Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
daß das Verhör weitergehen sollte. Sonst befand sich niemand in dem Zimmer.
    Und es war ein Verhör, eine Schnüffelei in Chantelles Leben vom Tag ihrer Geburt bis zu der Nacht ihrer Gefangennahme unter den Kliffen von Dover.
    Ihr Name, Familie, Zuhause, Position, sogar ihr Geburtsdatum wurden verlangt. Ihre Erziehung und Bildung kamen als Nebensache zur Sprache – ihre kultivierten Fähigkeiten, die Klavierspiel, feines Sticken, exzellentes Reiten, Segeln und eine passable Singstimme einschlossen. Nur das Segeln hatte bei dem schwarzen Chefeunuchen einen Hauch von Interesse erweckt. Dieser Schwarze stellte die Fragen, während der Schreiber sorgfältig die Antworten notierte.
    Hätte sich Chantelle nach der Zerreißprobe in der Gegenwart des Herrschers nicht in einem Zustand seelischer Erschöpfung befunden, wäre sie niemals so willig gewesen, alle Fragen beinahe abwesend zu beantworten. Doch ihre Gedanken kreisten noch um den anderen Raum, und ihr schauderte bei der Erinnerung.
    Als ihr Verstand schließlich wieder klar genug arbeitete, um auf die Gründe für dieses Verhör neugierig zu sein, gab es nicht mehr viel, was man über Chantelle noch hätte erfahren können. Eine spezielle Frage an ihren Wächter brachte den alten Groll zurück, der sie aus ihrer Lethargie riß.
    »Was ist der Sinn dieser Vernehmung? Ich dachte, man solle die Vergangenheit vergessen, wenn man in diese Hölle eintritt!«
    Der alte Mann lächelte über die Wahl ihrer Worte. Die Kühnheit und Widerspenstigkeit, die diese neuen Sklavinnen bei ihrer Ankunft besaßen, ehe sie lernten, ihn zu fürchten, amüsierten ihn immer wieder. Er würde dieser Blondine eine Woche geben, um einen respektvollen Ton und ein unterwürfiges Verhalten zu lernen. Dann würde sie nicht mehr wagen, ihm Fragen zu stellen.
    »Sie haben recht«, ließ er sich herab zu antworten. »Doch bevor Ihre Vergangenheit vergessen ist, muß sie zu unserer Information aufgezeichnet werden, falls je Nachforschungen über Ihren Verbleib angestellt werden sollten.«
    »Wegen eines Lösegeldes, meinen Sie – damit Sie wissen, wieviel Sie verlangen können?«
    Er nickte, fügte jedoch absichtlich hinzu. »In Ihrem Fall ist das unwahrscheinlich.«
    »Warum?« fragte sie. »Ich glaube, ich sagte Ihnen, daß ich eine Erbin bin.«
    »Aber wer könnte je vermuten, daß Sie hier gelandet sind?«
    Das hatte sie selbst schon erkannt, es jedoch als einfache Feststellung von diesem Schwarzen zu hören, wirkte äußerst demoralisierend. Beinahe hätte sie darauf hingewiesen, daß ihre Freilassung sofort gefordert werden würde, wenn Barkas englischer Konsul von ihr wüßte – doch sie wollte ihre heimliche Hoffnung, sich mit dem Konsul in Verbindung zu setzen, nicht preisgeben. Im Moment erhielt diese Hoffnung wenig Nahrung. Tatsächlich bestand augenblicklich ihre einzige Hoffnung in der Möglichkeit, daß Jamil Reshid sie nicht behalten würde.
    »Ist dieses Verhör nicht ein bißchen voreilig?« fragte sie gereizt. »Es steht ja noch gar nicht fest, ob …«
    Chantelle brach ab, als ein Wächter hereinkam und Haji Agha etwas zuflüsterte.
    Der alte Mann nickte überhaupt nicht erstaunt und erhob sich.
    »Kommen Sie, Haar.«
    Er wies mit einer Armbewegung zur Tür.
    Chantelle rührte sich nicht, ihre Glieder waren plötzlich wie Blei.
    »Nennen Sie mich nicht so!«
    »Von nun an wird man Sie nur unter diesem Namen kennen. Chantelle Burke ist tot.«
    »Das heißt, daß …«
    Sie konnte den Satz nicht beenden. Sie brauchte es auch nicht. Der alte Eunuche nickte wieder. Er konnte ihre Gedanken lesen.
    »Haben Sie wirklich etwas anderes erwartet, nachdem er sich Ihnen gegenüber so großzügig verhalten hat?«
    »Großzügig!« stieß sie hervor, was ihr sofort einen finsteren Blick von ihm eintrug.
    »Genug«, sagte er leise, doch mit der strengen Autorität, für die er bekannt war. »Sie werden mir folgen, oder man wird Sie hinter mir herzerren. Ich denke, Ihr Stolz wird es vorziehen, daß Sie gehen.«
    Er hatte recht. Schließlich war sie eine Burke, keine wimmernde Memme, und sie war dankbar für den Hinweis. Sie empfand es als schlimm genug, daß sie den gräßlichen Herrscher angefleht hatte – worum? Daß er ein wenig Rücksicht auf ihr Schamgefühl nahm? Schlimmeres würde auf sie warten, dessen war sie sicher. Aber, bei Gott, sie würde nicht mehr bitten, um nichts mehr!
    Sie folgte dem Schwarzen und zuckte nicht einmal mit der Wimper, als seine persönlichen Leibwächter sich

Weitere Kostenlose Bücher