Sklavin des Herzens
ab. »Nehmen Sie sie mit. Wenn sie Jamil ärgert, indem sie sich ihm widersetzt … andere Frauen sind wegen weniger gestorben.«
23
Magische Worte: »Tu es oder stirb.« Ehe Chantelle herausfinden konnte, ob das wahr war, mußte sie sich fügen. Sie mochte wütend und entsetzt sein, aber sie war nicht dumm. Es gab vieles, das sie getan hätte, um ihre Jungfräulichkeit zu bewahren – aber Sterben gehörte nicht dazu.
Sie hörte es kaum, daß Haji Agha mit ihr redete, während er sie den endlosen Korridor zu den Gemächern des Herrschers entlangscheuchte. Die in letzter Minute gegebenen Instruktionen und Warnungen trafen auf taube Ohren. Chantelle war sich zu sehr bewußt, was geschehen würde. Vashti hatte sie Schritt für Schritt in die Materie eingeführt, und es waren deren Worte, die sie noch hörte.
»Es ist sehr schnell vorbei. Er wird sein Ding in Sie hineinstekken, und Sie werden einen schrecklichen Schmerz spüren, wenn es Ihr Hymen zerreißt. Wenn seine Stimmung gut ist, läßt er Ihnen vielleicht Zeit, bis der Schmerz abklingt – wahrscheinlich jedoch nicht, denn was Sie fühlen, interessiert ihn nicht. Dann wird er stoßen und stoßen und schließlich sein Vergnügen hinausschreien. Er wird einige Augenblicke benötigen, um sich zu erholen, dann löst er sich von Ihnen, und das ist das Ende der Angelegenheit. Eine einfache Sache. Alles schnell vorüber, und dann schickt er Sie in den Harem zurück. Selten behält er eine Konkubine die ganze Nacht bei sich, in diesen Genuß kommen hauptsächlich seine Ehefrauen.«
Dieser Vortrag hatte Chantelle ständig verfolgt und ihre anderen Unterrichtsstunden überschattet, in denen sie die Künste der Verlockung und Verführung lernen sollte, doch vor allem das Bereiten von Vergnügen. Wie man einen Mann zufriedenstellte. Nicht nur irgendeinen, sondern einen ganz gewissen Mann.
Chantelle hatte etwas Belustigendes darin finden müssen, sonst wäre sie langsam, aber sicher verrückt geworden. Daß so viele Menschen sich nur mit den sexuellen Wonnen eines einzelnen Mannes befaßten, war der Gipfel der Lächerlichkeit, und genau das war hier der Fall. Jede Frau im Harem, jeder Eunuche, jede Sklavin hatten nur das eine im Sinn: das Vergnügen des Herrschers.
Wenn es nicht so lächerlich gewesen wäre, hätte Chantelle darüber weinen müssen. Im Augenblick war es allerdings weniger lächerlich, da es Chantelle bevorstand, beim heutigen abendlichen Menü den Hauptgang zu bilden.
Es war nun soweit – es geschah wirklich. Nein, das kann nicht sein. Es ist nur ein böser Traum.
»Sie erheben sich erst, wenn er Sie dazu auffordert.«
»Erheben?«
Sie stand vor einer Tür. Langsam drehte sie sich um und sah, wie Haji Aghas Augen sich verengten.
»Haar, haben Sie von allem, was ich Ihnen sagte, nichts gehört?«
»Ich … es tut mir leid, aber ich glaube nicht. Könnten Sie es noch einmal wiederholen?«
»Wir haben keine Sekunde Zeit mehr«, stellte er ärgerlich fest. »Denken Sie daran, daß Sie sich vor ihm niederwerfen und so verharren müssen, bis er Sie auffordert aufzustehen. Tun Sie genau, was er sagt, dann müßte alles gutgehen. Wir können nur beten, daß die Verzögerung ihn nicht verstimmt hat.«
»Welche Verzögerung?«
»Er wollte Sie auf der Stelle bei sich haben.«
»Warum?«
Haji seufzte. »Das weiß Allah allein.«
Mit einem Ruck riß er den kurzen Schleier zurück, der ihre untere Gesichtshälfte bedeckt hatte, öffnete die Tür und begleitete Chantelle bis zur Mitte des großen Raumes. Da der Chefeunuche der jungen Frau nicht traute, zog er an ihrem Arm, bis sie auf die Knie sank. Zufrieden sah er, wie sie den Kopf zur Erde neigte, dann ging er rückwärts hinaus.
Chantelle hatte sich nicht aus Respekt niedergeworfen. Nach Betreten des Raumes hatte sie sofort den Blick sowie den Kopf gesenkt, und sie wollte diese Haltung so lange wie möglich beibehalten – aus dem einfachen Grund, daß sie den Pascha nicht ansehen mochte. In dieser Position konnte sie ihn nicht sehen, und das war ihr angenehm.
Sie wußte nicht, wo er sich aufhielt. Vielleicht war er noch gar nicht anwesend. Sie hörte ihn nicht, spürte seine Gegenwart nicht. Oder doch? Ja, sie fühlte sich beobachtet, und das war absolut keine erfreuliche Empfindung.
Derek blieb ruhig, denn er war sich seiner Stimme noch nicht sicher. Es schien, als habe er eine Ewigkeit auf diesen Moment gewartet, doch es waren nur vier Tage gewesen. Vier Tage voller Trübsal und in der
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