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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Krämer
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hatte er anbehalten. Keine Zeit. Mit verzweifelter Kraft kraulte er auf den alten Kahn zu, merkte sich genau die Stelle, an welcher der Körper untergegangen war, tauchte ab und tastete in dem trüben, kaum einen Meter Sichtweite aufweisenden Wasser herum. Drei Mal musste er wieder hoch. Drei Mal die brennenden Lungen mit Luft aufpumpen. Dann bekam er etwas zu fassen. Etwas Dünnes, Kaltes. Er hatte keine Ahnung was es war, bis er endlich die Oberfläche wieder erreicht hatte, aber er ließ nicht los. Rote Kreise vor den Augen kämpfte er sich ans Ufer, im Arm den leblosen Körper eines jungen Mädchens. So kalt. So still …

    Landgericht Mannheim, 3.Große Strafkammer.
    Ein Raunen ging durch den Gerichtsaal, als das Mädchen, gestützt von ihrer Mutter und einer Krankenschwester, hereingeführt wurde.
    „Einspruch!“, der Anwalt des Angeklagten sprang auf, „Mein Mandant hat ein Geständnis abgelegt, die Vernehmung von Frau Beck als Zeugin ist nicht notwendig!“ Der massige Verteidiger schritt mit wehender Robe auf den Richtertisch zu. Rechtsanwalt Stephan Glimm wirkte aufgebracht. Schließlich hatte er seinen Mandanten förmlich genötigt zu gestehen, die 16-jährige Nadja Beck entführt und missbraucht zu haben. Das Geständnis diente einzig und allein dem Zweck, das Opfer von der Verhandlung fernzuhalten. Glimm wusste sehr gut, dass er ganz schlechte Karten hatte, wenn das junge Mädchen, dem man die durchlittenen Qualen noch deutlich ansah, vor der 3. Großen Strafkammer des Mannheimer Landgerichts erschien. Der Prozess war öffentlich. Draußen mussten Polizeikräfte den Verkehr regeln, da ein gutes Dutzend Übertragungswagen Gehsteig und sogar eine Fahrbahn der Bismarckstraße blockierten.
    „Abgewiesen!“ Richter Burgner lehnte sich entspannt zurück, „Frau Beck ist auf eigenen Wunsch hier. Außerdem …“, er musterte Glimm, der jetzt direkt vor ihm stand, „entscheidet das Gericht, was notwendig ist und was nicht. Es ist zum Beispiel nicht nötig, dass Sie jetzt hier stehen, Herr Anwalt. Bitte setzen Sie sich.“ Glimm wandte sich so abrupt um, dass sein dunkler Pferdeschwanz flog und rauschte zurück an seinen Platz. Nicht ohne der Staatsanwältin, die ihn schadenfroh anlächelte, einen finsteren Blick über seine Lesebrille zuzuwerfen. Glimm hatte sie im Verdacht, den Auftritt des Opfers eigenhändig inszeniert zu haben. Garantiert hatte Susanne Arkadi die Pressemeute da draußen auf Nadja Becks Eintreffen vorbereitet. Garantiert wurde das Opfer nicht wie üblich durch einen Seiteneingang herein gelotst und garantiert würden die Bilder des hohlwangigen, blassen Mädchens mit den kurzen, struppigen Haaren und den großen, dunkel umschatteten Augen bereits als JPEG-Dateien mit Lichtgeschwindigkeit in alle Welt katapultiert werden.
    Glimm ließ ein letztes Mal seine der theatralischen Wirkung wegen innen mit rosa Samt ausgeschlagene Robe aufklaffen, bevor er sich kopfschüttelnd neben den gut aussehenden jungen Mann im dunklen Anzug setzte.
    Der Anwalt hegte keinen Groll gegenüber der Staatsanwältin. Im Gegenteil, er schätzte ihren Sinn für beißende Ironie genauso wie ihren etwas bizarren Humor. Sie mussten mal wieder zusammen durch die Musikkneipen Heidelbergs ziehen. Eine schöne Frau, die wusste, dass Dave Brubeck aus Concord/Kalifornien stammte, durfte einfach nicht alleine trinken.
    Glimm warf seinem Mandanten einen prüfenden Blick zu, den der mit flackernden Augen erwiderte. Wenigstens hatte er sich beim Rasieren nicht guillotiniert. Überhaupt sah der Mann mit dem vollen dunklen Haar und dem südländisch-attraktiv wirkenden Gesicht absolut nicht so aus wie die bösartige, unmenschliche Bestie, als die ihn die Staatsanwältin hinstellte. Das war Glimms Werk. Er hatte das versoffene, stinkende Wrack, das die Beamten der Polizeistation Sinsheim aus einem zerbeulten Ford zogen, wieder zu einem Menschen gemacht. Einem Menschen, der bedingungslos seiner Choreografie gehorchte. Es war ein Spiel. Eine Art riesiges Monopoly. Stephan Glimm spielte das Spiel mit absoluter Hingabe. „Sein“ Angeklagter hatte gefälligst mitzuspielen, so oft wie möglich über Los zu gehen und es tunlichst zu vermeiden, die falschen Karten zu ziehen. „Gehe in das Gefängnis“ war an diesem Ort allerdings die meistgezogene Karte.
    Die Arkadi war eine Kanaille. Knallte ihm dieses Mädchen vor den Latz. Aber Stephan Glimm würde es trotzdem schaffen. Er wusste auch schon wie. Er war ein Schwein. Er erhob

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