SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast
habe mir gedacht, Donuts sind immer gut als Trostfutter. Aber ich werde den beiden Damen auch etwas zum Abendessen machen, damit ihr euch nicht darum kümmern müsst.«
Verwundert schüttelt Janie den Kopf. »Wozu das denn?«
»So etwas macht man eben, wenn jemand gestorben ist. Man bringt ihnen Eintopf und Grillhuhn und so. Als Dad im Knast gestorben ist, hat Charlie alles Mögliche an Essen bekommen und dabei konnte niemand meinen Vater leiden. Ich war damals im Krankenhaus, aber Charlie hat mir einiges reingeschmuggelt … Oh Mann, ich labere Unsinn.« Carl scharrt mit den Füßen. »Ich werde jetzt einfach den Mund halten.«
Noch einmal umarmt ihn Janie fest. »Das ist echt krass.«
»Ja«, sagt er, streicht ihr übers Haar und küsst sie auf die Stirn. »Es tut mir wirklich leid wegen Henry.«
»Danke. Ich meine, wir wussten alle, dass er im Sterben liegt. Und eigentlich war er ja ein völlig Fremder«, behauptet Janie. Es ist gelogen.
»Trotzdem«, findet Carl. »Auf jeden Fall war er dein Vater. Es ist ein blödes Gefühl.«
Sie zuckt mit den Achseln. »Ich kann nicht …«, beginnt sie. Doch das will sie nicht. Im Moment muss sie an andere Dinge denken.
Zum Beispiel, wie sie ihre betrunkene, im Nachthemd bekleidete Mutter zu einer Beerdigung kriegt.
17:59 Uhr
Anstatt das Haus durchs Kochen noch weiter aufzuheizen, holt Carl etwas zu Essen. Offensichtlich durchdringt der Geruch nach Brathuhn und Kuchen die Tore des Kummers, denn Dorothea erscheint und bedient sich schweigend am Essen, bevor sie wieder verschwindet.
Der Bestatter ruft an. Janie macht sich wie wild Notizen und bespricht die möglichen Arrangements mit ihm. Erleichtert hört sie, dass Juden ihre Toten so schnell wie möglich beerdigen. Das passt ihr gut. Und da keine Angehörigen verständigt werden müssen, bestellt sie den Gottesdienst für den nächsten Vormittag um elf Uhr.
Nachdem sie aufgelegt hat, durchsucht Janie die Wäschekörbe und sammelt die Schmutzwäsche für den Waschsalon zusammen. Den Korb schiebt sie Carl zu, dann fällt ihr ein, dass sie Cathy versprochen hat, ihr einen Zettel zu hinterlassen. Sie schreibt etwas auf ein Stück Papier und gibt es Carl zusammen mit einer Rolle Klebeband.
»Kannst du zu Henry hinausfahren und das an die Tür kleben?«
»Kein Problem«, antwortet er. Er geht, während Janie ein Kleid bügelt und anschließend den Staub von ein paar alten, selten getragenen Halbschuhen wischt.
»Das ist nicht fair«, murmelt sie. »Das ist absolut nicht fair.«
20:10 Uhr
Carl taucht wieder auf, mit der Wäsche, frisch gewaschen und irgendwie sogar fast zusammengelegt. »Der Zettel ist an der Tür und die Wäsche ist fertig.«
Janie strahlt und nimmt den Korb. »Danke. Du bist einfach wundervoll.«
Carl lacht zurück. »Wäsche ist nicht mein bestes Fach, aber ich komme damit klar. Darf ich dieses Höschen behalten?«
Grinsend geht er rückwärts zur Tür.
»Äh … da musst du meine Mutter fragen«, lacht Janie.
Carl zuckt zusammen. »Iiih! Scheiße … und igitt. Hey, ich lasse dich deine Sachen erledigen … und gebe dir deinen Freiraum. Ruf mich an, wenn du mich brauchst. Ich hole euch beide morgen zur Beerdigung ab, wenn du willst.«
»Danke«, sagt sie. »Ja, das wäre super.«
Sie schaut ihm nach.
Mittwoch
9. August 2006, 08:46 Uhr
Carl klopft an.
»Tut mir leid, wenn ich nerve«, sagt er. »Ich bemühe mich, es nicht zu tun. Ich weiß, du brauchst deinen Freiraum. Aber hier ist ein kleines Frühstück für euch, damit ihr euch nicht darum kümmern müsst.«
Janie beißt sich auf die Unterlippe und nimmt das Tablett. »Danke.«
»Bis später!« Er sprintet durch die Gärten zurück nach Hause.
Janie klopft fest an die Tür ihrer Mutter.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«
»Mum? Hier ist Frühstück für dich«, ruft sie durch die Tür. »Carl hat es gemacht. Er kommt um halb elf, um uns für die Beerdigung abzuholen, dann musst du fertig sein!«
Schweigen.
»Mutter.«
»Stell es einfach auf die Kommode.«
Janie tritt ein. Dorothea Hannagan sitzt auf dem Bettrand und schaukelt vor und zurück.
»Ist alles in Ordnung?«
»Stell es ab und verschwinde!«
Janie wirft einen Blick auf die Uhr, stellt den Teller auf die Kommode und geht mit einem unguten Gefühl im Bauch hinaus.
Sie springt unter die Dusche und lässt das kühle Wasser über ihren Körper laufen. Heute ist es draußen nicht so heiß. Für die Beerdigung ist das eine Erleichterung, wenn sie am Grab in der
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