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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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reflexhaftes Leugnen, ein Schock, kein Widerspruch.
    »Stimmt.«
    »Jemand hat diese Leute mit dem Autochirurgen zerlegt…«
    Sie nickte und wusste immer noch nicht so genau, wie sie sich im hellen Wirbel des Syn und dem Schock der Erkenntnis nun eigentlich fühlte, wie sie sich fühlen sollte.
    »Ja. Und aufgegessen.«

 
5
     
     
    Eine Landschaft wie von Dalí.
    Die Virtualität der Spurensicherung war forensischer Standard, den Sevgi von ihrer Zeit beim NYPD her kannte – urtümliche Arizona-Wüste, so weit das Auge reichte, konturloser blauer Himmel, abgesehen von einem geisterhaften Mond mit dem Logo des Designers darauf, wie ein Wasserzeichen. Die einzelnen Abschnitte der Untersuchung präsentierten sich als je einer von mehreren dreigeschossigen Lehmziegelbauten, die in einem unnatürlich exakten Halbkreis in der Landschaft standen. Die Bauten waren vorn offen, wie in einem architektonischen Modell, und jede Etage ließ sich über eine Treppe erreichen. Daneben trieben sauber beschriftete Etiketten in der Luft: Datenanomalie, Pathologie, gesicherte Überwachungsdaten, Vorstrafenregister. Ein guter Teil der Ausstellung war immer noch leer, diese Daten mussten noch geliefert werden, aber auf den Etagen der Pathologie standen die verstümmelten Leichen aus der Horkan’s Pride auf ihren Stümpfen wie zerschlagene Statuen in einem Museum. Selbst hier waren noch nicht sämtliche organischen Daten eingetroffen, aber die Leichen waren zuvor im System untersucht worden. Jetzt schwebten sie dort perfekt aufgereiht wie auf einem Laufsteg, in Farbe und so vertraut, dass man bei ihrem Anblick zitterte und bebte. Sevgi hatte sie bereits aus der Nähe betrachtet, hatte sich mit unwiderstehlicher Faszination auf den sauber durchschnittenen Knochen in dem dicht gepackten Fleisch eines Arms konzentriert, der Zentimeter vor der Schulter abgetrennt worden war, und sich daraufhin gewünscht, sie hätte es nicht getan. Die Wirkung des Syn schwächte sich allmählich ab und ließ die leichte Übelkeit eines darunter liegenden Katers durch.
    Die N-Dschinn-Schnittstelle der Pathologie war eine vollkommene Schönheit, eine Eurasierin in maßgeschneidertem blauem Kittel, die mit maschinenhafter Ruhe von dem Albtraum berichtete.
    »Der Täter wählte Gliedmaßen, weil es so am einfachsten war, die Funktion des automatischen medizinischen Systems von Chirurgie auf Schlächterei umzustellen.« Eine elegante Geste. »Amputation ist innerhalb der Protokolle dieses Autochirurgen eine etablierte Prozedur, und sie ist nicht lebensbedrohlich. Nach jeder chirurgischen Operation war es einfach, das immer noch lebende Objekt in die Kryogeneinheiten zurückzubringen und sich solchermaßen eines stets verfügbaren und ständigen Vorrats an frischem Fleisch zu versichern.«
    »Und der Automed ließ das alles zu, verdammt?« Coyle starrte wütend umher, obwohl seine männliche Entrüstung ins Leere ging. »Wie, zum Teufel, kann das sein?«
    »Das funktioniert über selektives Eindringen in Systeme«, erläuterte Sevgi erschöpft. »Jemand ist auf die allgemeine Protokollebene vorgedrungen und hat den Dschinn des Schiffs stillgelegt. Für einen guten Hacker wäre das kein Problem. Sämtliche dieser Schiffe sind sowieso so geschaltet, dass Menschen sie übergehen können, und in einen N-Dschinn ist ein pannensicheres Selbstmordprotokoll einprogrammiert. Man muss ihm lediglich weismachen, er sei fehlerhaft, und er schottet sich von selbst ab. Es gibt eine ganze Reihe von Sekundärblockaden, die verhindern sollen, dass ein Fehler sich auf die einzelnen Systeme überträgt, aber wie wir gerade hören, musste er sich deswegen keine Sorgen machen. Er hatte die medizinischen Systeme zu nichts beauftragt, wofür sie nicht sowieso schon programmiert waren.«
    »Er?« Rovayo. Sevgi hatte sie bereits als treue Gattin eines Mannes festgenagelt, und das hier sah nach einer Bestätigung dafür aus – Anstoß nehmen an möglichem feministischem Chauvinismus. »Warum muss es ein er sein?«
    Sevgi zuckte mit den Schultern. Weil das statistisch gesehen nun verdammt noch mal so ist. Sie ließ die Worte unausgesprochen.
    »Entschuldigung. Rhetorische Figur.«
    »O.k., bis wir die Abstrichanalysen zurückerhalten und entdecken, dass es ein Mann war«, meinte Norton gedehnt. Er trat, vorbei an Rovayos wildem Blick, näher an den offenen Bau mit den weißen Wänden der Pathologie und dessen Ausstellungsstücken heran. Das Pathologie-’face wich zurück, stand in

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