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SLAM (German Edition)

SLAM (German Edition)

Titel: SLAM (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Rascheln gehört, als er es in seiner Hand zusammendrückte. Im engen Tunnel konnte er nicht viel mehr erkennen, das immer heftig er werdende Pulsieren machte ihm zudem Angst , und er bewegte sich ungeschickt rückwärts zurück zur Öffnung, durch die er hineingekrochen wa r. Nachdem er wieder in der Unterführung stand, die ihm jetzt viel weniger bedrohlich erschien als noch Minuten zuvor, betrachtete er das Tuch im kühlen Licht der Nūr genauer. Das Läppchen war nicht größer als fünfzehn Zentimeter, quadratisch und an den Rä ndern mit kunstvoller Stickerei eingefasst. Jetzt, wo ihn die verwirrende Atmosphäre des Tunnels nicht mehr umfing, bemerkte Karim einen seltsamen Duft , der von dem Stück Stoff ausging. Dieser Duft war ihm vollkommen unbekannt, aber es ging eine Faszination davon aus , eine Erinnerung, ein Versprechen, eine Verlockung, so als flüstere ihm dieses k leine bestickte Etwas leise Geheimnisse zu. Was war das für ein Duft ?
    In seinem Kopf formte sich ein Wort, drohend u nd laut, unüberhörbar, drängend: »Haram«. E s ist haram! Wirf es weg, es ist schädlich! Die Worte des Imam hallten in ihm wider, der ihnen als Kinder immer und immer wieder erklärt hatte, was erlaubt war und was nicht. Dabei war es um die Beschreibung von Alkohol gegangen , die ihn damals am meisten neugierig gemacht hatte. D er Imam hatte von ein em stechenden Geruch gesprochen. R och dieses Tuch nicht auch irgendwie stechend? Alkohol, so hatte man es ihn en erklärt , ist der Untergang des Menschen, er verdirbt ihn und lässt ihn vom Glauben abfallen, er tut kein gottgefälliges Werk mehr, er verdirbt den Frieden und bringt Leid über Väter und Kinder. Als Karim nun dieses unbekannte Stück Stoff in den Händen hielt, kämpften in seinem Inneren die Stimmen des Imam und die seiner ungezügelten Neugierde. Das Tuch roch nicht gefährlich. Es roch   … einladend . War das schon der erste Schritt auf dem Weg in die Katastrop he, war es das, was Alkohol zu haram machte, so harmlos am Beginn und so übermächtig, hatte man ihm erst mal die Kontrolle überlassen?
    Fast hätte er das unschuldig in seiner Hand liegende Läppchen auf den Boden geworfen, da wurde er sich seiner Vera ntwortung bewusst. Was , wenn der nächste Mann hier vorbeigehen würde, was , wenn es gar ein Kind wäre? Durch seine Feigheit würde er seine Brüder in Ge fahr bringen . Es gab nur einen Weg, eine Person, die ihm helfen konnte herauszufinden, was es mit diesem Ding auf sich hatte: BEY. Er musste es BEY zeigen . D er würde sicher eine Antwort auf die Frage wissen, warum es so verlockend und lieblich roch, wo es doch höchstwahrscheinlich das Verderben in sich trug.

3
     
    D as Summ en aus dem geöffneten Tunnel wurde nun leiser, und Karim konnte deutlich sein Herz schlagen hören, als er den Stoff erneut vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger rieb. Er war dicker und fester als jeder Stoff, den er kannte, aber der Regen würde an ihm nicht abperlen, er würde ihn aufsaugen wie ein Schwamm. Selbstreinigend war dieses Material wohl auch nicht, sonst wäre der Geruch nicht so deutlich. Er drückte das bestickte Läppchen fest an seine Nase und versank abermals in dieses » Haram « . Was für ein Rausch. Nichts an diesem Geruch war klar und doch war er eine Melodie von Gerüchen, eine Explosion der Farben, eine virtuose Tonleiter der Sehnsucht. Er suchte in dieser Melodie nach dem Erkennen, nach so etwas wie einer Erinnerung, wusste, dass sie in seinem Kopf lauerte, nur darauf wartend, dass er sie endlich entdeckte. Regungslos atmete er durch das Tuch ein, drängend und fragend.
    Von der Straße her zog ein kühler Hauch der untergehenden Sonne in die Unterführung und riss ihn aus seinem Rausch. Er musste hier weg. Nach Hause, zu Soli, der sicherlich schon auf ihn wartete. Beim Gedanken an Soli durchfuhr ihn ein Gefühlsfetzen, nur ein kurzer Erinnerungsblitz, gleich wieder im Wirrwarr seines aufgewühlten Gehirns verschwunden, aber lange genug, um Karim lächeln zu lassen. Seine Träume!
    Dieses Tuch hatte etwas mit seinen Träumen zu tun, es war ein Teil der Frage, die er so verzweifelt suchte. Bilder dieser Träume, die » gewölbten Menschen « , ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit und die Trauer über einen unbekannten Verlust mischten sich darin , beruhigten seinen Herzschlag und holten ihn langsam in die Wirklichkeit des k ühlen Abendwindes zurück. Noch einmal blickte er sich um und dankte Allah, dass immer noch niemand »

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