Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
was er gesagt hatte, durch das, was er wünschte, gesagt zu haben. Sie waren so viel besser, diese geistreichen Bemerkungen voller Witz und Sarkasmus, die ihm im Nachhinein einfielen. Sie ließen ihn selbstbewusst und clever und beherrscht erscheinen. In seiner Vorstellung wurde er nicht ein einziges Mal rot.
Vor der schweren hölzernen Tür blieb er ein paar Momente stehen, bis er ruhiger geworden war. Tenebraes Tage waren gezählt und genauso die von Kranz. Bei Quiver war er sich nicht ganz sicher. Quiver machte sich nie über ihn lustig. Quiver machte sich über niemanden lustig-
Er betrat den Raum und Melancholia hob den Kopf. »Ich bin müde«, sagte sie. Die Hälfte der Zeit war sie müde. Die andere Hälfte verbrachte sie damit, auf und ab zu gehen und praktisch vor Energie zu sprühen. Es gab nur diese beiden Extreme - entweder ausgesprochen kraftvoll oder ausgesprochen matt. Eigentlich hatte Craven sich noch ein paar Tage Zeit lassen und noch ein paar Tests machen wollen, um den Grund ihrer Instabilität zu finden und ihn zu beseitigen, doch seine Geduld war am Ende.
»Es ist so weit«, verkündete er. »Ich bringe dich vor den Hohepriester. Wisch dir den Schweiß vom Gesicht und komm mit.«
»Es geht mir nicht gut.« Sie wimmerte fast.
»Mir doch egal!«, brüllte er, packte sie am Arm und zerrte sie auf die Füße. »Sie werden mich nicht mehr auslachen. Niemand wird mich jemals mehr auslachen! Das Lachen wird ihnen vergehen, diesen blasierten Laffen. Sie werden dich verehren und mir gehorchen!«
Sie blickte ihn verängstigt und mit Tränen in den Augen an. Da zügelte er seine Wut. Er konnte es sich nicht leisten, sie zu verlieren. Er konnte es sich nicht leisten, ihr Vertrauen zu verlieren. Zu lange hatte er gebraucht, um es aufzubauen, während er die Symbole in ihre Haut geritzt und sich ihre Schreie angehört hatte.
»Keine Angst«, beruhigte er sie leise, »ich bin bei dir. Niemand wird dir etwas tun, solange ich bei dir bin. Du bist ein ganz besonderes Mädchen. Du bist für mich wie eine eigene Tochter.«
Melancholia nickte tapfer und er schenkte ihr ein freundliches Lächeln, als er sie zur Tür führte. Was er gesagt hatte, stimmte - sie war für ihn tatsächlich wie eine Tochter. Irgendwo in der Welt hatte er eine Tochter und er hasste sie ohne Wenn und Aber.
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DIE FLIMMER-GIRLS
Walküre und Skulduggery wichen vom Fenster zurück.
Das erste Flimmer-Girl kam mit ausdruckslosem Gesicht und in dieser entsetzlichen, ruckhaften, schier unerträglichen Art zu gehen langsam näher. Als sie die Hauswand erreichte, verschwand sie und stand plötzlich bei ihnen im Cottage.
Skulduggery packte Walküres Handgelenk. »Nicht bewegen«, flüsterte er. »Und schau sie nicht an.«
Walküre wäre zwar am liebsten davongelaufen, doch sie blieb stehen und hielt die Augen auf den Boden gerichtet. Von der Seite flimmerte das Flimmer-Girl in ihr Gesichtsfeld. Ihr Herz schlug wie ein Presslufthammer. Das Flimmer-Girl blieb stehen, vielleicht um die Porzellanfiguren auf dem Sideboard zu betrachten. Walküres Haar war nass. Ihre Jeans und ihr Top klebten feucht an ihrem Körper. Sie war sich all dessen bewusst, während sie reglos dastand. Eine der Flimmer-Girl-Schwestern bewegte sich langsam am Fenster vorbei.
Das andere Flimmer-Girl trat hinter Walküre und somit aus ihrem Gesichtsfeld heraus. Noch nie in ihrem Leben war Walküre so versucht gewesen, sich umzudrehen. Sie bekam Gänsehaut.
An der Wand hing ein Spiegel. Ganz am Rand konnte Walküre sich und Skulduggery darin sehen. Ihr Mund war trocken. Im Spiegel sah sie, wie eine bleiche Hand sich nach ihrer ausstreckte.
Skulduggery riss Walküre zur Seite. Die Luft kam in Bewegung, als sie ziemlich unelegant durch das zerbrochene Fenster nach draußen sprangen. Sie landeten im Matsch und rappelten sich auf. Rechts und links von ihnen stand jeweils ein Flimmer-Girl. Die Mädchen wuchsen beim Näherkommen. Mit jedem Ruck wurden sie größer und älter und ihr Haar wurde heller und zerzauster. Auch ihre Gesichter veränderten sich; aus hübsch und ausdruckslos wurde verzerrt und gequält. Auf glatter Haut erschienen Runzeln. Münder öffneten sich, Lippen platzten auf und weiße Zähne wurden gelb, wurden braun, wurden schwarz. Und sie kamen immer näher.
Aus Skulduggerys Pistole löste sich ein Schuss nach dem anderen. Die Kugeln flogen durch die flackernden Wesen hindurch. Walküre schleuderte Feuerbälle, warf mit Schatten, doch die
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