Skorpione im eigenen Saft
das Schicksal, dass er in seinem Zustand mit dem Mercedes keinen Unfall bauen möge.
Lalo lebte mit seiner Mutter in einem Häuschen in einer Siedlung von Majadahonda, einem einsamen und abgeschiedenen Ort, geradezu ideal, um ihm das Licht auszublasen. Doch da er nun in eine andere Richtung fuhr, musste ich mir unterwegs etwas einfallen lassen.
Wie sich herausstellte, war das mit dem Unfall nicht das Problem; Lalo fuhr im Schneckentempo, und es nahm kein Ende.
Ich wurde langsam ganz steif dort unten. Ich bekam einen Krampf im Bein, und fast hätte ich es nicht mehr ausgehalten; ich biss mir auf die Lippen, um nicht vor Schmerz aufzustöhnen. Es gelang mir nur mit Mühe, die beiden nicht auf mich aufmerksam zu machen.
Nach über einer halben Stunde kamen wir schließlich in San José de Valderas an, wo geschah, was ich am meisten befürchtet hatte.
Lalo stellte den Motor ab. Wo immer wir auch waren, es herrschte absolute Stille. Nach dem, was ich erspähen konnte, war es ein Viertel mit hohen Wohnblocks.
Lalo fragte sie, ob er mit zu ihr kommen könnte.
»Tja … Ich lebe bei meiner Mutter … Und dann ist da noch das Kind … Das soll keine Ausrede sein, Lalo, ja? Aber … Ich weiß nicht … Bei dem geräumigen Auto, das du hast … Wenn du willst …«
Er wollte.
Lalo klappte die beiden Sitze zurück, bis sie fast in der Horizontalen waren und ich darunter eingeklemmt wurde wie der Schinken in einem Sandwich. Ich hielt sogar den Atem an, damit sie mich nicht entdeckten, was nicht weiter schwierig war; ich bekam eh kaum Luft. In dieser beklemmenden Situation war mir, als fiele ich wieder ins Koma oder als hätte man mich lebendig in einem zu kleinen Sarg begraben.
Lalo versuchte, mit der Künstlerin eine Nummer zu schieben (wie aus den Bitten hervorging, lagen sie auf der Seite und sie sollte ihm ihren Hintern hinstrecken), doch es klappte nicht, der Alkohol verlangte seinen Tribut. Wenn ich es richtig mitbekam, hatte er schon Mühe, ihr den Slip auszuziehen, und bei diesem Gezerre muss seine schwach glimmende Lunte erloschen sein.
Lalo bat darum, die Stellung zu wechseln, um über das Versagen hinwegzutäuschen, aber es war nicht sein Tag.
»Es ist schon ziemlich spät, mein Schatz … Wir treffen uns ein andermal, mit etwas mehr Zeit und Ruhe und an einem bequemen Ort, meinst du nicht? Ich geh jetzt besser … Reich mir den Slip und gib mir einen Kuss … Ruf mich bald an, ja?«
Armer Lalo. Es tat mir Leid, dass er als Entschädigung nicht einmal einen letzten Fick bekam, bevor er starb.
Die Frau stieg aus; ich hörte, wie sich das Absatzgeklapper entfernte.
Lalo betätigte die Hebel, um die Sitze hochzustellen. Ich richtete mich hinter ihm auf. Es war völlig still. Wir befanden uns weit draußen in einem schlecht beleuchteten, abgelegenen Viertel.
Lalo zündete sich eine Zigarette an und sprach mit sich selbst.
»Von wegen an einem anderen Tag mit mehr Zeit und Ruhe … Undankbares Miststück! Darauf kannst du warten, bis du schwarz wirst …«
Die Verkündung dieses prosaischen Entschlusses waren die letzten Worte von Lalo Cepillo.
Ich richtete mich hinter ihm auf, umklammerte mit meiner Linken mit eisernem Griff seine schweißbedeckte Stirn und schnitt ihm die Kehle durch.
Während ich dies niederschreibe, kommt mir jene kaum sichtbare Linie in den Sinn, die der Länge nach über Champagnerflaschen verläuft; es ist die Glasnaht, an deren Ende man mit einen Schlag mit dem Messer, sogar mit der Gegenschneide, die Flasche sauber köpfen kann.
Lalo gab ein widerwärtiges Röcheln von sich und ging fast augenblicklich über den Jordan. Von hinten zog ich ihm die Brieftasche heraus und nahm ihm die Uhr und den dicken Siegelring (der typische Zuhälteraufputz) aus dem selben Edelmetall ab, der am rechten Ringfinger prangte. An einem Jackettzipfel, der noch nicht blutgetränkt war, wischte ich die Klinge ab.
Für die Polizei wäre es nur ein weiterer Beweis für die mangelnde Sicherheit der Bewohner in den Außenbezirken.
Ich stieg aus dem Wagen und machte mich in aller Ruhe auf den Weg.
Ich ging ein paar hundert Meter, ohne mich übergeben zu müssen.
Niemand sah mich.
In Richtung Madrid lief ich zwei Stunden auf dem Seitenstreifen entlang der Carretera de Extremadura.
Am Stadtrand warf ich Lalos Sachen in einen Gully (allerdings nicht das Messer, das ich bis heute aufbewahre) und wollte von einer Telefonzelle aus ein Taxi rufen; der Hörer war abgerissen, doch brachte ich ein Taxi, das
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