SLAM (German Edition)
verstehst, was ich meine. «
» Du meinst, es ist nicht haram? «, wollte Karim wissen.
» Haram? Nein, wo denkst du hin. Es ist nur vollkommen aus der Mode und unnötig. Ich würde sagen, es repräsentiert eine gewisse Schamlosigkeit. Ja, das tut es. Und wer will schon im Angesicht des Allmächtigen als schamlos gelten? Ich bin froh, dass es dieses ›Parfum‹ nicht mehr gibt. Wenn es dich aber interessiert, der Duft, der an diesem Taschentuch in deiner Hand h ängt, war als ›Chanel N° 5 ‹ bekannt.“
BEY verschränkte seine Arme und überließ Karim für eine n Moment seinen Beobachtungen. Der war vollko mmen in den Anblick der beiden Männer versunken, mit einer Hand zeichnete er unablässig die Linien des zers törten Gesichts nach, in der anderen Hand knetete er das Tuch, das ihn hierher gefü hrt hatte. Seine Gedanken rotierten . Ein Bild schob sich vor sein innere s Auge, deckte sich mit dem , das er vor sich sah. Das hier war eines der Bilder aus seinem Tra um, hier lag die Antwort! Karim wurde klar, wie nah er am Z iel seiner Suche war. Die Frage … Welche Frage steckte hinter dieser Abbildung? Abwechselnd betrachtete er das Taschentuch in seiner Hand und das Tuch an der zarten Männerhand. Was stimmte an diesem Bild nicht?
» Vielleicht sollte ich mich korrigieren«, riss ihn BEY aus seinen Gedanken.
Karim sah auf. » Was? «
» Nun ja, es war nicht ganz korrekt, als ich sagte, dass kein Alkohol im Spiel war bei diesem « , er machte eine kurze Pause und spie das näch ste Wort beinahe aus, »Parfum.«
Karim blickte ihn fragend an.
» Zum Wesen eines Parfums gehört Alkohol«, dozierte BEY nun und lehnte sich an eine schmucklose Kommode hinter sich. » Der Alkohol ist natürlich nicht zu vergleichen mit dem Alkohol , der haram ist, aber er wird benötigt, um die Duftstoffe zu transportieren. Er verfliegt und nimmt die ätherischen Öle sozusagen mit auf die Reise. Der verwendete Alkohol ist stark , und es war gefährlich, ihn zu trinken, aber in dieser Zeit des moralischen Verfalls haben selbst das einige der besonders verkommenen Subjekte getan .« Beim Gedanken an dieses dunkle Kapitel schien BEY von Traurigkeit erfasst.
» Also ist es doch haram? «, bohrte Karim weiter, und hielt das Stück Stoff nun wieder ein wenig weiter von sich entfernt.
» Nein, nicht wirklich. Es ist nur … wie soll ich sagen?« BEY wies auf einen Sessel, der in der Ecke des Raums stand . » Karim, setz dich und hör mir zu, ich erkläre es d ir. Es hat Zeiten gegeben, als der Allmächtige uns noch nicht die Gnade der Erkenntnis gegeben hat, wie wir am besten unseren Lebenspartner erwählen. D a suchten sich die Männer ohne jede Vernunft ihren Partner aus. Das waren schlimme Zeiten, geprägt von Unzucht und Verderbnis. In diese Zeit fällt das Ritual mit dem Taschentuch. Parfum wurde in dieser Zeit in großer Menge verwendet , und ich mag mir gar nicht v orstellen, wie es damals überall gestunken haben muss. Mit dem Tuch und diesem « , er verzog angewidert das Gesicht, » Geruch lockten junge Männer andere Männer zu sich, um mit ihnen Unaussprechliches zu tun. Dieses ungezügelte Leben brachte Leid, Krankheit und Tod über die Menschen . Mittlerweile wissen wir vieles besser. Partnerschaften , wie die zwischen dir und Soli sind der beste Beweis dafür, wie weit wir es schon geschafft haben. Liebe, Vertrauen und gegenseitige Verantwortung wiegen mehr und sind gottgefälliger als diese Verderbtheit. Wirf dieses Tuch weg, es ist ein Relikt aus einer Zeit, die wir lange hinter uns gelassen haben. Es ist nutzlos. Karim, gib es mir !«
BEY streckte die Hand nach dem Tuch aus . Karim starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Tröpfchenweise war ihm bei BEYs Worten eine Erkenntnis ins Gehirn gesickert. Er begann zu verstehen, was ihn an diesem Bild so unglaublich faszi nierte. Es erregte ihn sexuell!
Er ignoriert e BEYs ausgestreckte Hand , stand auf und trat erneut an das Bild heran. Der Ausdruck des Mannes, dessen Darstellung noch gut erhalten war, erschloss sich ihm nun, lag vor ihm wie ein offenes Buch. Er war sexuell erregt , und schaute dem zerstörten Gesicht mit unve rstellter Lust dabei zu, wie es sein Ritual vollzog.
Die Anspannung in Karim wich einer neuen Empfindung. Sein Herzschlag, der sich in den vergangenen Minuten beruhigt hatte, stieg erneut an. Warm und lebendig pumpte der Muskel das Blut durch seinen Körper. Wellen elektrischer Energie durchströmten seine Arme und Beine, flossen zu
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