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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Auffassungsgabe haben.«
    Danach streben, diesem Barbaren zu gefallen? Ha! Doch sollte ihr nur diese Gnadenfrist gewährt sein? Nein ~ wenn viele Wochen vergehen würden, mochte der Herrscher sie vergessen, und es würde an ihr liegen, sich nicht in Erinnerung zu bringen.
    Durch eine weitere Tür erreichten sie einen großen offenen Hof aus weißem Marmor mit einem plätschernden Springbrunnen in der Mitte. Rund herum lagen Dutzende von winzigen Wohnungen, drei Stockwerke hoch, die von hölzernen Baikonen umgeben waren. Aus vielen Zimmern strömte Licht, das sich auf den Marmorplatten des Hofes brach. Vor den Eingängen hingen Stoffbahnen; die meisten davon waren momentan wie Vorhänge geöffnet, um jeden Windhauch hereinzulassen.
    Viele Frauen waren anwesend. Einige standen auf den Baikonen, von anderen hörte man die Stimmen aus den Appartements. Eine Gestalt löste sich von einem Türrahmen im Erdgeschoß und kam Haji Agha und Chantelle entgegen. Sie verbeugte sich tief vor dem schwarzen Chefeunuchen. Chantelles erster Gedanke war, daß diese Frau für Jamil Reshid viel zu alt sein mußte, obwohl das Gesicht unter dem Turban immer noch schön genannt werden konnte. Vielleicht seine Mutter?
    Haji stellte sie als Lalla Safiye vor, Herrin dieses Hofes, wo die Mehrheit der Frauen lebte. Chantelle erfuhr später, daß Lady Safiye eine Ikbal von Jamils Vater gewesen war und sich nach seinem Tod entschlossen hatte, im Harem zu bleiben, anstatt sich in ihrem Alter einen Ehemann zu nehmen oder in den Palast der Tränen zu ziehen. Dieser Ausdruck stammte aus Istanbul und bezeichnete das Haus der Witwen eines verstorbenen Herrschers.
    Haji überließ Chantelle dieser Frau, die ein viel zu schnelles Türkisch sprach, als daß Chantelle es hätte verstehen können. Glücklicherweise hatte Lady Safiye auch ein passables Französisch gelernt. Chantelle folgte ihr drei Treppenfluchten hoch in die oberste Etage, wo Lady Safiye den Vorhang der ersten Tür aufhielt.
    »Sie werden in diesem Stockwerk bleiben, bis Sie eine Ikbal werden«, sagte sie. »Dann bringe ich Sie zu den anderen Frauen hinunter. Wollte ich das gleich tun, gäbe es zuviel Unmut, verstehen Sie!«
    Die anderen bewohnten anscheinend die beiden tieferen Etagen. Hier oben war es dunkel und einsam. Jenseits des Hofes und an den beiden Seiten kamen immer mehr Frauen aus ihren Wohnzellen und blickten zu dem Neuankömmling hinauf.
    »Hier ist es angenehm«, sagte Chantelle rasch. Sie wollte sich vor soviel aufdringlicher Neugier zurückziehen.
    Sie trat in den kleinen Raum, in dem eine einzelne Laterne neben einem Essenstablett brannte. Also hatte man Chantelle erwartet.
    »Sie wußten, daß ich komme?«
    »Natürlich. Es gibt nichts im Palast was wir nicht schnell erfahren würden. Als Jamil Haji Agha informierte, daß nur Sie von den dreien ausgewählt worden waren, wurde die Nachricht an Jamils dritte Favoritin, dann an Lalla Rahine und zum Schluß an mich weitergegeben, damit ich Ihr Zimmer herrichten konnte.«
    »Wie schön.«
    Safiye schien den Spott nicht zu bemerken. »Zu meiner Zeit«, fuhr sie fort, »wurde dieser Hof nur für Ikbals benützt, die in Ungnade gefallen waren. Es gab einen Schlafsaal für die Odalisken und einen weiteren kleinen Hof für die Gozdes. Diese Räume werden jedoch nicht mehr benutzt, seit Jamil an der Macht ist.«
    »Ja, ich habe schon gehört, wie alle seine Frauen einmal an die Reihe kommen.«
    Diesmal ließ Safiye den höhnischen Ton nicht durchgehen. Sie packte Chantelles Oberarm mit schmerzhaftem Griff und brachte ihr Gesicht nahe an das der jungen Frau heran. Dabei drückte ihr Blick deutliche Mißbilligung aus.
    »Begehen Sie nicht den Fehler zu denken, Ihre Frechheit wäre hier erlaubt. Und verachten Sie nicht, was Sie nicht verstehen. Jamils Frauen sind die glücklichsten der Welt. Sie wissen nicht, was es heißt, Jahr für Jahr ohne die Liebe eines Mannes zu leben, als Jungfrau zu sterben, ohne je eine zärtliche männliche Berührung verspürt zu haben. So etwas geschieht oft in diesem Land. Es geschah im Harem seines Vaters, daß mehr als hundert Frauen nicht einmal den Rang einer Gozde erreichten.«
    Ich wäre so glücklich darüber, dachte Chantelle, doch sie sagte in kaltem, beherrschtem Ton: »Sie können mich allein lassen, Lalla Safiye.«
    Normalerweise hätte Safiye die junge Frau wegen dieser Worte, die hochmütig und wie ein Befehl klangen, geohrfeigt. Doch dieses Mädchen war das erste, das Jamil seit vielen

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