Slant
hinauswerfen, dass sie ihre Uhren einen Tag zurückstellen müssen. Aber mein Daddy war Polizist in Seattle. Sie sehen furchtbar aus, aber Sie sind mir um einiges willkommener als diese Leute.« Kemper schnieft. »Behalten Sie sie gut im Auge, Schätzchen. Sie treten Ihnen schneller in den Arsch, als Sie sich umschauen können.« Dann stapft sie davon, gefolgt von ihren Assistenten.
Daniels und Torres werfen sich einen Blick zu. »Danke«, sagt Daniels leise zu Mary.
Torres fühlt sich offensichtlich auf den Schlips getreten. »Irgendjemand in Washington wird demnächst eine Menge zu erklären zu haben«, brummt er.
Zwei Deputies eskortieren sie zu einem offiziellen Allgeländewagen, der am Bordstein in einer Taxizone geparkt ist. Das schlammbraune, schwer gepanzerte Fahrzeug der Präsidentin fährt soeben ab und verschwindet hinter einem dichten Vorhang aus Schneetreiben.
Die zehn Personen passen kaum in den Allgeländewagen. Mary sitzt ganz hinten auf einer harten Bank. Jede Unebenheit der Straße lässt ihre Zähne wie Kastagnetten klappern.
Und in Green Idaho haben die Straßen viele Unebenheiten.
21 /
Der Mann namens Giffey hat sich ständig ein- und ausgeblendet. Die Vereitelung all ihrer Pläne – eigentlich gar keine Überraschung – wirkt wie eine kalte Dusche, die jemand anderen aufweckt, der in seinen Kopf zu steigen versucht und den Fahrersitz übernehmen will, wie es scheint, aber Giffey kann sich kaum dagegen wehren. Er droht jeden Augenblick zu zerbrechen.
Er überlegt kurz, ob er an derselben Krankheit wie Jenner leidet, aber er hatte niemals eine Therapie – jedenfalls nicht, dass er wüsste. Er glaubt nicht, dass er dem zum Opfer fallen könnte, was der alte Mann oder Omphalos auf sie losgelassen hat.
Wer ist also der zweifache Vater, der ständig auf die Bremse tritt und Jack Giffey das Lenkrad entreißen will? Er hat die Gesichter zweier heranwachsender Jungen und einer Frau gesehen, dazu ein altes Terrassenhaus in Port-au-Prince. Dieser Kerl lebt in Hispaniola und hat anscheinend nicht viel zu tun – sein Beruf und ein großer Teil seines Lebens ist nach wie vor eine sumpfige Einöde. Über diesen wichtigeren und überzeugenderen Kerl nachzudenken und sich an ihn zu erinnern lässt Giffey erschaudern und bereitet ihm Kopfschmerzen, als würde ihm ein kleiner Lötkolben durch das Rückgrat in den Schädel getrieben. Das Gefühl lässt seine Augen vibrieren.
Die derzeitige Situation ist auch ohne diese Störungen kompliziert genug. Ein paar Minuten lang hat Giffey ausreichend Kraft, um wieder das Kommando zu übernehmen, um Jenner die Anweisung zu erteilen, den Warteraum auszukundschaften. Er gibt dem jungen Mann seine Flechettepistole zurück.
Jenner presst mit sichtlicher Anstrengung die Lippen zusammen und führt den Befehl aus, was Giffey ein plötzliches fröstelndes Gefühl des Respekts und der Zuneigung entlockt, aber das eigentliche Problem ist Hale.
Hale plappert immer noch, dass sie das Gebäude verlassen sollten.
Giffey beugt sich über die Leichen und mutmaßt, dass Pent durch Hunderte von Stichen getötet wurde. Sein und Cadeys Gesicht sind eine einzige Masse aus geröteten Schwellungen.
Cadey starb vermutlich nicht an den Stichen, denn er hat ein Flechette-Loch mitten im Brustkorb und unter ihm ist eine kleine Blutpfütze. Wie es scheint, hat Pent den kleinen braunen Mann erschossen, bevor die Insekten ihn töten konnten.
Hale ruft: »Wir sollten durch die Fahrzeughalle nach draußen brechen und dann so schnell wie möglich von hier verschwinden!«
Vorübergehend gibt Giffey die Zügel wieder an den verständnislosen zweifachen Vater ab und starrt Hale mit weit aufgerissenen Augen an. Dann kehrt der gute, alte, tapfere und stets kompetente Jack zurück, spielt im Kopf noch einmal ab, was Hale gesagt hat, blickt sich zu Marcus und Jonathan um und schüttelt den Kopf.
»Mein Gott… Jamal«, sagt Marcus, während er das tote, aufgedunsene Gesicht des kleinen braunen Mannes berührt.
Jonathan lässt Giffey nicht aus den Augen und Giffey bemerkt seinen Ausdruck der ruhigen Wachsamkeit. Er fragt sich, ob mehr in dieser stillen und bislang gehorsamen Geisel steckt, als der erste Anschein vermuten lässt.
Er ist ein Ehemann und Familienvater. Manchmal tut jemand wie er überraschende Dinge.
»Auch ich bin ein Ehemann und Familienvater«, sagt Giffey zu Hale, der mitten in seiner Tirade abbricht und ihn schockiert anstarrt. »Wissen Sie, wer ich wirklich
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