einfach verschwamm und sich schließlich völlig auflöste.
Die Dunkelheit war da und blieb bestehen, und sie transportierte Dick Miller in die Welt des Todes...
Sekundenlang passierte nichts. Die Killerhand steckte im Körper des Toten und der Mörder wartete noch damit, bis er sie aus der Brust zog.
Er dachte darüber nach, ob er nicht einen Fehler begangen hatte, weil er gekommen war und keine Fragen gestellt hatte. Aber Lina Davies war tot, und auch ohne große Fragen zu stellen, stand für den Mörder fest, dass Miller die Schuld daran trug oder zumindest einen großen Teil davon, denn er hätte sie bestimmt retten können.
Mit einer sehr langsamen Bewegung zog er die Mörderkralle wieder aus dem Körper hervor. Das Metall hatte eine andere Farbe bekommen, denn jetzt rann das rote Blut wie Sirup daran hinab und tropfte von den Spitzen nach unten.
Er war zufrieden. Seine Zeichen waren gesetzt. Niemand durfte ihm das nehmen, was ihm gehörte. Auch wenn das – oder derjenige – nicht mehr am Leben war.
Aus dem Mund des Killers drang ein zufrieden klingendes Geräusch. Es war vergleichbar mit dem Grunzen eines Tiers. Er wusste, dass Miller allein im Haus war. Die Begegnung mit einer zweiten Person brauchte er nicht zu fürchten. Er würde das Haus verlassen und...
Etwas störte.
Ein schrilles Geräusch, das zumindest in der drückenden Stille so klang. Der Mörder zeigte sich irritiert, was an seinem Verhalten zu erkennen war, denn er bewegte den Kopf hektisch nach links und wieder nach rechts.
So verging eine gewisse Zeit, bis er handeln konnte. Das Handy steckte in der Tasche des Toten.
Er zog es hervor. Dabei kratzten die Dornen einiger Rosen über seinen Handrücken, was ihn nicht weiter störte.
Die Neugierde war plötzlich da, und er wollte sie auch befriedigen.
Er meldete sich mit einem neutralen»Ja...«
»Ich bin es, Ruth!«
»Ach so.«
»Ich habe es mir überlegt. Ich komme doch nach Hause. Kannst du mich abholen? So spät ist es ja nicht und...« Eine Pause entstand. Die Anruferin schien bemerkt zu haben, dass etwas nicht stimmte.
Der Killer hörte ihr schweres Atmen und dann wieder ihre Stimme. »Dick! Was ist los? Melde dich!«
Ein böses Lächeln umspielte die Lippen des Mörders. »Hier ist nicht Dick!«, flüsterte er. »Nein, hier gibt es keinen Dick mehr. Hast du verstanden, Ruth?«
Es blieb still. Selbst das Atmen war nicht mehr zu hören.
Dafür wenig später die Frauenstimme, in der jetzt die richtige Panik mitschwang. »Dick? Was...«
»Nein, nein...«
»Wer dann?«
»Willst du es wirklich wissen?«
»Ja, ich...«
»Der Teufel!«, flüsterte er scharf. »Hier spricht der Teufel. Dick ist tot. Er wurde von mir in die Hölle geschickt!« Mit einem gellenden Gelächter beendete der Killer seine Botschaft...
***
Der nächste Tag, der nächste Morgen. Das Wetter hatte sich etwas verändert.
Allerdings zum Negativen hin, denn aus den noch immer tief hängenden Wolken rieselten jetzt die kleinen Flocken, die wie Zuckerkörner aussahen.
Suko und ich hatten uns darauf eingerichtet und den Wagen in der Tiefgarage gelassen. Wir nahmen stattdessen die U-Bahn, deren Wagen man nur als überfüllt bezeichnen konnte. Wir wurden zusammengedrängt wie die Sardinen in der Büchse.
Hinzu kam der feuchte Geruch, der manchen auf den Magen schlug. Man roch aber auch, was viele Menschen gegessen hatten und dieses multikulti Aroma
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