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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte entweder für etwas Besseres gespart, oder er hatte die häusliche Umgebung für sein Budget nicht als vorrangig erachtet. Das Mobiliar war funktionell und abgenutzt, an den Wänden sah man allgemeine Werbeplakate des Unternehmens, die, wie es den Anschein hatte, eine Reihe unterschiedlicher Angestellter dort aufgehängt hatte. Ein Fenster schenkte ihnen einen Ausblick hinüber zu dem, was ein identisches Wohngebäude etwa zwanzig Meter jenseits einer Gasse sein musste.
    Sevgi seufzte erleichtert.
    »Sie haben passende genetische Spuren?«, fragte sie.
    »Hm.« Rovayo hob die Hand, und überall im Zimmer leuchteten winzige durchsichtige rote Stellen auf Mobiliar und Installationen auf. »Er war ganz bestimmt hier. Hat die Wohnung zumindest für einige Tage benutzt.«
    Marsalis ging zum Fenster und spähte hinaus. »Hat irgendjemand ihn gesehen? Augenzeugen?«
    Der weibliche Rim-Detective runzelte die Stirn. »Nicht viele Zeugen, nein. Diese Blocks sind bewusst für die Immigrantenarbeiter errichtet. Die Fluktuation unter den Bewohnern ist hoch, und die Leute bleiben ziemlich für sich. Es gibt ein paar Überwachungskameras auf den Korridoren, aber auch davon nicht allzu viel. Wie es aussieht, hat er gleich nach seinem Einzug den größten Teil der Überwachungsanlage entfernt. Sie haben das mehrere Wochen lang nicht repariert.«
    »Ziemlich normal«, brummelte Marsalis.
    »Ja, stimmt«, knurrte Coyle. »Vermutlich haben Sie auch keine Slums für Immigrantenarbeiter in der verdammten europäischen Union.«
    Der schwarze Mann warf ihm einen kurzen Blick zu.
    »Ich habe von der Demontage der Überwachung gesprochen. Ziemlich normal, wenn man in eine Stadt eindringt.«
    »Oh.«
    »Wollen Sie sehen, was wir haben?«, fragte Rovayo. Sie winkte bereits einen Sichtschirm in der leeren Luft herbei. Marsalis zuckte die Achseln und drehte sich vom Fenster weg.
    »Natürlich. Kann nicht schaden.«
    Also sahen sie alle in einem verkürzenden Kamerawinkel zu, wie Merrin hager und hohläugig durch die Eingangshalle des Blocks marschierte, einen Moment lang nachdenklich zu der Linse hochschaute und dann weiterging. Sevgi, die Marsalis ebenso beobachtete, glaubte gesehen zu haben, dass sich der schwarze Mann kurz versteifte, als Merrin sie scheinbar alle vom Bildschirm her ansah. Sie wusste nicht genau, was er da gesehen hatte, dass er sich so anspannte, vielleicht bloß einen würdigen Gegner. Für sie vollführte der Moment einen abrupten Purzelbaum im Kopf. Merrin, der aufschaute, der Leichnam Joey Driscolls, der herabschaute, Leichnam und Killer, kleine Fenster öffneten sich aus der Zeit und zeigten Tod und Zerstörung. Verdammte Virtualitäten! Kopierte Welten, ein Ort lediglich für Geister und die maschinenhafte Perfektion der ’faces, die dazwischen umhertrieben und allem mit der unmenschlichen Kompetenz von Engeln dienten.
    Sie überlegte plötzlich, ob das Paradies, von dem die Imame immer sprachen, wohl so aussähe. Geister und Engel und kein Platz für irgendetwas Menschliches oder Warmes.
    »Wir haben da ein Problem«, meinte sie, um das jähe, schleichende Gefühl des Verhängnisses zu zerstreuen. »Wenn Merrin so von der Horkan’s Pride heruntergekommen ist, dann…«
    »Ja«, beendete Coyle für sie. »Wie ist er dann am selben Nachmittag bei Ward Biosupply angekommen und hat das Dock mit Ulysses Wards Blut voll gemalt?«
    »Wichtiger als das Wie«, meinte Marsalis leise, »ist vielleicht das Warum.«
    Coyle und Rovayo zeigten einen gleichartigen Ausdruck. Sevgi schrieb dazu den Untertitel: Wer weiß, warum, zum Teufel, ein unglücklicher Verdrehter irgendwas tut? Sie konnte nicht genau sagen, ob Marsalis es ebenfalls mitbekommen hatte.
    Norton räusperte sich. »Ward war da draußen. Die Satellitenaufnahmen und die aufgezeichneten U-Boot-Pläne beweisen es. Wir haben vermutet, dass das Zufall war, sein Pech, dass er sich gerade in dem Gebiet aufhielt. Er hat Merrin aus dem Wrack gerettet und ist für seine Freundlichkeit ermordet worden.«
    »Großes Fragezeichen«, meinte Marsalis weniger ruhig.
    »Wir haben gar nichts vermutet.« Gereiztheit, Müdigkeit in Rovayos Stimme. Jetzt, wo Sevgi darüber nachdachte, sah keiner der beiden Rim-Polizisten danach aus, als ob er oder sie kürzlich viel Schlaf bekommen hätte. »Wir haben damals im Hinblick auf Ward Hintergrunduntersuchungen am Laufen gehabt. Von COLIN genehmigter Überwachungs-N-Dschinn. Es gibt kein Anzeichen für eine Verbindung zu Merrin oder zum

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