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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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möchte ich wach sein. Ich bin seit vier Uhr heute früh auf den Beinen.«
    »Hast was getan?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ach, du weißt schon.«
    Ihren Worten entnahm er, dass sie einen weiteren Job hatte. Und also illegal war, wie er, weil man hier draußen als Legaler ziemlich gut mit einem einzigen Gehalt über die Runden kam. Das war der herausragende Unterschied zwischen dem Rim und der Republik.
    Die Andeutung von Solidarität milderte seine düstere Stimmung ein wenig.
    »Es wird schon werden, wenn du erst mal eine Weile hier bist«, gab er zurück. »Ich habe jeden wachen Augenblick gearbeitet, an drei verschiedenen Orten, bis ich mir diesen Job geangelt habe. Ward brüllt gern herum, wenn irgendwas schiefgeht, aber abgesehen davon ist er ein ziemlich guter Boss.«
    Sie nickte.
    »Ich schätze, die Dinge müssen da, wo du herkommst, ziemlich heftig sein, stimmt’s?«, fragte sie listig. »Wo ist das? Ich rate mal Nebraska? Vielleicht Dakota?«
    »Montana.«
    Sie hob eine Braue. »Das Land im Krieg ums Wasser. Mann, das muss ganz schön rau gewesen sein, wie du aufgewachsen bist.«
    »Anderswo ist es schlimmer«, entgegnete er verteidigend, obwohl ihm auf Anhieb nichts eingefallen wäre. »Nur, na ja, du weißt schon. Schwer, bezahlte Arbeit zu kriegen, wenn du nicht die richtigen Leute kennst.«
    Sie nickte. »Plus ca change.«
    »Wie bitte?«
    »Schon gut.« Sie betrachtete die Bildschirme. »Hat Ward dir gegenüber irgendwas davon gesagt, wann er zurück ist?«
    »Nicht so direkt. Hat gesagt, er könnte gut und gern fast den ganzen Tag fort sein. Vermutlich hat er irgendeine ernsthafte Reparatur in Angriff genommen. Normalerweise ist er bei einer solchen Tour, Überprüfung des Spaliers, in wenigen Stunden hin und zurück.« Er zögerte. »Carmen, was dagegen, wenn ich dir ’ne Frage stelle?«
    »Nö.« Sie sagte es abwesend, nicht richtig bei der Sache.
    »Woher kommst du?«
    Plötzlich ein Blick von der Seite. Jetzt war sie bei der Sache.
    »Das ist ’ne lange Geschichte, Scott.« Sie nippte an ihrem Kaffee. »Du willst dich wirklich so langweilen?«
    »Werd mich nicht langweilen. Ich höre gern was von Orten, wo ich nicht gewesen bin.«
    »Weshalb glaubst du, ich käme von anderswo?«
    Aber sie grinste bei diesen Worten auf eine Weise, die besagte, dass er ebenfalls grinsen sollte. Er grinste zurück und errötete dabei nur ein bisschen.
    »Komm schon, Carmen! Du würdest nicht für Ward arbeiten, wenn du im Rim geboren und aufgewachsen wärst. Keiner von uns würde das tun.« Er nickte zu den Gästen hinüber und senkte seine Stimme um einige vorsichtige Grade. »Jeder hier stammt von irgendwo anders. Ich glaube nicht, dass du eine Ausnahme bist.«
    Sie hob eine Braue. »Detektiv, hm?«
    »Ich geb bloß Acht«, erwiderte er.
    »Hm, das tust du vermutlich.«
    »Also, komm schon – sag’s mir! Von wo bist du reingeschneit?«
    Es folgte eine lange Pause. Scott wartete. Er hatte diese Augenblicke schon zuvor mit anderen Illegalen erlebt, die gewichtslose Kluft, bevor das Vertrauen kam, bevor jeder die Last des Misstrauens abschüttelte und sie miteinander sprachen, wie es zwei freie Amerikaner einstmals getan hätten, damals, bevor der internationale Abschaum und die Chinesen – politischen Chinesen, rief er sich ins Gedächtnis zurück, du bist kein Rassist, Scott – die großartigste Nation auf dem Antlitz der Erde auseinander gerissen und die Splitter zu Boden geworfen hatten wie Moses die Gesetzestafeln.
    »Taiwan«, sagte sie, und sein Herz schwoll an in dem Wissen, dass sie ihm, ja, dass sie ihm wirklich vertraute. »Schon von Taiwan gehört?«
    »Genau. Ich meine, ja, natürlich.« Stolperte fast über die eigenen Füße vor Eifer. »Das ist in China, stimmt’s? Ist so was wie eine chinesische Provinz.«
    Ren schnaubte. »Das hätten sie gern, verdammt! Ist eine Insel, und sie liegt vor der chinesischen Küste, damit das klargestellt ist. Aber wir sind ein unabhängiger Staat. So steht es in jedem Handelsabkommen im pazifischen Rim und Nicht-Angriffspakt während der letzten hundert Jahre geschrieben. Das, was du eine Treibhausökonomie nennst, derselbe Status wie Angeline Freeport, derselbe hypergetriebene Ausstoß, und niemand möchte daran herumfummeln, weil der ganze Rim die Nachwirkungen zu spüren bekäme, falls sie damit aufhörten. Da bin ich aufgewachsen.«
    »Warum bist du dann gegangen?«
    Sie warf ihm einen scharfen Blick zu, obwohl es eine völlig unschuldige Frage

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