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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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gewesen war. Scott sah keinen einzigen Grund auf Erden, weshalb man einen Ort verlassen sollte, dem es so gut ging, vor allem nicht, wenn es deine Heimat war, wenn du dort aufgewachsen bist.
    »Ich meine«, stotterte er, »wahrscheinlich warst du nicht glücklich dort, ja? Aber, weißt du, das hört sich wie ein Ort an, wo eine Person glücklich sein könnte.«
    Sie lächelte ein wenig. »Na ja, Taiwan hat schon seine Vorzüge. Aber selbst in einer Treibhausökonomie gibt es nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer. Ich meine, nicht alle in Freeport sind Filmstar oder Nanotech-Lizenzinhaber, stimmt’s?«
    »Hab verstanden.« Die Worte kamen aus vollem Herzen – er hatte hin und wieder in Freeport gearbeitet und würde nie dorthin zurückkehren, wenn es nicht unbedingt sein musste.
    »Okay, also, wie gesagt, Gewinner und Verlierer, und wenn du der Verlierer bist, dann…«
    »Du solltest nicht so reden, Carmen.« Scott beugte sich ernst über den Tisch. »Du bist keine Verliererin, nur weil du irgendwo anders hin musstest, um dir ein besseres Leben aufzubauen. Niemand von uns hier ist ein Verlierer, wir suchen bloß nach der Gelegenheit, wieder aufs Pferd zu steigen.«
    Einen Moment lang brachte ihm das einen verständnislosen Blick ein. Dann klärte sich die Verwirrung auf ihrem Porzellangesicht.
    »Ah, ja. Kulturelle Kluft. Nein, ich spreche nicht von Verlierern, so wie ihr Leute das tut. Ich meine Verlierer beim Kompromiss. Einige gewinnen, einige verlieren, das Rad dreht sich. So was in der Art.«
    »Ihr Leute?« Er versuchte zu verbergen, wie sehr ihn das verletzt hatte. »Was meinst du mit ›ihr Leute‹?«
    »Du weißt schon, Burschen wie du.« Sie wedelte ungeduldig mit der Hand. »Alteingesessene Amerikaner, aus dem Kernland. Aus der Republik.«
    »Oh, okay. Aber sieh mal, Carmen.« Er gestattete sich ein überlegenes Lächeln. »Wir sind nicht die alteingesessenen Amerikaner – das ist die Union, dieser ausverkaufte Abschaum aus dem Osten und ihre ganzen Kumpels, die die UN so lieben. Die Konföderierte Republik ist das neue Amerika. Wir sind der Phönix aus der Asche, Carm.«
    »Genau.«
    »Ich meine, äh…« Erneut geriet er ins Stottern auf der Suche nach Worten, die nicht beleidigend wären. »Sieh mal, ich weiß, dass du wahrscheinlich nicht so wie ich in eine Kirche gegangen bist, bei dir war’s vermutlich ein Tempel oder so was, aber im Endeffekt ist es dasselbe, nicht wahr?« Zufrieden mit sich, dass er Pastor Williams unaufhörlichem Höllenfeuer und dem Wüten über den einen wahren Christus entkommen war und die vielen moderateren Kirchen, mit denen er es in den letzten paar Jahren zu tun gehabt hatte, in einem besseren Licht sah. »Ich meine, was du auch Gott nennst, wenn du Gott als dein Führungsprinzip anerkennst wie die Republik, dann muss jede Nation, die das tut, erfolgreich sein, stimmt’s? Muss letztlich aufsteigen, gleich welche Schlingen ihr Satan dabei auch in den Weg legen mag.«
    Ren betrachtete ihn nachdenklich. »Bist du wirklich ein, äh, Christ?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Also glaubst du…«
    Da piepte ihr Telefon. Sie fischte es heraus und hielt es sich ans Ohr.
    »Ja?« Ihre Züge spannten sich an, wie er es erlebt hatte, als die Nachricht über die Bewässerungsschlinge hereingekommen war. »Verstanden. Bin gleich da.«
    Sie schaltete das Telefon wieder aus.
    »Ward«, sagte sie. »Er ist zurück und ganz schön auf hundertachtzig.«
     
    Ganz schön auf hundertachtzig drückte es so in etwa aus. Scott hörte Wards Gebrüll durch die Metallwände des Konferenzraums, während sie sich immer noch am anderen Ende des Korridors aufhielten. Er folgte Ren den schmalen Flur entlang und musste sich beeilen, um mit ihren seltsam langen, raschen Schritten mitzuhalten. Er hätte versucht, ihr vorauszugehen, als Erster einzutreten, falls Nocera sich immer noch wie ein Arschloch benähme, aber es gab keinen Platz, an ihr vorbeizukommen, und außerdem und sowieso…
    Die Tür glitt zurück, um sie einzulassen. Wards Wut quoll heraus, plötzlich volle Dröhnung. Scott war an dieses Geräusch gewöhnt, glaubte jedoch dieses Mal, etwas herauszuhören, was er zuvor noch nicht gehört hatte, etwas, das weit über Ärger hinausging.
    »… der verdammte Sinn dieser ganzen Planung, wenn wir…«
    Bei ihrem Anblick verstummte er. Ulysses Ward war ein großer, bärenhafter Mann, muskulös, wegen der ganzen Zeit, die er mit Schwimmen unter und über Wasser verbrachte, weil es das Geschäft

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