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Sklavin des Höhlenmenschen

Sklavin des Höhlenmenschen

Titel: Sklavin des Höhlenmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Morell
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den Mund, kniete neben ihm nieder. „Wir sehen uns wieder. Siri“, flüstere sie an seinem Mund, „vergiss den Namen niemals.“ Ihre Lippen legten sich über seine, und sie schob die Frucht in seinen Mund.
    Die Welt wurde dunkler, Müdigkeit ergriff Gandar.
    Als seine Freunde ihn erreichten, kniete die alte Sklavin neben ihm. Sie sah sie scharf an. „Er wird schlafen. Er ist nicht tot. Lasst ihn ruhen. Die Gottheit geht zweimal schlafen und wird wieder erwachen. Und dann erwacht auch er.“

Kapitel 10
    Als Gandar wieder zu sich kam, war Siri bereits zwei Tage unterwegs. Seine Freunde, seine Sippe und die anderen Dorfbewohner wollten ihn aufhalten, aber kaum, dass er die Müdigkeit und Schwäche abgeworfen hatte, packte er ein Bündel mit Feuersteinen, Körnern, getrocknetem Fleisch und zwei Fellen, zwei zusätzlichen Speerspitzen aus Stein und einem steinernen Keil, mit dem er schneiden und Beute zerteilen konnte.
    Er konnte nur ahnen, wohin die anderen sich gewandt hatten. Sie waren von dort gekommen, wo das wärmende Feuer, das Siri Gottheit des Lichts nannte, den höchsten Punkt des Himmels erreichte. Und dorthin würde er ebenfalls gehen. Sie waren viele gewesen und hatten gewiss Spuren hinterlassen, denen er folgen konnte.
    Anfangs fand er tatsächlich deutliche Fährten. Stellen, wo sie Feuer gemacht hatten. Überreste eines Mahls. Abgenagte Knochen, die selbst die Wildtiere nicht mehr gewollt hatten. Bäume, von denen sie Äste gebrochen hatten – vermutlich, um daraus Lanzen oder Stöcke zu machen.
    Er lief sehr schnell, konnte sie jedoch nicht einholen. Es war, als hätten sie nie lange gerastet, sondern wären sogar in der Nacht weitergewandert. Was er nicht tun konnte, denn sonst verlor er die Spur. Aber je weiter er kam, desto dürftiger wurden alle Hinweise.
    Und dann kam der Tag, an dem Gandar keine einzige Spur mehr fand. Er hatte die Fährte verloren. Zuerst ging er zurück, suchte dort, wo er die letzte Feuerstelle gefunden hatte, ging im Kreis, drehte Steine um, besah sich die Bäume, suchte nach Exkrementen – wenn sie keine anderen Spuren hinterlassen hatten, so zumindest wohl diese. Nichts. Er blieb zwei Tage an dieser Stelle, suchte immer weiter, zog immer größere Kreise in der Hoffnung, etwas zu finden, aber es war vergeblich. Die Gottheiten hatten zudem in den vergangenen Tagen viel Wasser geschickt, das wahrscheinlich noch die letzten Spuren getilgt hatte.
    Dann beschloss er, irgendeine Richtung einzuschlagen. Diese Menschen konnten nicht einfach verschwinden. Sie waren keine Götter, auch wenn sie behaupteten, dass Siri die Dienerin der Gottheiten war. Sie konnten sich nicht mit dem Morgennebel auflösen, in den Himmel emporsteigen, ohne Spuren zu hinterlassen. Irgendwann, wenn er weit genug ging, musste er eine Fährte finden.
    In diesem Moment kam ihm ein Gedanke, der so furchtbar war, dass er zu zittern begann. Waren Siri und die anderen Opfer von Raubtieren geworden? Ein ganzes Rudel konnte einige Menschen reißen, ihre Überreste in Höhlen zerren. Aber als er darüber nachdachte, erkannte er, wie unwahrscheinlich dies war. Die Raubtiere würden die Felle übriglassen, die Häute, die Speere der Krieger und diese seltsam gebogenen Holzstangen, die sie mit Gedärmen zusammengespannt hatten. Wenn, dann konnte nur ein anderer Stamm sie gefangen oder getötet haben. Andere Menschen ließen bestimmt nichts zurück, alles war kostbar. Aber das mussten schon sehr viele gewesen sein, um diese Jäger überwältigen zu können. Und dann hätten sich ebenfalls Spuren gefunden.
    Nein, überlegte Gandar grimmig: sie waren durchtrieben, hatten jede Fährte gelöscht. Sie ahnten vielleicht, dass er sie verfolgte, weil er seine Sklavin – nein, seine Gefährtin – zurückhaben wollte.
    Er verfolgte die gewählte Richtung über mehrere Tage, fand jedoch nichts. Schließlich kehrte er zu der alten Feuerstelle zurück, schlug eine andere Richtung ein. Er war einer der besten Fährtenleser seines Dorfes. Wenn jemand etwas finden konnte, dann er. Er würde Siri aufspüren, gleichgültig, wie viele volle Monde er unterwegs war.
    c##~~~ „Du wirst bald stark genug sein, um das Ritual zu vollziehen“, sagte die alte Dienerin zu Siri, die auf einem weichen Felllager saß und ihr Kind an die Brust drückte. Ihr Volk lebte zwar wie Gandars Stamm in Hütten, aber Siri zog sich gerne in die heiligen Höhlen zurück, wohin die anderen Dorfbewohner ihr nicht folgten. Hier war sie mit ihrem Kind und

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