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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Krämer
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vorurteilslos und tolerant. Doch auch der eifrigste Schließer hat seine Augen nicht überall. Zu wenig Personal, zu viele Überstunden. Sorry, Herr Marks …
    „Wir lieben uns.“
    Glimm nickte. Es fiel ihm immer noch schwer, sich diese beiden völlig unterschiedlichen Menschen als Liebespaar vorzustellen. Tief in seinem Inneren begann etwas zu brodeln. Rasch stülpte er einen Deckel drauf. Was ging ihn das an? Schade um diese Frau, aber was soll’s. Der Deckel begann zu klappern. Etwas stimmte nicht. Die Geschichte von der großen Liebe, die ihm Anna-Sophia Barlow aufgetischt hatte, irritierte schon wieder heftig seine Magennerven.
    Marks berichtete von den Kursen, die er hier im Vollzug belegt hatte. Von seiner Malerei, seinem Sport, seiner tadellosen Akte.
    Ein Prachtkerl.
    Vor Glimms innerem Auge zuckte das Bild eines abgemagerten jungen Mädchens auf. Nackt, übersät von Brandmalen und mit blutig geschlagener Unterlippe.
    Die soziale Prognose könnte besser nicht sein.
    Das Mädchen wich zitternd zurück. Tränen liefen über seine hohlen Wangen, ängstlich hob es die Arme vor das Gesicht.
    Marks im weißen Hochzeitsanzug: Ein grandioser Erfolg des bundesdeutschen Strafvollzugs.
    Als Glimm sich verabschiedete, übersah er geflissentlich die dargebotene Rechte des Gefangenen. Er nickte, lächelte dünn und klopfte an die Tür. Der Brechreiz verschwand an der frischen Luft.
    Was wurde hier gespielt? Als langjähriger Strafverteidiger roch er förmlich, wenn jemand log. Nachdenklich betrachtete Glimm seine englischen Maßschuhe. Dracula hatte eine Schwester. Eine große. Eine, die am liebsten das Blut böser Menschen trank. Teufel, was hatte er gestern eigentlich getrunken?
    Marks würde in wenigen Wochen frei sein. Frei und reich. Alleine die Vermarktung dieser irrwitzigen Lovestory würde für einen angenehmen Lebensabend reichen.
    Auch für ihn.
    Mit raschen Schritten ging Glimm zu seinem Wagen, warf den Aktenkoffer auf den Rücksitz und startete den Motor.

    Es wurden dann doch fast vier Monate. Vier Monate, in denen Sie ihn kein einziges Mal besucht hatte. Über einhundertzwanzig einsame blonde Nächte. Es gab Briefe. Briefe, die ihm Mut machten. Briefe, plüschig, schwer und schwül wie ein altmodisches Separee. Sie schickte ihm Fotos hart an der Grenze des Erlaubten. Nachdem er die fettigen Fingerabdrücke der Beamten abgewischt hatte, verschlang er die Bilder wieder und wieder mit den Augen. Er presste sie an sich, roch an ihnen, vergeblich auf winzige Nuancen ihres Duftes spekulierend und legte sie fein säuberlich zwischen die Seiten seines Notizbuches.
    Er hätte sie auch an die Wand des Haftraumes kleben können. Anfangs hatte er das auch gemacht. Bis ihm die Blicke der Schließer heiße Wellen der Eifersucht durch den Körper jagten. Nicht nur das. Das Wachpersonal schikanierte ihn noch offener, piesackte ihn noch unverblümter und erst, als er die Bilder wieder abnahm, entspannte sich die Situation etwas.
    Es war etwas eingetreten, was hinter Gefängnismauern nur äußerst selten geschah: Die Vollzugsbeamten beneideten einen ihrer Gefangenen. Diese vier Monate waren für Gernot Marks der blanke Horror.

2009
    Sie endeten an einem frostigen Januartag des Jahres 2009. Stephan Glimm legte gerade einige säuberlich bandagierte Geldbündel in seinen Safe. Die Arbeit war getan. Der Auftrag erledigt. Die Barlow hatte gezahlt. Was für ein Weib! Bei jedem ihrer Treffen schien sie heißer zu werden. Ihr Ausschnitt wurde von Mal zu Mal tiefer, ihre Röcke kürzer, ihre Blicke waren unverhüllte Aufforderung, sie jetzt und hier auf den Schreibtisch zu werfen und sich schwitzend und schnaufend auf ihr zu wälzen.
    Nichts hätte Glimm lieber getan. Doch der auf Hochglanz polierte Palisander-Schreibtisch war für Aktenberge gebaut worden. Vielleicht auch noch für die wohlproportionierte Mandantin, mit Sicherheit nicht für die Wohlstandsmasse des bacchantischen Justiziars. Bliebe der Teppich …
    Letztendlich jedoch entlud sich die mühsam vergitterte Leidenschaft in einem stilvollen Handkuss unter dem spätbarocken Türportal seiner Kanzlei. Leben Sie wohl, Madame. Empfehlen Sie mich weiter. Es war mir ein Vergnügen …
    Morgen würde das Schwein entlassen. 14:30 Uhr. Die übliche Zeit. Die Pforte in dem neoklassizistischen Torbau würde sich öffnen und ein schmaler Mann mit einem Pappkoffer würde in die flackernden Blitzlichter blinzeln. Doch die versammelte Journaille würde eine herbe Enttäuschung

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