Sklavin des Höhlenmenschen
gewesen, die Siri von ihm fortgeholt hatte.
Gandar war daran gewöhnt, sich fast lautlos im Wald zu bewegen, wie ein Schatten die Beute aufzuspüren und sich mit tödlicher Fertigkeit an sie heranzupirschen. Auch jetzt hatte keiner der Männer den geringsten Verdacht, dass sie verfolgt wurden, und sie führten Gandar – ohne es zu ahnen – zu ihrer Siedlung und in Siris Nähe.
Das Dorf hatte so wie jenes von Gandars Stamm einen Schutzwall aus dicken Baumstämmen, aber die Umgebung sah ganz anders aus. Rund um Gandars Dorf waren kaum noch Gewächse. Die Erde war abgegrast, abgebrochen, die Wurzeln von den Frauen und Kindern ausgegraben. Hier jedoch blühte alles und trug fremde, leuchtende Früchte. Der Boden war bedeckt mit Körnergräsern, zwischen denen einige Frauen arbeiteten. Gandar erklomm einen hohen Baum, um das Dorf und den weiteren Weg der Männer überblicken zu können. Sie hatten die Umzäunung passiert, gingen, begrüßt und bestaunt von Weibern und Kindern, durch das Dorf.
Hinter der abgeschlossenen Siedlung lag ein Gebiet mit hohen Felsblöcken. Zwei der Jäger trennten sich von den übrigen und Gandar beobachtete, wie sie das Dorf durch ein anderes Tor wieder verließen und zwischen den Felsen verschwanden.
Gandar wartete die Dämmerung ab, dann stieg er vom Baum und versteckte sein Bündel mit dem restlichen getrockneten Fleisch, den Feuersteinen und seinen Lederschuhen in einer Baumhöhle. Er umrundete das Dorf und schlich zu den Felsen. Er verbarg sich in deren Schatten und beobachtete zwei Frauen, die zwischen zwei Felsblöcken hindurchgingen und verschwanden. Er wartete eine Weile, dann schlich er ihnen nach. Dort war ein Eingang. Ähnlich wie derjenige, der in Ramas Höhle geführt hatte.
Schritte.
Gandar huschte lautlos zurück zu seinem Versteck. Mehrere Jäger mit Speeren und diesen gebogenen Ästen kamen heran. In ihrer Mitte ging … Siri.
Ihr Anblick nahm Gandar für einige Augenblicke den Atem. Sein Herz schlug so heftig, dass es in seinen Ohren dröhnte. Fast wäre er aufgesprungen und hätte sich auf die Männer gestürzt, aber dann wurde ihm klar, dass Siri nicht als Gefangene mitging, sondern die Männer sie ehrerbietig zur Höhle begleiteten. Am Eingang blieben sie stehen, fielen vor Siri auf die Knie, neigten ihre Köpfe zur Erde. Siri sprach lächelnd mit ihnen, dann nahm sie eine Fackel. Bevor sie jedoch die Höhle betrat, blieb sie stehen und schien zu lauschen. Ihr Blick wanderte über die Männer, die Felsen, und Gandar hatte das Gefühl, als träfe er auf ihn. Dann schloss sie kurz die Augen, wandte sich endlich um und betrat die Höhle. Die Männer blieben zurück.
Gandars brennender Blick folgte Siri, bis das Licht ihrer Fackel von der Dunkelheit des Ganges verschluckt wurde.
Die Männer hatten sich vor dem Eingang niedergelassen, und er hörte ihre gedämpften Stimmen. Er wartete. Und nun wurde er sich erst des Zitterns seiner Hände und seiner Beine bewusst. Schauer liefen über seinen Rücken. Er hockte sich auf den Boden und atmete tief und ruhig aus und ein. Fast musste er über sich selbst lachen. Solche Gefühle aus Angst, Aufregung und wilder Freude hatte er nicht mehr gespürt, seit er von den Männern seines Stammes das erste Mal auf die Jagd mitgenommen worden war und eines dieser langzahnigen Raubtiere erlegt hatte. Auch damals hatte er, als er sich mit den anderen herangepirscht und den richtigen Moment abgewartet hatte, gezittert.
Gandar beobachtete weiter, während sein Körper sich beruhigte, das Herz wieder wie gewohnt schlug, und seine Hände sicher wurden. Er tastete nach dem scharfen Steinmesser, das er in einem Lederband um seine Hüften trug. Wenn er rasch genug war, die Jäger dort überrumpelte, so konnte er mit dem Messer ein oder zwei von ihnen töten, bevor die anderen sich auf ihn stürzten. Es waren so viele wie er Finger an einer Hand hatte. Das machte es schwierig, lautlos zu töten. Die drei Restlichen würden sicher schreien und weitere Jäger herbeirufen. Und dann wurde er wahrscheinlich überwältigt. Er musste anders vorgehen, sie ablenken und fortlocken.
Er sah sich um. Die Felsen ragten hoch über ihm empor. Sie waren glatt, es war schwierig hinaufzuklettern, aber er war geschickt. Wenn er sich recht erinnerte, dann hatte er vom Baum aus gesehen, dass die Felsen hier knapp beieinanderstanden und nur ähnliche Durchgänge freiließen wie diesen hier, der zum Eingang der Höhle führte.
Er schlich lautlos ein Stück zurück.
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