Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Krämer
Vom Netzwerk:
dem Hof hatte Schweißperlen auf der Stirn.
    Sebastian Bach, dessen Mutter das geplante Johann des musikvernarrten Vaters gerade noch verhindert hatte, stieß zischend die Luft aus.
    „Hautevolee-Schickse. In Anstaltsklamotten bleibt da auch nicht viel von über.“ Die Schneibel lachte dreckig, „Solche kommen nicht zu uns. Die kaufen sich Anwälte, die schieben dem Vorsitzenden Richter die Tat in die Schuhe. Zu wem will die überhaupt?“
    „Keine Ahnung, einer aus der C-Abteilung. Die machen da ein Riesengeheimnis draus.“
    Gerti nickte, „Muss wohl sein, sonst würden sich draußen die Pressefritzen prügeln.“ Der nervöse Neuberger begleitete die hochgewachsene Blondine zum Schalter.
    Bach drückte den Knopf der Sprechanlage, „Legen Sie bitte Ihren Ausweis in das Fach und geben Sie Handys und andere elektronische Geräte in den Kasten. Legen Sie sämtliche Metallgegenstände ab und treten Sie durch den Rahmen rechts von Ihnen. Meine Kollegin kümmert sich um Sie.“ Neuberger, der hinter der Besucherin stand, machte zweideutige Handbewegungen. Bach schenkte ihm einen warnenden Blick.
    „Herr Marks, Sie haben Besuch.“ Das Gesicht des Schließers war völlig ausdruckslos, die Stimme geschäftsmäßig kühl und beherrscht. Häftling Nummer 855 saß kerzengerade auf der Pritsche und beendete seine Atemübungen. Vor einer halben Stunde hatte er sich sorgfältig rasiert, Nasen und Ohrhaare gezupft und seine Hände geschrubbt, die jetzt noch ganz rot waren. Seine ehemals lockigen, schulterlangen Haare trug er extrem kurz und er bemühte sich um ein dünnes Linienbärtchen um Mund und Kinn. Schade, dass es im Knast keine Rasiermesser gab. Er schaute ein letztes Mal in den Spiegel, bevor er dem Vollzugsbeamten folgte. Er wollte gut aussehen heute. Sie kam um ihn zu besuchen. Sie ! Die Liebe seines Lebens. Sie hatte endlich ihre Vergangenheit besiegt. Sie hatte endlich eingesehen, dass niemand vor seinen tiefsten Gefühlen davonlaufen kann. Dass niemand sein Leben ausschließlich auf Grund von rationalen Gedankengängen gestalten kann.
    Die Liebe fragt nicht. Sie ist. Schon einmal hatten sie beide sich geliebt. Jung. So unendlich jung. Trunken vor Lust, wissend, dass die Welt ihnen ganz allein gehörte. Doch auch diesem Rausch folgte ein Kater. Sie hatte ihn fortgejagt. Den armen idealistischen Träumer gegen einen smarten, gutsituierten Flugkapitän getauscht. Vernünftig! Keine Sorgen mehr. Das Haus im Grünen bezahlt. Das Cabrio auf Pump, wegen der Steuer, die Einrichtung erlesen, die Freiflüge rund um den Planeten. Bumsen am Strand von Australien, ficken in Suiten und Ekstase im Schnee von Gstaad.
    Als dieser farbenprächtige Bildband mit dem hässlichen Krachen verformten Blechs zugeschlagen wurde, fiel Anna-Sophia in bodenlose Finsternis.
    Bodenlos? Nein. Das Loch, in das sie stürzte, war nur scheinbar unendlich. Ganz unten, so tief es auf diesem Planeten nur ging, stand ein Mann und fing sie auf. Willkommen im Mittelpunkt der Erde, geliebte Anna-Sophia. Dieser Mann war er. Gernot Marks. Einschlägig vorbestraft wegen Diebstahl, Betrug, und schwerem Raub. Ein Kerl zum Verlieben. Gemeinsam krochen sie aus diesem Orcus heraus, gründeten eine Familie, um die sie jeder Kitsch-Regisseur beneidet hätte und bastelten sich eine wunderschöne kleine heile Welt. Bis zu jenem unseligen Wintertag… Doch das war lange her. Jahre. Äonen.
    Anna-Sophia Barlow war eine starke Frau. Sie war wieder aufgestanden. Zum zweiten Mal. Wie ein bereits ausgepfiffener Boxer klammerte sie sich an die Seile des Lebens, rappelte sich auf, stand torkelnd auf zitternden Beinen und schlug die schwarze, dumpfe Vergangenheit k.o. So war sie, seine geliebte Anna-Sophia.
    Und heute war sie hier. Besuchte ihn an diesem fürchterlichen Ort. Nun war sie es, die ihn auffing. Ihn rettete. Gernot Marks hörte nicht die Beschimpfungen aus den Zellen, an denen er vorbeiging, ja förmlich schwebte. Er hörte es nicht. Das Gezischel, das Spucken, das leise Drohen, das laute Pöbeln. Er schwebte vor dem watschelnden Schließer her, dessen Schuhsohlen quietschten wie die Federn des Bettes, in dem er ihr die Kleider vom Leib fetzen würde. Er war unterwegs zu der Frau, die er liebte. Es hatte vor drei Monaten begonnen. Mit einem handgeschriebenen Brief …

    Gernot Marks schlief nicht in dieser Nacht. Wie ein Schlafwandler war er von der Besucherbaracke zurück in seine Zelle gegangen. Er folgte den Anweisungen der Beamten mechanisch, wie

Weitere Kostenlose Bücher