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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einfach noch einmal von vorne anfangen könnte.
    »Die Liste jener, die etwas beigetragen haben, ist geheim. Je nach Fortschritt der Konstruktionsplanung und unserer Stellung in der Organisation werden wir irgendwann innerhalb der nächsten fünf Jahre in ein Omphalos gehen, über einen Zeitraum von fünf Jahren«, sagt Marcus. »Wir benutzen die Einrichtungen zur Lagerung einer möglichst großen Menge von Rohmaterial und Allzweck-Nano. Geld wird keine Bedeutung mehr haben. Wir lagern ausreichend wertvolle Metalle, um eine neue, direkte und saubere Ökonomie starten zu können. Kein Symbolismus. Kein Papier, keine Datenfluss-Bits… Hartgeld. Echt und solide.
    Die arbeitende Klasse wird sich selbst ausrotten, wenn ihr geliebter Datenfluss versiegt. Wir können sie nicht retten – sie sind Süchtige. Sie sind nun schon seit sechzig Jahren zum Untergang verdammt – all die Arbeitnehmer, deren Jobs von Maschinen übernommen werden können. Und mit Nano… nun, wie ich bereits sagte, menschliche Arbeitskraft und selbst die untersten der Gedumpften, die Börsenmakler und Buchhalter und anderen Bürobreitärsche, sind verdammt. Sie sind zu überflüssigem Fettgewebe geworden und sie sind der Ursprung des Krebsgeschwürs, der unsere Gesellschaft zerfrisst. Die alte kranke Haut, die auf den Schultern der Starken, der Jungen, der Neuen hängt. Und wenn all das überstanden ist, gibt es keine Trennung zwischen der Elite und der arbeitenden Klasse mehr. Es wird nur noch die intellektuellen und spirituellen Meister geben.«
    »Amen«, sagt Cadey unter eifrigem Nicken.
    »Keine wimmelnden Maden mehr«, bemerkt Darlene Calhoun.
    Jonathans unterdrückte, gegensätzliche Empfindungen machen ihn nervös. Er weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll, ob er froh oder bestürzt sein soll, dass er hier ist.
    »Bist du immer noch dabei, Jonathan?«, fragt Marcus kokett.
    »Ja«, antwortet Jonathan automatisch. Dann schiebt sich alles zu einem stimmigen Bild zusammen: die unausgesprochene Sehnsucht, das frustrierende Gefühl der Stagnation, die tödliche Kälte, mit der seine Frau ihm begegnet. Er hat immer gewusst, dass er etwas Besonderes ist; es ist die übrige Welt, die ihn an der Selbstverwirklichung gehindert hat. »Ja, ich bin dabei.«
    Marcus hat sich in Schwung geredet. »Denkt zurück, wie alles begonnen hat – im späten Zwanzigsten. In den Deprimierenden Dekaden. All die wimmelnden Maden, wie Darlene sie bezeichnet, all die Möchtegern-Repräsentanten der Möchtegern-Stämme, der ethnischen Gruppierungen, der misandrischen Feministen und der misogynen Konservativen, Weiße, die Schwarze hassen und ihnen die Schuld für all ihre Missstände geben, Schwarze, die Weißen die Schuld geben, Juden, die Moslems die Schuld geben, und Moslems, die Juden die Schuld geben, jedes Volk gegen ein anderes, und allen wurde in den frühen Datenfluss-Strömen freie Bahn gewährt. Mein Gott!« Marcus scheint seine eigene Darstellung nicht glauben zu können, so chaotisch ist sie. »Jeder meint, der Welt würde es besser gehen, wenn einfach nur seine Feinde beseitigt würden. Diese Ignoranz!«
    »Diese Voraussicht«, sagt Cadey.
    »Nun fließen die Ströme überall und niemand verhungert, niemand ist krank und die schlimmste Phase der Menschheitsgeschichte dürfte vorüber sein; und dennoch bekämpfen sich die Völkerstämme und balgen sich um die letzten Krümel des Kuchens.«
    »Wir bringen die Besten und Klügsten zusammen«, sagt Cadey, um dann entschuldigend zu lächeln, als hätte ausgerechnet Marcus diesen Anstoß nötig.
    »Die Extropianer sahen es als erste«, sagt Marcus. »Sie erkannten die Sackgasse des Rassismus und des Stammesdenkens. Die wahren Klassenunterschiede sind intellektueller Natur. Die Fähigen gegen die Disaffektiven, die sich in ihren virtuellen Brot und Spielen verlieren. Die wahren Meister streben nach dem Universum und all seinen Mysterien, nach den Tiefen der Zeit und der Macht der Unendlichkeit. Sollen sich alle anderen um die Krümel prügeln – die Möchtegern-Stämme…«
    »Meine Damen und Herren, bitte wenden Sie sich wieder in Flugrichtung und lassen Sie Ihre Sitze einrasten«, weist der INDA sie an. Das Flugzeug befindet sich bereits im Sinkflug.
    Marcus schüttelt den Kopf und verzieht das Gesicht, das sich vor Leidenschaft gerötet hat. Jonathan hat ihn noch nie so echauffiert erlebt.
    »Die armen gottverdammten Narren! Sie haben ihr eigenes Todesurteil unterschrieben und jetzt werden sie es selbst

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