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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein. »Bin nur gestürzt. Nichts weiter…«
    Der Rand des Scheinwerferstrahls schnitt etwas aus der Dunkelheit, das völlig sinnlos erschien. Ruckartig fuhr sein Kopf herum, und der Strahl traf nun völlig auf das, was er eben gesehen hatte…
    »Ah, verdammt, Mann, du musst…«
    Und plötzlich, zusammen mit der Flut ungläubigen Verstehens, würgte er, Erbrochenes stieg hoch in die Maske, brannte ihm in Nase und Kehle, denn er erkannte jetzt zum ersten Mal genau, worum es sich bei dem weichen Ding handelte, das seinen Sturz gedämpft hatte.

 
4
     
     
    Sevgi Ertekin erwachte merkwürdig überzeugt davon, dass in der Stadt Regen fiel, wie schmutzig-graue Laken.
    Im Juni?
    Sie blinzelte. Irgendwo draußen vor dem offenen Fenster der Wohnung hörte sie eine Sirene nach ihr rufen. Vertraut und nostalgisch wie der Ezan aus ihrer alten Nachbarschaft, den sie immer noch vermisste, aber beladen mit einer Bedeutung, die ihr einen Adrenalinstoß versetzte, welchen der Gebetsruf niemals hervorrufen könnte. Ein eingerosteter professioneller Reflex meldete sich in ihr, wälzte sich über sie hinweg und versank wieder, als die Erinnerung an Bord kam. Nicht länger ihr Ruf. Wie dem auch sein mochte, der melancholische, atemberaubende Schrei des Polizeiwagens war, wo auch immer er sich befand, sehr fern. Geräusche des Kaufens und Verkaufens vom Straßenmarkt sechs Etagen unter ihr übertönten ihn fest. Sie hörte Rufen, hauptsächlich gut gelauntes, sowie Musik von den Soundsystemen an den Ständen, wilde Neo-Arabesken, für die sie gegenwärtig nicht in der Stimmung war. Der Tag hatte ohne sie angefangen.
    Wider besseres Wissen drehte sie sich zum Fenster hinüber. Der grelle Sonnenschein traf sie mitten ins Gesicht, sodass sie rasch die Augen zusammenkniff. Die Varipolara-Vorhänge bauschten sich in einer Brise von draußen und strahlten im Morgenlicht. Anscheinend hatte sie vergessen, sie wieder auf lichtundurchlässig zu schalten. Eine leere Flasche Jameson’s ragte halb verborgen unter dem Vorhangsaum hervor, wohin jemand – jemand, ja, schon gut, Sev, wer wäre das dann wohl gewesen? – sie über die glänzend polierten Holzdielen des Wohnzimmers gerollt hatte, als sie nichts mehr zu bieten gehabt hatte. In eben jenem Wohnzimmer, wo sie anscheinend vollständig bekleidet auf dem Sofa geschlafen hatte. Ein Augenblick erschöpften Nachdenkens holte eine bestätigende Erinnerung hervor. Sie hatte dort gesessen, nachdem die Party sich aufgelöst hatte, und sie hatte den Rest der Flasche geköpft. Vage Erinnerungen an Selbstgespräche, an die rauchige Wärme des Whiskeys, als er seinen Weg nach unten gefunden hatte. Die ganze Zeit über hatte sie gedacht, nur noch einen, sie würde nur noch einen trinken, dann würde sie aufstehen und…
    Sie war nicht aufgestanden. Sie hatte das Bewusstsein verloren.
    Das ist was Neues, Sev. Normalerweise schaffst du’s bis zu einem Bett.
    Mit einer krampfhaften Anstrengung gelang es ihr, ins Sitzen hochzukommen, und dann wünschte sie sich, sie hätte sich nicht so rasch bewegt. Der Inhalt ihres Kopfs schien an einer Art innerem Stängel hin und her zu schwingen. Eine lange Woge der Übelkeit rollte durch sie hindurch, und ihre Kleidung fühlte sich jäh an wie eine Zwangsjacke. Irgendwann und irgendwo waren ihre Schuhe verloren gegangen – sie lagen auf den entgegengesetzten Seiten des Wohnzimmers, etwa ebenso weit voneinander entfernt, wie es die Ausmaße des Raums gestatteten –, Hemd und Hose waren jedoch verblieben. Sie hatte eine vage Erinnerung daran, sich, nachdem alle gegangen waren, voller Übermut auf den Rücken gewälzt und versucht zu haben, sich die Schuhe abzustreifen und danach die Socken. Mit letzteren hatte sie anscheinend Erfolg gehabt, aber der Rest hatte sie offensichtlich k.o. gemacht.
    Jetzt hatte sich das Hemd bis unter die Arme hochgeschoben, und die Form-Cups hatten sich von ihren Brüsten gelöst, während sie um sich geschlagen und sich gedreht hatte. Einer hatte sich anscheinend in ihrer Achselhöhle verfangen, der andere war völlig verschwunden. Irgendwo unten an ihrer Taille hatte sich ihr Slip so in sich verdreht, dass er nicht mehr locker saß, und ihre Eingeweide waren gleichermaßen straff gespannt. Ihre Blase war unangenehm voll, und in ihrem Kopf machte sich allmählich ein beständiges Pochen breit.
    Und es regnet.
    Sie sah auf, und ein jäher, ungehemmter Ärger erfasste sie, als sie dem leisen Zischen zu seiner wirklichen Quelle folgte. In

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