Skorpione im eigenen Saft
zufällig gerade vorbeifuhr, mit lautem Geschrei dazu, anzuhalten.
Kurz vor Tagesanbruch war ich wieder in meiner Wohnung in der Bravo Murillo und schlief bis in den Nachmittag hinein.
Ich weiß nicht, wie nah Blanca der Tod ihres untreuen Liebhabers ging. Ich nahm nicht an der Beerdigung teil, und sie fuhr wenige Tage später mit ihrer Tochter und ihrer Garderobiere in Urlaub; ich erfuhr nicht, wohin. Ich nutzte die Gelegenheit, um nach Alzo zu fahren und den August dort zu verbringen; die Hitze in Madrid war unerträglich. Anfang September kehrte ich zurück; sie war ebenfalls aus den Ferien zurückgekommen, und ich begann meinen Eroberungsfeldzug.
Zehn Tage in Folge schickte ich ihr rote Rosen nach Hause, gemeinsam mit einer Karte, die mit ein paar Tropfen des männlichen Dufts Agua Brava beträufelt war und auf die ich lediglich geschrieben hatte: »Dein heimlicher baskischer Verehrer.« Und darunter die Zeichnung eines lauburu.
Ende desselben Monats gab Blanca ein Solokonzert, wieder im Teatro de La Zarzuela. Nach der Vorstellung, die ein großer Erfolg war, verschaffte mir mein Helfershelfer, der Bühnenchef, Zugang zu ihrer Garderobe. Diesmal hielt ich den Rosenstrauß mit der Karte selbst in der Hand. Ich war nicht der Einzige, der gekommen war, um der Diva zu huldigen.
Der Bühnenchef erklärte mir, dass die Garderobe voller Leute sei. Ich bat ihn, ihr den Blumenstrauß persönlich zu überreichen und ihr zu sagen, dass ihr heimlicher baskischer Verehrer an der Tür auf sie wartete.
Es war ein simpler Trick, doch er funktionierte, und ihre Neugier sorgte dafür, dass die Garderobe in wenigen Minuten leer war.
Die Garderobiere kam, um mich zu holen, bat mich, einzutreten, und ließ uns allein.
Blanca Eresi saß vor dem Spiegel. Sie war bereits umgezogen und sah phantastisch aus. Sie wandte sich mir zu, ohne sich zu erheben. Ich verbeugte mich, gab ihr einen Handkuss und stellte mich als Kepa Txotino aus Donostia vor.
»Wie Sie«, fügte ich hinzu, womit ich für uns beide log, denn Blanca war in Wirklichkeit aus dem hässlichen Renteria, doch gab sie vor, aus San Sebastián zu sein.
Ihr Lächeln verriet mir, dass ich ihr auf Anhieb gefiel, sehr sogar.
Ich hatte damit gerechnet und vertraute darauf. Ich gefiel den Frauen, das möchte ich ohne Arroganz behaupten.
Ich war dreiunddreißig, hatte einen muskulösen Körper von einsfünfundachtzig, und der kurze Bart und die grauen Haare verliehen mir einen gewissen distinguierten Ausdruck.
Die Alkoholexzesse hatten noch keine körperlichen Spuren hinterlassen, weder innerlich noch äußerlich.
Damals sah ich Ihrer geliebten Comicfigur Kapitän Haddock noch ähnlicher. Sie haben wirklich Recht damit; ich habe ihn mir in dem Band, den Sie mir geschenkt haben und der wirklich sehr unterhaltsam ist, ausgiebig angesehen.
Andererseits hatten das genaue Beobachten und Analysieren all dessen, was ich nach meinem Erwachen in der Welt entdecken konnte, aus mir einen gewandten Mann gemacht.
Für diesen besonderen Anlass schmierte ich mir Pomade ins Haar (der einzige Weg, es zu bändigen) und trug einen makellosen dunkelblauen Zweireiher, ein weißes Hemd und eine granatrote Krawatte.
Wie ich ebenfalls vorhergesehen hatte, erkannte mich meine Diva nicht. Das war nur logisch. 1962 hatten wir uns nicht öfter als dreimal gesehen, inzwischen waren fünfzehn Jahre vergangen (Blanca muss um die zweiundzwanzig, dreiundzwanzig gewesen sein; also ging sie 1977 auf die Vierzig zu) und ich war damals ein Kind gewesen, mit schwarzem Haar, das aussah, als hätte man es mit einer Axt geschnitten.
Blanca sagte ihre Verabredung ab und nahm meine Einladung zum Abendessen an. Die einzige Bedingung, die sie stellte, war, dass wir ins Lhardy gingen; der Konzerterfolg hatte sie hungrig gemacht, und sie hatte Appetit auf einen der berühmten und sündhaft teuren Madrider Kichererbseneintöpfe des Nobelrestaurants.
Nie zuvor habe ich jemanden so viele Kichererbsen essen sehen (und das zum Abendessen), eine Hülsenfrucht, für die ich nie viel übrig hatte. Ich stimme mit dem Schriftsteller und Feinschmecker Alexandre Dumas darin überein, die Kichererbse (nach Galdós die mögliche Ursache für den spröden spanischen Charakter) für eine Art Knallerbse in der Größe einer großkalibrigen Musketenkugel zu halten.
In den beiden folgenden Wochen nahm sie meine Einladungen nur zweimal an. Meine Gesellschaft behagte ihr, was sie mir nicht verhehlte, doch sie war zurückhaltend und
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