Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
abzufedern, doch ein weiterer Schatten schlang sich um ihre Taille und riss sie zur Seite. Eine zweite, kurze Bewegung aus dem Handgelenk heraus und Melancholia ließ Walküre gegen die Wand krachen. Der Aufprall war so heftig, dass es ihr den Atem nahm. Sie fiel und lag keuchend auf dem Boden.
Ein Schatten umschloss ihren Fußknöchel und sie stöhnte, als sie hochgehoben wurde. Sie rang nach Atem, baumelte kopfunter hin und her, auf Augenhöhe mit Melancholia.
»Was für eine Enttäuschung«, säuselte Melancholia. »Nicht wahr? Spürst du es nicht? Bei all der Feindseligkeit zwischen uns, all den Sticheleien, unserer ganzen Vergangenheit... Und hier, ganz am Ende, stehen wir uns zum letzten Showdown gegenüber und es stellt sich heraus, dass du ... mir nicht das Wasser reichen kannst, wie man so schön sagt.« Melancholia beugte sich näher zu ihr. »Gute Nacht, Walküre. Es war nicht weiter wichtig.« Die Schatten stiegen um sie herum auf, bekamen scharfe Kanten und Walküre fauchte, packte Melancholia an den Haaren und ließ ihre Stirn in dieses grinsende Gesicht krachen. Weißes Licht explodierte hinter ihren Augen, die Schatten verschwanden und Walküre stürzte, als Melancholia heulend vor Schmerz zurücktaumelte. Walküre blinzelte und versuchte, sich zurechtzufinden, war jedoch so benommen, dass sie wieder auf ein Knie zurücksackte, nachdem sie sich endlich aufgerappelt hatte. Melancholia torkelte fluchend herum. Aus ihrer Nase schoss Blut. Sie stolperte direkt vor Walküre und diese warf sich auf sie und riss sie zu Boden. Obwohl sie kaum klar sehen konnte, schlug sie mit der flachen Hand zu und versetzte Ellbogenstöße. Sie wusste nur, dass sie nicht nachlassen durfte, nicht einmal, um Atem zu holen.
»Craven!«, schrie Melancholia. »Mach sie fertig!«
Walküre schlug weiter auf sie ein, versuchte zwischen den Armen, die Melancholia schützend hochgerissen hatte, den Kopf zu treffen. An Craven verschwendete sie keinen einzigen Gedanken. Craven spielte keine Rolle. Wichtig war nur, dass sie Melancholia bewusstlos schlug.
»Craven!«, schrie Melancholia erneut.
Eine Schattenfaust traf Walküre, sie wurde von Melancholia weggerissen, flog durch die Luft und blieb lang ausgestreckt liegen. Melancholia rappelte sich auf, als Craven zu ihr herübergelaufen kam.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er. »Kann ich dir irgendwie ...«
Melancholia hob die Hand, ein Band aus Dunkelheit legte sich um Cravens Hals und zog sich zu. »Du wolltest mich im Stich lassen«, zischte sie und spuckte Blut. »Du hättest zugelassen, dass sie mich umbringt.«
»Nein«, keuchte Craven.
»Du wolltest, dass sie mich umbringt, damit du nicht selbst den Versuch unternehmen musst. Habe ich recht?«
Craven sank auf die Knie. Sein Gesicht war rot, die Augen traten hervor.
Melancholia stand über ihm. »Aber du bist selbst dazu zu feige, nicht wahr? Du konntest das Risiko nicht eingehen, dass sie es vielleicht nicht schaffen könnte. Du hattest zu große Angst vor dem, was ich dir dann antun würde.«
Craven konnte nicht mehr sprechen, nur noch nicken. Das Band ließ ihn los, er kippte nach vorn und schnappte nach Luft.
»Du würdest gut daran tun, dir diese Angst zu merken«, riet Melancholia. Dann wandte sie sich wieder Walküre zu. Ihr Gesicht war voller Blut. Ihre Lippen waren aufgeplatzt und die Nase schien gebrochen.
Walküre stand mit geballten Fäusten langsam auf. Eine plötzliche Bewegung aus dem Handgelenk heraus und sie griff ebenfalls nach Schatten. Doch Melancholia fegte sie einfach beiseite. Dunkelheit wickelte sich um Walküres Arm und riss ihr den Ring vom Finger. Er fiel auf den Boden und prallte ein paar Mal ab, bis Melancholia mit aller Kraft darauf trat. Der Ring brach auseinander und Schwärze floss in Walküre zurück.
»Und das«, bemerkte Melancholia, »ist die größte Schwachstelle bei der Kunst des Totenbeschwörens. Zerstöre das Objekt und du kannst deine magischen Kräfte nicht mehr bündeln, obwohl du sie immer noch besitzt. Schau mich an. Verlasse ich mich auf einen Gegenstand? Nein. Darüber bin ich längst hinaus. Um meine Kräfte zu bündeln, brauche ich nur noch meinen Körper.« »Herzlichen Glückwunsch«, spottete Walküre. »Und trotzdem wirst du sterben.«
»Und wie stellst du dir das vor? Willst du mich schlagen wie eine Barbarin? Das wird dir nicht noch einmal gelingen, Mädchen. Ich habe deine Brutalität unterschätzt und du hast mir meine gute Laune verdorben.«
Walküre
Weitere Kostenlose Bücher