Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)
der Skorpione gesehen. Als die Muskulatur ihres Beckenbodens den Höhepunkt erahnen ließ, sah sie Sophias verdrehten Körper so deutlich vor sich, als betrachte sie ein Foto. Ein kehliger Laut drang aus ihrem Mund, als die Erregung über ihr brach wie eine Brandungswelle.
Lange Minuten lagen sie übereinander gesunken auf der kratzigen Decke, spürten ihre langsam wieder ruhiger werdenden Herzschläge, den kühlen Nachtwind auf ihren erhitzten Körpern, rochen die schweren Düfte der Liebe.
Seufzend wälzte Annika sich von Al herunter, legte sich auf den Rücken und streckte fordernd die Arme aus. „Komm!“
Al brachte sich in Position. Im Mondschein sah er ihr Gesicht. Das verklebte, wirre Haar, voller Sand. Die glänzenden Augen, groß wie nie, der leicht geöffnete Mund. Es wurde ein leiser, langsamer Akt voller Hingabe. Fern von jeder Ekstase, ein einziges hochsensibles ineinander Versinken, einander Anschauen, Eintauchen in die Seele des Partners.
Der Morgen kündigte sich bereits durch einen violetten Streifen am östlichen Horizont an, als der Motor der BMW wieder ansprang. Diesmal fuhr Al. Annika hockte zusammengesunken hinter ihm, den Kopf an seinen Rücken gelegt, die Arme um seine Taille geschlungen.
Ein tief fliegender Hubschrauber dröhnte über ihre Köpfe. Er flog wohl auch in Richtung Lager.
„Was will der denn um diese Zeit hier draußen?“, brüllte Al gegen den Fahrtwind und das Dröhnen des Boxers.
Annika antwortete nicht. In ihrem Kopf formte sich das Bild eines verkrümmten Frauenkörpers. Lächelnd schloss sie wieder ihre Augen.
In den Staub. Ich habe sie in den Staub getreten …
Gencer und Tolga Akbulut bedauerten Sophias Tod zutiefst, sprachen von einem großen Unglück und legten persönlich einen schreiend bunten und obszön riesigen Kranz am Grab der jungen Frau in Lüneburg nieder. Die dunklen Anzüge waren Bestandteil der jüngsten „Extress“ genannten Linie aus dem Hause GEtTO. Im Sucherfeld einer ganzen Batterie von Teleobjektiven und Kameralinsen kondolierten die ernst blickenden jungen Männer den Angehörigen, bevor sie ihre Gesichter wieder hinter Sonnenbrillen verbargen und abgeschirmt von bulligen Leibwächtern hinter den schwarzen Scheiben eines gepanzerten Mercedes verschwanden.
Noch im Auto klappten sie ihre Laptops auf und riefen die aktuellen Zahlen aus der Zentrale ab. Champagner verklebte die edlen Ledersitze, als der Wagen über eine Bodenschwelle an der Friedhofsausfahrt wippte.
Der bizarre Tod von Josepha „Sophia“ Pawlitschko, katapultierte das anfangs oft als Gossenlabel bespöttelte Unternehmen endgültig in den Olymp der internationalen Coutouriers. Die Boulevardpresse überschlug sich, dank großzügiger „Spenden“, die Yellow-Press erhielt reihenweise geheime „Insiderinformationen“ und die Korrespondenten der Hochglanzmagazine warteten geduldig im Vorzimmer der Mailänder Zentrale.
Im fernen Osten liefen die Nähmaschinen rund um die Uhr, versiegelte Überseecontainer umrundeten die halbe Welt und die Agenten von GEtTO kauften tonnenweise Stoffe, um den Hunger der Welt nach der „Twin-Line“ genannten Serie zu stillen.
Die Agentur Barroso-Tricordo in Bologna montierte aus den Tausenden von Fotos aus der marokkanischen Wüste immer wieder neue „Zwillingsbilder“, so dass schließlich Material für eine ganzjährige Kampagne dabei herauskam.
Annika Schmidt erhielt einen Exklusivvertrag in einer Höhe, die selbst italienischen Politikern die Tränen in die Augen treiben würde und den guten Rat, sich einen griffigen, international klingenden Künstlernamen zuzulegen.
Weinend und mit tiefstem Respekt vor ihrer auf solch schreckliche Weise ums Leben gekommene Kollegin und Freundin, unterschrieb sie den Vertrag mit ihrem neuen Namen: Anna-Sophia Smith.
Es war ein eher unterbelichtetes marktschreierisches Käseblatt aus der niedersächsischen Provinz, das herausfand, dass der aufgehende Stern am Modehimmel am 22.10.1959 geboren worden war. Im Zeichen des Skorpions.
„Die Skorpionin“ betitelte der Klatschkolumnist Meinrad Lechterbacher eine von vorne bis hinten erfundene, aber durchaus fesselnd erzählte Biografie der Anna-Sophia Smith, dem Mädchen aus der grauen Industriestadt, das durch den Stich eines Skorpions zum weltweit gefragtesten Model wurde.
GEtTO erwog eine Unterlassungsklage anzustrengen, entschied sich dann jedoch im Verlauf einer turbulenten Sitzung dafür, den Namen „Die Skorpionin“ als Markenzeichen
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