Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
»Keine Angst«, tröstete sie ihn, »wenn der schwarze Mann kommt, beschütze ich dich.«
»Wenn der schwarze Mann kommt«, erwiderte Fletcher, »stoße ich ganz tapfer einen hohen Schrei aus, um ihn zu erschrecken. Ich könnte sogar ganz tapfer in Ohnmacht fallen, um ihn in falscher Sicherheit zu wiegen. Das wäre dann für dich das Zeichen zum Angriff.«
»Wir geben ein prächtiges Team ab.«
»Du darfst nur nicht vergessen, dich die ganze Zeit vor mich zu stellen«, sagte er. Dann stieß er einen Schrei aus. Walküre machte einen Satz, Skulduggery wirbelte herum und Fletcher zeigte zum Fenster. »Da draußen«, rief er. »Der schwarze Mann! Da draußen!«
Skulduggery griff an. Er drückte mit der Hand gegen die Luft und das Fenster explodierte nach außen. Er sprang hinaus und Walküre und Fletcher folgten nur einen Augenblick später. Regen prasselte auf sie herunter. Der Boden war bereits aufgeweicht. Ein Mann mit Glatze rutschte auf dem Weg, der in den Wald führte, aus und fiel auf Hände und Knie. Er warf einen raschen Blick hinter sich und sie sahen, dass er eine lange Nase und einen lächerlichen Ziegenbart hatte, der weit unterhalb seines Kinns in dünnen Strähnen auslief. Er fummelte an irgendetwas herum, das sie nicht sehen konnten, dann sprang er auf und lief weiter. Er rutschte und schlitterte, fiel jedoch nicht mehr hin. Dort, wo er gestürzt war, stand eine hölzerne Kiste mit offenem Deckel.
»Zurück!«, rief Skulduggery. »Zurück ins Haus. Schnell!«
Walküre sprang als Erste wieder durch das zerbrochene Fenster und landete im selben Moment, in dem Fletcher hereinteleportierte. Skulduggery kam als Letzter. Er presste sich gegen die Wand.
»Versteckt euch«, flüsterte er.
Sie tauchten ab.
Draußen trommelte der Regen auf das Cottage. Walküre riskierte einen Blick zu Skulduggery hinauf.
»Womit haben wir es zu tun?«, flüsterte sie.
»Mit einer Kiste«, wisperte er zurück.
»Was für eine Kiste?«
»Eine hölzerne.«
Sie verdrehte die Augen. »Okay, dann versuche ich es so: Warum verstecken wir uns vor einer Kiste?«
»Tun wir ja gar nicht. Wir verstecken uns vor dem, was drin ist.«
»Und was ist drin?«
»Ist es ein Kopf?«, fragte Fletcher.
»Nein. Die Flimmer-Girls.«
Er lugte hinaus. Walküre richtete sich so weit auf, dass sie über das Fensterbrett schauen konnte. Die hölzerne Kiste stand im Regen auf dem matschigen Weg.
»Wer sind die Flimmer-Girls?«, wollte sie wissen.
»Drillinge«, antwortete Skulduggery. »Geboren 1933. Als sie sechs Jahre alt waren, versuchte etwas durch sie in diese Welt zu gelangen.«
»Durch sie?«
»Es pflanzte Samen in ihre Gehirne, sodass sie mit der Realität nicht mehr klarkamen. Es versuchte sie zu einem Kanal zu machen, durch den es heraustreten konnte.«
»Wovon reden wir hier?«, fragte Fletcher. »Von einem Gesichtslosen?«
»Nein, das glaube ich nicht. Hier war etwas anderes im Spiel. Ihre Eltern gerieten in Panik. Kein Arzt konnte helfen. Ihr dürft nicht vergessen, das war Irland in den 1930ern, abgeschnitten und isoliert von einer Welt, die ringsherum Fortschritte machte. Alle dachten, die Kinder seien vom Teufel besessen. Sie versuchten es mit Exorzismus, wieder und wieder, doch mit den Mädchen wurde es nur immer schlimmer. Dann hat man mich gerufen.« »Konntest du helfen?«, fragte Walküre und lugte noch einmal hinaus. Die Kiste war immer noch nur eine Kiste.
»Sie hatten sich schon zu weit von der Realität entfernt«, erklärte Skulduggery. »Sie verbrachten ein qualvolles Jahr in der Irrenanstalt, waren festgeschnallt auf ihren Betten und zuckten und schrien.«
»Gütiger Himmel.«
»Ihre Eltern besuchten sie jeden Tag. Sie sangen ihnen vor, Kinderlieder und alte irische Volkslieder. Ich konnte nichts für sie tun. Das Ding oder was immer es war, das sie benutzt hat, hat wohl eingesehen, dass sein Plan nicht funktionieren würde. Es zog sich zurück. Es ging weg und ließ sie in Ruhe. Kurz darauf starben sie.«
»Das ist ja schrecklich.«
»Ja, das ist es.«
»Und wie kommt es, dass sie jetzt da draußen in dieser Kiste sind?«
Skulduggery zuckte mit den Schultern. »Sie kamen zurück. Keine arme Seele, die so gequält wurde, kann in Frieden ruhen. Da ist zu viel Schmerz, mit dem sie ganz allein fertigwerden müssen. Deshalb müssen sie ihn weitergeben. Das ist zumindest meine Theorie. In Wahrheit weiß niemand, weshalb sie zurückgekommen sind oder weshalb sie angefangen haben, Leute umzubringen. Aber
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