Slant
von öffentlicher Ruhestörung, von sozialem Fehlverhalten, das den Einsatz der PD erforderlich machte«, sagt Martin und reibt sich intensiver die Wange. Er runzelt die Stirn, als Einzelheiten über ausgewählte Fälle erscheinen. »Unbekleidete Zurschaustellung in der Öffentlichkeit. Offene rassistische Beleidigungen. Vergessen wir für einen Moment kriminelle Verhaltensweisen und wenden uns den Beschwerden über unprofessionelles Betragen zu. Wie viele Hinweise auf Fehlverhalten Ihrer Klienten sind bei Ihnen eingegangen?«
Carrilund sucht ihm den richtigen Ordner heraus. Martin braucht eine Weile, um sich die Graphen und Zahlen für diese Zwischenfälle anzusehen. Am meisten interessiert ihn die plötzliche Steigerung von rassistischen Äußerungen am Arbeitsplatz – möglicherweise ein Hinweis auf Bigotterie, den uralten Teufel genetisch und kulturell gemischter Populationen. Die meisten Formen des Rassismus werden inzwischen als Varianten der thymischen Kategorie betrachtet – Störungen, die man früher als Zwangsneurosen bezeichnete. Workers Inc. scheint mit einem Ausmaß rassistischen Verhaltens konfrontiert zu sein, wie es seit den Zehnern und Zwanzigern unbekannt ist.
Irrational und bösartig. Und Ausbrüche öffentlicher Obszönitäten…
»Fällt Ihnen dazu irgendetwas ein?«, fragt sie.
»Können wir die Daten nach Nationen aufschlüsseln?«
»Nein«, sagt Carrilund. »Aber ich bin befugt, Ihnen mitzuteilen, dass sich diese Zahlen bemerkenswert gleichmäßig über ganz Nordamerika einschließlich Mexiko verteilen.«
»Workers Inc. scheint ein Anstandsproblem zu haben.«
Carrilund lacht humorlos. »Das haben sie sehr milde ausgedrückt.«
»Es scheint eine Konzentration antisozialer Aktivitäten in Ihrer Klientel zu geben… Aber was, zum Teufel, haben Diagnosetoiletten damit zu tun?« Er schüttelt den Kopf. Er lässt die Darstellung für einen Moment anhalten und blickt sich zu Carrilund um. »Ist es möglich, dass es sich hierbei um die Folgen eines unbekannten Krankheitserregers handelt? Etwas, das nicht in den medizinischen Datenbanken steht. Es ist bekannt, dass Mikroben-Infektionen thymische Ungleichgewichte auslösen können. Und die Produktion natürlicher Viren-Antikörper haben nachweislich bei manchen Patienten Depressionen ausgelöst.«
»Es ist möglich«, sagt Carrilund, »aber wenn es so wäre, sind es weder Viren noch Bakterien, Protozoen oder Myzeten. Nicht einmal Prionen kommen infrage.«
Sie kennt sich zweifellos mit diesen Dingen aus. Möglicherweise hat sie eine medizinische Ausbildung. »Könnte es ein technisches Problem sein?«
»Die Ausrüstung arbeitet tadellos.«
Martin stellt fest, das die Problematik eine ungewöhnlich aufregende Wirkung auf ihn hat. »Ich habe einige Auswertungen über sexuelle Belästigungen und familiären Missbrauch gesehen…« Er hält inne. »Aber lassen wir das für einen Moment. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Rückfälle unmittelbare Auswirkungen auf diesen Bereich haben.«
»Aber auch hier wurden Steigerungen verzeichnet«, sagt Carrilund. »Paare, die eine gemeinsame Therapie wegen sexuellen Missbrauchs in der Partnerschaft gemacht haben – hauptsächlich territoriale Aggressionen im Zusammenhang mit Hyper-Machos – und die seit Jahren ohne Probleme leben, kehren in alarmierender Anzahl zu ihren Therapeuten zurück. In unserem Zentrum sind noch keine statistischen Daten verfügbar, weil die Mitglieder einiger Familien und Partnerschaften für unterschiedliche Zeitarbeitsagenturen tätig sind. Wir versuchen, Informationen von den anderen Agenturen zu erhalten, aber bislang hatten wir noch keinen Erfolg. Wir schätzen, dass sich derartige Zwischenfälle mehr als verdoppelt haben.«
»Mein Gott«, murmelt Martin. »Verfolgen Sie die Nachrichten, wenn Mitglieder Ihrer Organisation verhaftet werden?«
»Natürlich«, antwortet Carrilund. »Das Bundesgesetz schreibt vor, dass all diese Informationen in ihre Personalakten aufgenommen werden müssen.« Sie verzieht das Gesicht. »Wir tun es nur ungern, aber die von Raphkind veranlassten Ergänzungen unserer Satzung verpflichten uns dazu.«
»Können Sie mir Vids über die schwereren Fälle zeigen? Ich würde mir gerne die Mimik und Körpersprache ansehen.«
»Ich denke, das kann ich veranlassen. Ich werde den INDA fragen.«
Es dauert zehn Sekunden, doch dann baut sich eine einfache Textliste mit Berichten aus den vergangenen drei Tagen auf und schiebt sich durch ihr Sichtfeld.
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