Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
nutzen würden. Überlege doch, was aus uns werden könnte, wenn wir uns erlauben würden, das Beste aus uns herauszuholen.«
»Bei allem Respekt, Erskin, was, um alles in der Welt, redest du da? Angenommen, Nye findet die Seele, was macht er dann? Darin herumstochern? Womit? Es geht hier um eine Seele und nicht um einen Teller Wackelpudding. Die Seele sollte man in Ruhe lassen - sie macht auch ohne unser Zutun genügend Probleme. Wütende Seelen können Gespenster werden, mächtige Seelen können Geistwesen werden und boshafte Seelen können Restanten werden. Es ist eine dunkle und gefährliche Sache und wir sollten die Hände davon lassen.«
»Wir haben Nye nicht eingestellt, damit er die Seele findet, Grässlich. Ich habe dir nur erzählt, was er in den vergangenen hundert Jahren gemacht hat. Er hat niemandem wehgetan, er hat niemanden gefoltert. Er hat bereut.«
»Das zu glauben, fällt mir ausgesprochen schwer.«
»Er ist, verdammt noch mal, der Beste, den es zurzeit gibt, und du weißt es. Meinst du, mir gefällt, dass er hier ist? Mir läuft es kalt den Rücken herunter, wenn ich nur an ihn denke, und wenn du glaubst, ich hätte vergessen, was er unseren Freunden angetan hat, musst du verrückt sein. Aber jetzt, da Kenspeckel nicht mehr ist, da Vile frei herumläuft und Darquise uns im Visier hat, müssen wir unseren Groll begraben und uns mit den besten Leuten umgeben, die es für den Job gibt.«
»Selbst wenn es sich dabei um einen bekannten Sadisten und Mörder handelt?«
Ravel schloss die Augen und lehnte sich erneut zurück. »Damit habe ich nicht gerechnet. Wirklich nicht. Ich dachte, bei den Entscheidungen, die ich treffen müsste, würde es nur darum gehen, wie viele Agenten auf eine Rettungsmission zu schicken seien. Ich weiß nicht, wie Meritorius das gemacht hat.« Er öffnete die Augen. »Ist Walküre bei Bewusstsein?«
»Nein. Und das ist wahrscheinlich gut so.«
»Wissen wir, was genau passiert ist? Wer ihr das angetan hat?«
»Ich erkenne auch ohne Skulduggerys Fähigkeiten das Werk eines Totenbeschwörers, wenn ich es sehe.« »Apropos Skulduggery«, begann Ravel gedehnt, »muss man ihn im Zaum halten?«
»Im Zaum halten?«
»Spiele nicht den Ahnungslosen. Du kennst ihn doch. Sobald sie aufwacht, wird er sich sämtliche Totenbeschwörer im Land vorknöpfen.«
»Vielleicht sollten wir ihn gewähren lassen.«
»Diesen Luxus können wir uns nicht leisten. Wir tragen jetzt die Verantwortung, Grässlich, und müssen ganz korrekt vorgehen.«
»Überlass es mir. Ich sorge dafür, dass er es versteht.« »Und hör zu«, sagte Ravel, »ich weiß, dass dir das total gegen den Strich geht, aber Doktor Nye ist derdiedas beste Mann-Frau-Wasimmer für den Job. Er wird Walküres Leben retten, ganz bestimmt.«
»Ja, ich weiß. Es ist nur ... Hier ist alles wahnsinnig schnell richtig kompliziert geworden, findest du nicht auch?«
»Oh ja. Aber wie gesagt: Wir tragen jetzt die Verantwortung, mein Freund. Wir sind jetzt diejenigen, die die schweren Entscheidungen treffen müssen. Früher oder später werden die Leute uns hassen, daran führt kein Weg vorbei.«
»Dann können sie hinter mir Schlange stehen.«
Ravel lächelte traurig. »Lass es mich wissen, wenn sie wieder zu sich kommt, ja? Oh, gibt es Neues von Tanith?«
Grässlich zögerte. »Sie war letzte Woche in Berlin. Mit Sanguine. Fast haben sie sie geschnappt. Aber nein, etwas wirklich Neues gibt es nicht.«
»Du wirst sie finden.«
»Ja«, erwiderte Grässlich und verließ den Raum.
Er suchte noch einmal Madam Misty auf, die sich erstaunlich gut mit den Gesetzen und Vorgehensweisen des Sanktuariums auskannte. Sobald er ausreichend informiert war, ging er wieder in die Krankenstation. Skulduggery saß mit gesenktem Kopf vor dem OP Sein Hut lag neben ihm auf dem Stuhl, sein Schädel glänzte im Licht. Als Grässlich kam, blickte er auf.
»Nye verspricht vollständige Genesung.« Skulduggerys ansonsten samtweiche Stimme klang beängstigend hohl. »In ein oder zwei Stunden wird sie aufwachen. Jetzt ist eine Schwester bei ihr.«
»Wo ist Fletcher?«
»Ich habe ihn nach Hause geschickt. Er schien traumatisiert.«
»Das ist wahrscheinlich normal, wenn du gesehen hast, dass deine Freundin total zerfetzt wurde«, meinte Grässlich. »Und wie geht es dir?«
»Was willst du hören?«
»Sie wäre fast gestorben.«
»Ich weiß. Du wartest, ob ich wütend werde.«
»Dass du wütend bist, weiß ich schon. Du sitzt sehr ruhig da und du
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