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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Krämer
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einen holprigen Feldweg gelangte man zu einer Straße. Er verband ihr die Augen, stieß sie in den hinteren Fußraum des Kombis und legte eine nach Hund riechende Decke auf sie.
    „Wenn ich auch nur deine Nasenspitze sehe, haue ich dir die Fresse ein!“, schnarrte er mit seiner vom Alkohol rauen Stimme. Sie fuhren etwa eine halbe Stunde, durchquerten dabei auch mehrere Ortschaften, wie sie an den Geräuschen erkennen konnte. Hoffnung glomm in ihr auf wie ein Stückchen Holzkohle in einem verlöschenden Grill. Hoffnung, die sich noch verstärkte, als sie die lächelnde Frau sah, die ihr die Binde abnahm.
    Doch es war das Lächeln einer Muräne. Zwei Tage verbrachte sie in dem Haus dieser Frau. Zwei Tage, nach denen sie ihren Peiniger wie einen Retter empfand, als er sie wieder abholte.
    Seit damals war sie nicht mehr aus dem stinkenden Verlies im Bugraum des Frachters herausgekommen. Nackt, schmutzig, blutend und täglich auf abartigste und unvorstellbare Weise missbraucht, hatte sie schon oft an Selbstmord gedacht. Hatte es sogar schon versucht. Eine Wasserflasche zerschlagen um sich mit den Scherben die Pulsadern aufzuschneiden. Er gab ihr Plastikflaschen. Die Luft angehalten, bis ihr schwarz vor Augen wurde. Er brach ihr die Nase. Die Finger in die Steckdose gesteckt. Er schnitt ein Verlängerungskabel durch und quälte sie mit elektrischen Schlägen.
    Sie ging zu dem runden Fenster, dessen Glas längst entfernt worden war. Dahinter waren massive Bretter befestigt. Von außen. Dicke Bretter. Richtige Bohlen. Sie hatte sich schon öfter die Fäuste blutig getrommelt, wenn er fort war. Hoffend, dass es da draußen jemand hörte, hoffend, dass sie mit ihren dünnen Armen das Hindernis zerstören könnte. Hoffend, dass sie sich aus diesem Bullauge fallen lassen könnte. Hinein in die dunklen, geheimnisvoll glucksenden Fluten dieses Flusses. Sie konnte nicht schwimmen. In der Schule hatte man sie deswegen immer aufgezogen. Aber sie brauchte ja nicht zu schwimmen. Sie wollte nur untergehen. Untergehen und sterben und frei sein …
    Voller Frust schlug sie wieder gegen das dunkle, nach Teer und Öl riechende Holz. Und diesmal geschah das Unerwartete: Eines der Bretter gab leicht nach. Nur ein wenig. Es verschob sich knarrend, kehrte aber nicht in seine vorherige Lage zurück. Völlig verdutzt hieb sie noch einmal darauf. Wieder gab das Holz einen halben Zentimeter nach.

    Horst hatte einen schlechten Tag. Erst hatte er seiner Frau beim frühmorgendlichen Frühstückskuss mit seiner Lesebrille fast das linke Auge ausgestochen, dann war ihm unterwegs auch noch der Eimer mit den Würmern umgefallen, die sich daraufhin im Fußraum des neuen Astra tummelten. Die Reinigungsaktion an der Tanke dauerte runde 15 Minuten, was zur Folge hatte, dass „sein“ Platz am Neckarufer schon von einem anderen Petrijünger belegt war. So einem Hightech-Penner, der sich ausstaffiert hatte, als ginge es für drei Wochen an den Yukon. Also fuhr Horst Schober die drei Kilometer in Richtung Neckarhäuserhof und besetzte einen weniger vielversprechenden Platz, an dem er aber wenigstens alleine war. Nun saß er schon seit über einer Stunde hier und nichts biss an. Vielleicht schmeckte den Fischen der Geruch des neuen Wagens nicht, den die Mehlwürmer jetzt gewiss an sich hatten.
    Als er in einiger Entfernung ein Platschen hörte, schrak er auf. Aber kein silbrig glänzender Fischleib blitzte in der Sonne. Konzentrische Kreise gingen vom Bug des maroden alten Frachters aus, der am gegenüberliegenden Ufer für immer festgemacht hatte. Irgendetwas war von dem Schrotthaufen anscheinend abgefallen. Da, schon wieder! Unmittelbar hinter dem altertümlichen steilen Bug löste sich eine Bohle und klatschte ins Wasser.
    Gelangweilt schaute Schober dem Treiben zu. War wohl irgendein Knallkopf am Umbauen da drüben.
    Die Langeweile wich ungläubigem Entsetzen, als aus der dunklen Öffnung, welche die abgeworfenen Bohlen freigaben, ein kleiner blasser Körper glitt und schweigend ins Wasser fiel. Der Körper war nackt. Soviel hatte Schober mitbekommen. Nackt und erschreckend dünn. Ausgemergelt. Was den Angler aber am meisten erschreckte, war das Schweigen. Ohne einen Laut, ohne panisches Fuchteln, versank da drüben, gerade mal vierzig oder fünfzig Meter von ihm entfernt, ein Mensch im Wasser. Horst Schober wusste nicht mehr, wie er die schweren Gummistiefel losgeworden war, den regendichten Umhang und den dicken Pullover ausgezogen hatte. Seine Jeans

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