Skorpion
hielt abrupt inne, starrte immer noch auf die bläulich schimmernden Anzeigen, aber diesmal konzentrierter auf etwas.
»Was ist?«
»Ich weiß nicht. Wir werden langsamer.«
Sie drehte sich in ihrem Sitz herum, um durch das Rückfenster zu schauen. Kein Anzeichen für einen Transporter, dem sie vielleicht den Weg versperrten. Und keine roten Blitze irgendwo auf den Anzeigen, die auf ein Hardwareproblem deuten mochten. Trotzdem verlor der Jeep an Geschwindigkeit.
»Da pfuscht jemand an uns herum«, bemerkte Marsalis grimmig.
Sevgi spähte zu den Seitenfenstern hinaus. Nirgendwo Straßenbeleuchtung; nur ein erbärmlicher Sichelmond zeigte ihr eine bleiche, gewellte Landschaft aus Felsen und Gebüsch, rechts eine Bergwand und drüben auf der anderen Seite des Highways etwas, das aussah wie ein steiler Abhang in eine Schlucht. Die Straße wand sich um die Flanke des Berges und war inzwischen bloß noch zweispurig. Der Mittelstreifen war zu einer meterbreiten Führungslinie geschrumpft, die für die Transporter auf das Evercrete gemalt war. Keine Lichter oder Anzeichen für menschliche Behausung weit und breit. Kein Verkehr.
»Du bist dir sicher?«
»Wie sicher soll ich denn sein?« Er packte das Lenkrad und versuchte, die Handsteuerung einzuschalten. Das System schloss ihn mit einem selbstgefälligen dreifachen Klingelton und pulsierenden orangefarbenen Knoten inmitten des Blaus aus. Der Jeep verlangsamte träge auf der Steigung. Carl warf die Hände in die Höhe und trat auf die Pedale unter den Füßen. »Siehst du? Sauerei!«
Es war nicht klar, ob er zu der Maschine sprach oder zu dem Betreffenden, der sie einholte. Sevgi griff nach ihrer Pistole, befreite sie aus dem Schulterholster und löste den Sicherungsbügel. Marsalis hörte das Klicken und richtete einen Moment lang den Blick auf die Waffe in ihren Händen. Dann beugte er sich über das Armaturenbrett und hieb auf den Notschalter. Die Anzeigen leuchteten rot auf, und der Wagen bremste abrupt. Sie fuhren nach wie vor mit guter Geschwindigkeit im Leerlauf. Die Reifen des Jeeps kreischten bei dem Missbrauch auf und blockierten. Sie gerieten ins Schleudern, jedoch nicht allzu sehr. Blieben stehen, dass die Zähne aufeinander knallten.
Schweigen – und das Blinken, das Klicken der automatischen Warnblinkanlage. Kirschroter Schein an jeder Ecke des Jeeps, verschwinden. Sammeln, verschwinden. Sammeln, verschwinden.
»Ja.«
Er fummelte mit dem Mechanismus seines Sitzes herum, bis er absank und ihm den Zugang zum Heck des Jeeps gestattete. Er beugte sich vor, hing mit der Hüfte über der Lehne und tastete umher. Seine Stimme klang wegen des Drucks auf seine Bauchmuskeln angespannt. »Hab so was schon im Zagros gesehen. Meistens von der anderen Seite der Medaille. Wir haben die iranischen Truppentransporter auf diese Weise aus dem Hinterhalt zum Stehen gebracht. Eine gute Strecke, bevor sie einen sehen konnten.« Eine Decke in seiner Hand, weggeworfen. »Sobald man die Steuerprogrammierung geknackt hat, kann man so ziemlich alles damit anstellen, was einem gefallt.« Klappern von Kunststoff. Er streckte die Hand weiter aus. »Sie zusammenstoßen lassen, sie vom Rand einer Klippe fahren lassen, falls es eine gibt. Oder über eine sorgfältig vorbereitete Mine. Verdammt.«
»Was machst du da?«
»Suche nach einer Waffe. Du wirst mir diese Beretta nicht abgeben, hm? Vertragliche Verpflichtungen und so?« Er warf sich zurück auf seinen Sitz, die Zähne vor Enttäuschung fest zusammengebissen. Er sah sich funkelnd um und stieß dann die Tür auf, lief zur Rückseite des Jeeps. Der Straßenstaub vom Nothalt hatte sich auf einer sanften Brise gefangen und trieb in einer Wolke um sie herum. Trieb davon, geisterhaft still und regelmäßig rot erleuchtet von der Warnblinkanlage. Sevgi schaute sich um und sah Marsalis, der darum kämpfte, etwas von der Hecktür zu lösen. Die blitzenden Lichter erleuchteten ihn inmitten des Staubs, verwandelten sein angespanntes, auf die Anstrengung konzentriertes Gesicht in das eines Dämonen. Sie glaubte, ihn grunzen zu hören. Etwas riss sich klappernd los.
Er kehrte mit einem Klappspaten zur Tür zurück.
»Na gut, hör zu«, sagte er, jäh ganz ruhig. »Falls wir Glück haben, sind das örtliche Gangster, gewöhnt daran, leichte Lastwagen und den gelegentlichen Reisebus anzuhalten. In diesem Fall bleiben uns vermutlich einige weitere Minuten, bis sie begreifen, was wir getan haben. Vielleicht noch weitere drei oder vier
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