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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einen Besuch bei den mitfühlenden Experten glätten, die völlig schmerzfrei eine beschädigte Seele reparieren und auf den rechten Weg zurückführen können. Alle Kosten übernimmt ihre Vid-Gesellschaft oder ihr derzeitiger Liebhaber. Es war ein Spin, der insgesamt sieben Jahre dauerte, der ihr ausreichend flüchtige Momente der Freude verschaffte, um einen langen, stillen, frühen Morgen mit verschwommenem Glanz auszufüllen.
    Twist schläft noch auf der Couch. Gelblicher Morgenglanz dringt durch die halb geschlossenen Läden; es gibt keinen Grund, schon so früh aufzustehen; sie haben keine Termine. Alice genießt die Trägheit, bis der vergangene Abend wieder in ihr Bewusstsein zurückkehrt und sich die Ränder und Säume zusammenziehen, sodass die strahlenden Herzen ihrer Erinnerung grau werden und sie wieder in allen Einzelheiten weiß, wer und wo und wann sie ist.
    Sie presst die Augenlider fest zusammen und versucht, den Geschmack zurückzurufen. Sie überlegt, ob es für sie an der Zeit sein könnte, ihr thymisches Gleichgewicht auffrischen zu lassen.
    Nach den Geschehnissen der vergangenen Nacht ist Lisa ihr einige therapeutische Sitzungen schuldig.
    Twist murmelt und wirft sich auf der Couch hin und her.
    »Bist du wach?«, fragt Alice.
    »Ja, leider. Es war so wie damals, als ich noch ein Kind war.«
    »Gute Träume?«
    »Manchmal. Wenn ich aufwache, fühle ich mich einige Minuten lang normal. Und stark. Doch dann kommt alles zurück. Alice, ich danke dir, dass du mich erträgst, aber ich vermiese dir bestimmt den Tag.«
    »Auch ich kann jetzt Gesellschaft gebrauchen«, sagt Alice.
    »Ich bin keine gute Gesellschaft.« Twist setzt sich auf und reibt sich Schläfen und Stirn. »Womit habe ich das alles nur verdient?«, fragt sie.
    »Wir sind einfach verletzlicher als andere«, sagt Alice.
    Twist grinst süffisant. »Du meinst, weil wir so häufig für so viele die Beine spreizen?«
    Alice verzieht das Gesicht und steht auf, während sie ihren Morgenmantel schließt.
    Twist folgt ihr in die Küche. »Hast du zufällig HyperKoffein da?«
    Alice schüttelt den Kopf. »Um Himmels willen, nein! Mit wem hast du dich in letzter Zeit herumgetrieben?«
    »David gönnt sich gelegentlich eine Dosis.«
    »Ja. Der David. Er würde so etwas gebrauchen.«
    »Ex ihn nicht so«, sagt Twist stirnrunzelnd. »Er hat es nicht leicht mit mir.«
    »War er letzte Nacht mit Cassis glücklich?«
    »Ja, wahrscheinlich«, antwortet Twist mit leerem Blick.
    »Genügt dir ein normaler Kaffee?«
    »Ja.« Twist verdreht die Schulter, eine Seite nach oben, die andere nach unten. Dann wechselt sie und streckt die Arme aus, um die Hände auszuschütteln und die Finger zu lockern. »Ich habe das gesamte Fibe nach diesen Sachen abgesucht, alle News und Kommentare. Dass Sex das Zentrum unserer Persönlichkeit bildet und unsere Sicht auf die Dinge beeinflusst.«
    »Eine tiefschürfende Erkenntnis, Twist.«
    Twist streckt ihr die Zunge aus. »Jetzt fängst du an, mich zu exen, Alice!«
    »Es war nicht herabsetzend gemeint.«
    »Ich habe mich mit allen möglichen Strategien beschäftigt, wie sich das Sexualleben überstehen lässt. Wie wir versuchen, uns anzupassen, ohne uns an die Regeln zu halten.«
    »Wir sind nicht angepasst«, sagt Alice und beobachtet, wie der Kaffee heiß und braun aus dem Hahn läuft. Sie zieht eine Tasse für Twist heraus und reicht sie ihr.
    »Genau das meine ich«, sagt Twist. »Ich hatte niemals eine konsequente Strategie. Und du?«
    »Ich habe niemals geglaubt, dass ich eine brauche. Die Männer kommen zu uns.«
    »Ja, aber wozu?« Plötzlich bricht Twist zusammen. Sie schafft es gerade noch, die Tasse auf dem Tischrand abzustellen, bevor sie wie eine Flickenpuppe zusammensackt. Tränen strömen ihr übers Gesicht. »Alice! Mein Gott, Alice!«
    Alice kniet neben ihr und hält ihre Hand. Twist zittert. »Es macht mir Angst, wie sehr ich mich vor mir selbst ekle. Ich kann nichts mehr empfinden, ohne dass es braun und dunkel wird, wie Scheiße. Ich mache nur irgendwie weiter. Aber ich muss ständig daran denken, wie elend ich mich fühle.«
    »Ich melde dich zur Therapie an«, verspricht Alice. »Ich muss nur ein paar Fäden ziehen, dann spielt es keine Rolle mehr, welche Arrangements der David getroffen hat. Du bist in verdammt schlechter Verfassung, Mädchen.«
    Twist reißt sich ein wenig zusammen, bis sie wieder sprechen kann. »Ich dachte, ich wäre etwas Besonderes. Hübsche junge Frauen, die an der Wand stehen

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