Slant
dürftig, dass er davon ausgeht, dass die Verteidigungseinrichtungen von Omphalos noch nicht mit voller Kapazität arbeiten. Doch Jenner macht den Eindruck, als könnte er etwas Aufmunterung vertragen, und er ist kein Dummkopf. Alle seine Sorgen sind berechtigt. »Wir werden beobachtet. Man sucht nach unseren Schwächen. Deshalb sollten wir sicherstellen, keine zu zeigen.«
»Vorausgesetzt, diese Leute sind wichtig genug, um nicht riskieren zu können, sie zu töten«, sagt Pickwenn leise.
Giffey stimmt ihm zu; genau das ist die Voraussetzung.
Die Tür schließt sich, und der Lift fährt an.
Giffey zwinkert Jenner zu. Jonathan fragt sich, ob der Mann völlig verrückt geworden ist. Jonathan weiß, dass dieses Gebäude an keinerlei bundesweite oder auch nur staatliche Richtlinien gebunden ist. Alles wäre möglich, von einem einfachen Alarmsystem, mit dem die Polizei der Republik gerufen wird – was praktisch nutzlos wäre – bis zu einer ausgewachsenen, offenen militärischen Reaktion, weiteren Warbeitern, sogar menschlichen Truppen, obwohl er das bezweifelt.
Er kann nicht länger schweigen. »Das ist Mord«, sagt Jonathan. »Ich habe Frau und Kinder. Es ist Mord, uns in die Schusslinie zu bringen oder uns als Schutzschild zu benutzen.«
»Sie wollten sich doch einen Eindruck von den Möglichkeiten des Gebäudes verschaffen«, erwidert Jenner verächtlich. Ein Speicheltropfen landet in Jonathans Auge, worauf er rasch blinzelt und sich das Auge reibt. Als Jenner erkennt, dass seine feuchte Aussprache der Grund ist, errötet er. Nervös stößt er Jonathans Hand mit dem Lauf seiner Pistole weg.
»Lassen Sie mich in Ruhe!«, fordert Jonathan. Jenner lässt die Waffe sinken.
Giffey spürt, dass tatsächlich etwas nicht stimmt. Jenner ist ungewöhnlich gereizt und Pickwenn wirkt geistesabwesend, als würde er auf eine Stimme lauschen, die außer ihm niemand hört. Und auch in Giffeys Kopf…
»Jonathan hat Recht«, sagt Marcus. »Der Rest der Welt mag verweichlicht sein, aber hier werden Mörder gehängt.«
»Sieht nicht so aus, als würde noch etwas übrig bleiben, was gehängt werden könnte«, erwidert Giffey trocken. Der Lift hat die Mitte des Schachts erreicht, ein Stockwerk mit der Bezeichnung ANKUNFT UND EINWEISUNG. Die Tür geht auf.
Der Raum dahinter ist chirurgisch weiß und gletscherblau, ein breiter Zylinder mit neun mannsgroßen runden Luken in den gekrümmten Wänden. Auf jeder Tür steht eine große schwarze Zahl, von 10 bis 18. Der Hammer benötigt keinen speziellen Befehl, dass er als erster den Lift verlassen soll: Er marschiert los, schiebt sich zwischen Hale und Giffey hindurch und untersucht die Umgebung. Baker, der zweite Flexer/Controller, folgt ihm. Im Raum ist alles ruhig.
»Hier befinden sich versteckte Kameras und weitere Sensoren«, gibt Baker bekannt. »Sie sind aktiv. Wir werden beobachtet.«
Giffey drängt sich an Jonathan und Jenner vorbei und geht langsam bis zur Mitte des Raums. Es ist immer noch ruhig und kühl. Die Lüftung arbeitet einwandfrei. Giffey fragt sich allmählich, ob das Sicherheitssystem möglicherweise überhaupt keinen Einfluss auf die Luft- und Energieversorgung hat.
Vielleicht befinden sie sich noch nicht an einer günstigen Stelle für eine Reaktion. Er ruft sich den ungefähren Grundriss des Erdgeschosses ins Gedächtnis und zieht sein Pad aus der Tasche. Nach der Darstellung liegt dieser Liftschacht innerhalb des hinteren Keils von Omphalos.
Die Luken sind so angeordnet, dass sie zu Korridoren führen könnten, die bis zu zwanzig Meter lang sind.
»Auf diesem Stockwerk könnten sich Hibernarien befinden«, teilt er Hale mit. »Genauso wie auf allen tiefer gelegenen Stockwerken bis zum Erdgeschoss.« Er zeigt Hale den Plan auf seinem Pad. Bislang passt alles recht gut zu dem, was sie gesehen haben. Die Informationen sind zuverlässig.
»Und was ist weiter oben?«
»Nach der Darstellung könnte es sich um ein Medo-Zentrum und weitere Systeme handeln – hauptsächlich kryogenische, schätze ich.«
»Wonach suchen Sie eigentlich?«, fragt Marcus fassungslos. »Wollen Sie etwa die Toten ausrauben? Mein Gott, Sie sind der dümmste und einfältigste Haufen, der mir jemals begegnet ist! Wer hat Sie zu dieser Aktion überredet?«
»Wir hatten den Eindruck, dass es eine gute Idee ist«, erwidert Hale. Er blickt sich mit einem schnellen selbstsicheren Grinsen zu Giffey um.
»Sie werden hier niemals lebend herauskommen«, knurrt Marcus. »Wir
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