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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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außerhalb männlicher Gewalt für die Erschaffung einer Zivilisation gab. Gesetz und Kunst zu haben, Wissenschaft, dazu müssen sich Agrargesellschaften sowie eine nicht arbeitende Klasse gebildet haben, die so etwas entwickeln kann. Aber diese Art Gesellschaft hätte erzwungen werden müssen, und zwar ziemlich brutal, wenn wir heutige Maßstäbe anlegen.«
    »Das stimmt.« Yavuz nickte zu den beiden Dreizehnern im Restaurantfenster hinüber. »Um anzufangen, müsste man erst mal all diese Knaben da auslöschen.«
     
    »Sie ist die Kundin.« Carl nahm eine Gabel und bediente sich mit einer Auberginenscheibe vom Meze- Teller. »Werden wir was hiervon essen?«
    Ein tiefer, letzter Zug an der Zigarette, gehobene Braue. Névant drückte den Stummel aus. »Du arbeitest jetzt freiberuflich?«
    »Habe ich immer getan, Stéphane. UNGLA hält die Lizenz, aber sie rufen mich nur, wenn sie mich brauchen. Die übrige Zeit muss ich mir den Lebensunterhalt wie alle anderen auch verdienen.«
    »Was möchte die Kundin also von mir?«
    »Wir sind hinter einigen Verbindungen der familia andina her. Versuchen, einen Marstech-Ring in den Präpcamps zu sprengen.«
    »Es gibt einen Grund, weshalb ich euch dabei helfen soll?«
    »Abgesehen von der Tatsache, dass Manco Bambaren dich vor drei Jahren an mich verkauft hat? Nein, keinen Grund, der mir einfallen will. Ich habe dich immer für einen von der vergebenden Sorte gehalten.«
    Névant ließ ein kurzes Grinsen aufblitzen. »Ja, Tayta Manco hat mich verkauft. Aber du bist damals gekommen, um mich einzusammeln.«
    »Gibst dem Botschafter die Schuld, hm?«
    »Oh, allerdings.«
    Carl nahm sich mehr von den Meze. »Du glaubst wirklich, ein Billig-Pate mit Illusionen über Volkszugehörigkeit würde sich jemals deinetwegen gegen die UNGLA stellen? Warst du wirklich so verzweifelt anzunehmen, du hättest einen Schlupfwinkel gefunden, Stéphane? Es gibt einen Grund, weshalb Manco es zum Tayta gebracht hat, und der liegt nicht in seiner wohltätigen Natur.«
    »Was, zum Teufel, weißt du denn davon, Marsmensch? Wie ich mich erinnere, warst du den größten Teil deiner Zeit im Nahen Osten als Sonderbeauftragter für urbane Befriedung eingesetzt.«
    »Das ist…«
    »Weißt du, dass in Zentralasien nach wie vor Bündnisse mit Warlords intakt sind, die ich damals, ’87, aus dem Nichts aufgebaut habe? Hast du irgendeine Ahnung, wie vielen dieser Marionettenpräsidenten, die bei Al Dschasira alles nachplappern, ich an die Macht verholfen habe?«
    Carl zuckte mit den Achseln. »Arbeit in Zentralasien bedeutet nicht, dass ich nach Südamerika fliegen werde. Das ist ein ganz anderer Kontinent, Stéphane.«
    »Ja, und ein völlig anderes Ziel.« Névant schüttelte eine neue Zigarette aus der Packung. Er steckte sie sich in den Mundwinkel, zog sie an und hob die Brauen. »Möchtest du eine?«
    »Ich esse.«
    »Wie du willst.« Er beugte sich vor, blies Rauch über den Tisch und grinste. »Siehst du, die familias sind nicht wie diese Arschlöcher, diese Warlords, sind sie nie gewesen. Ein Warlord will dasselbe, was jeder wiederkäuende Politiker will – Legitimität, Anerkennung und Respekt vom Rest der Herde. Die ganze gewaltige Wagenkolonne.«
    Carl nickte kauend. Vor drei Jahren hatte ihm Névant schon einmal so ziemlich dieselbe Lektion erteilt, als sie darauf gewartet hatten, dass der Papierkram erledigt wurde, damit er den Franzosen gefesselt aus Lima mitnehmen konnte. Aber sollte Névant doch Lektionen erteilen. Es war Carls beste Chance, etwas von Nutzen zu erfahren.
    »Also hast du normalerweise ein gesetzloses Vakuum und eine Bande dieser Arschlöcher, die darum kämpfen, einer neuen Ordnung ihren Stempel aufzudrücken, auf Grund derer sie vorn in der ersten Limousine fahren dürfen. Nun, bei den familias wird das nie so sein. Da besteht bereits eine Struktur, und sie ist voll besetzt mit legitimen Verbrechern, weiße Criollos und ausgebildete Alibi-Indigenas, die das Parlament, das Militär, die Banken, die Grundbesitzer, all diesen Scheißdreck in die Tasche gesteckt haben. Die familias sind ausgeschlossen. Was ihnen bleibt, ist das Verbrechen und ein schwaches Echo einer ethnischen Trauer.« Névant hielt sich die Hand ans Ohr. »Und das Echo verklingt, Mann. COLIN hat in den letzten fünfzig Jahren so viele Einheimische vom Altiplano hinaus auf den Mars verschifft, so viel Geld in die Region gepumpt, dass die familias einfach nicht mehr wie früher rekrutieren können. Die einzigen Orte,

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