Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)
erleiden. Die Barlow hatte bereits vor Wochen diesbezüglich genaue Anweisungen gegeben …
Oberinspektor im JVD Herrmann Fellbacher ging es nicht viel anders als seinen Mitarbeitern. Der vierfache Vater verachtete Kinderschänder aus tiefster Seele. Insbesondere den Gefangenen Gernot Marks. Beneiden? Das vielleicht nicht. Fellbacher war seit fast dreißig Jahren glücklich verheiratet und seine erotischen Fantasien kamen über „Sie oben“ eigentlich niemals hinaus. Seine Tätigkeit als Anstaltsleiter verbot ihm allerdings, seine Aversionen auch nur ansatzweise zu zeigen. Er galt in der JVA Mannheim als kalter Hund. Stets korrekt, sowohl seinen Mitarbeitern als auch den Inhaftierten gegenüber. Penibel die Bestimmungen beachtend und seine Besoldungsstufe A10 innig hätschelnd, gedachte er in wenigen Jahren in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen.
Presserummel und Star-Gehabe verurteilter Krimineller verursachten bei ihm nervöse Krämpfe.
Der Vorschlag dieses Anwalts fiel daher auf fruchtbaren Boden. Seine Mandantin wünsche keinen Zirkus vor dem Gefängnistor. Er, der Anstaltsleiter hätte doch sicherlich die Kompetenz, eine Verlegung quasi in letzter Minute anzuordnen. Man stelle sich nur einmal die Enttäuschung der versammelten Medienhaie vor, wenn ihnen dieser Fisch durch die Lappen ginge. Wie geht es der Gattin, Herr Oberinspektor? Hat sie beim Benefizturnier nicht die Frau des Wirtschaftsministers geschlagen? Ein tolles Spiel. Sie müssen sehr stolz auf sie sein.
So kam es, dass der Gefangene Gernot Marks bereits einen Tag vor der angekündigten Entlassung seine wenigen Habseligkeiten ausgehändigt bekam und zusammen mit acht weiteren Insassen im abgeschirmten Innenhof den grünen Gefangenentransporter mit den schmalen Sehschlitzen an den Seiten bestieg, gehorsam Platz in einer der separaten Kabinen nahm und sich Hand- und Fußfesseln anlegen ließ. Ein Prozedere, genauso lächerlich wie vorgeschrieben, auch wenn der Häftling nur noch wenige Stunden einer war.
Der Transporter, ein Spezialfahrzeug auf dem Fahrgestell eines modernen Reisebusses, befuhr die reguläre Linie zwischen der JVA Mannheim, der JVA Bruchsal, dem Gefängniskrankenhaus Hohenasperg bei Ludwigsburg und dem Ex-Terroristenknast Stuttgart-Stammheim alle vierzehn Tage. Ein Fahrer und ein weiterer bewaffneter Justizwachtmeister bildeten die Besatzung. Bordservice gab es keinen, TV auch nicht. Der Bus verfügte über ein sensibles Satellitenortungssystem, schusssichere Bereifung und einen dreihundertachtzig PS starken V8-Diesel.
Lächelnd betrachtete der Anstaltsleiter auf einem der zahlreichen Monitore in seinem Dienstzimmer die Abfahrt des Transportes DI-34-Nord. Bereits heute Morgen hatten einige TV-Teams vor den Mauern der JVA damit begonnen, ihre Ü-Wagen und Antennen zu positionieren. Morgen würde es da draußen brodeln. Besonders, nachdem er per Telefon die Bombe platzen lassen würde. Ätsch, ätsch, ausgelacht …
Der unauffällige schwarze Mercedes hielt unmittelbar vor der Seitenpforte der JVA Bruchsal, einem trutzigen, burgähnlichen Gefängnis wie aus dem Bilderbuch. Es war kurz vor sieben an diesem nasskalten, diesigen Januarmorgen. Der Lack war von einer triefenden Salzschicht bedeckt und an den Radläufen hingen verkrustete Schneeklumpen. Die Scheibenwischer hatten akkurat gekrümmte Flächen in der getönten Frontscheibe geschaffen und der Fahrer war nur schemenhaft zu erkennen. Er stieg nicht aus. Sein Wollanzug duftete nach edlem Eau de Toilette. Das hatte auch so zu bleiben.
Der Wagen trug ein Hamburger Nummernschild und am Heck eines der kaum mehr gebräuchlichen ovalen „D“-Schilder. Wie alle Fahrzeuge dieses Mietwagenunternehmens.
Der Chauffeur war ein im Tschetschenien-Krieg hochdekorierter russischer Oberst, der den Fehler gemacht hatte, die Frau seines Vorgesetzten, der nachweislich zeugungsunfähig war, zu schwängern. Nun betrieb er ein kleines lukratives Personenschutzunternehmen in Waiblingen und übernahm als Brot- und Butterjob unter anderem auch Fahrdienste wie diesen.
Seinen Auftrag hatte er per Telefon bekommen. Er sollte einen gewissen Marks abholen und zum Frankfurter Flughafen fahren. Etwaige Verfolger waren abzuschütteln, jedoch nur innerhalb legaler Möglichkeiten. Am Abflugbereich sollte er seinen Fahrgast absetzen. Rückgabe des Wagens bei der dortigen Filiale des Vermieters. Sein Honorar fand er im Handschuhfach. Genug für die Rückfahrt, ein gediegenes Essen und einen ausgedehnten
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