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SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast

SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast

Titel: SLEEP - Ich weiss, was du letzte Nacht getraeumt hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa McMann
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auffüllt und den Deckel wieder zuschraubt.
    Janie sagt nichts.
    Dorothea schließt die Handtasche und wendet sich an Janie, die ihr mit den Schuhen hilft.
    »Fertig?«, fragt Janie. »Nach dir.«
    Dorothea nickt und wankt unsicher auf den Flur.
    Lächelnd sieht Carl den beiden entgegen. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug und sieht unfassbar gut darin aus. Sein Haar ist gezähmt und noch ein wenig feucht, es kringelt sich leicht am Kragen.
    »Ihr Verlust tut mir wirklich sehr leid, Mrs Hannagan«, sagt er und bietet Dorothea seinen Arm.
    Sie sieht ihn einen Augenblick lang verwundert an, reißt sich dann aber zusammen und hakt sich bei ihm ein. Er begleitet sie zur Tür und nach draußen ins wartende Auto.
    »Danke«, sagt sie, seltsam gefasst.

10:49 Uhr
    Sie kommen früh auf dem Friedhof an. Die Grabstelle ist deutlich erkennbar an dem frischen Erdhügel, dem darüber hängenden Kiefernsarg und dem Rabbi, der mit den Friedhofsgärtnern daneben steht. Ein paar andere Leute haben sich ebenfalls in der Nähe eingefunden. Carl parkt auf dem Seitenstreifen der schmalen Straße.
    Janie steigt aus und hilft ihrer Mutter vom Beifahrersitz. Die drei gehen zusammen über den Friedhofsweg, während der Rabbi ihnen entgegenkommt, um sie zu begrüßen.
    »Guten Morgen. Ich bin Rabbi Ari Greenbaum.« Er streckt die Hand aus.
    Janie nimmt sie. »Ich bin Janie Hannagan. Das sind meine Mutter, Dorothea Hannagan, und mein Freund, Carl Strumheller. Ich bin die Tochter des Verstorbenen.« Sie ist stolz darauf, dass sie nicht über ihre Worte stolpert, aber sie hat sie im Stillen geübt. »Vielen Dank für Ihre Hilfe. Wir … keiner von uns ist jüdisch. Nicht wirklich, jedenfalls. Glaube ich.« Sie wird rot.
    Der Rabbi lächelt herzlich, die Neuigkeiten scheinen ihn nicht zu kümmern. Er dreht sich um und geht mit ihnen zusammen zur Grabstätte, wo er ihnen die Einzelheiten der Zeremonie erklärt und Kärtchen mit dem Text eines Psalms verteilt.
    Dorothea versucht, die Worte auf der Karte zu lesen und sieht zum Sarg. Starrt ihn an. Ihre Lippen beben, aber sie schweigt.
    Die Fremden treten hinzu und stehen um das Grab herum – es sind mehrere Männer und auch ein paar Frauen.
    »Sie sind aus meiner Gemeinde«, erklärt der Rabbi. »Die Männer haben den Leichnam für die Beerdigung vorbereitet und die Nachtwache bei ihm gehalten, und sie waren auch die Sargträger, die ihn hierher gebracht haben.«
    Dankbar sieht Janie auf. Obwohl sie das alles sehr fremdartig findet, ist es gleichzeitig auch schön. Wie aufmerksam von diesen Menschen, so etwas zu tun, sich die Zeit zu nehmen, zur Beerdigung eines Fremden zu kommen.
    Sie stehen wartend am Grab. Selbst die Vögel sind still, während die heißeste Zeit des Tages sich nähert.
    Janie starrt in das Loch. Sie sieht eine Baumwurzel, frisch gekappt, deren weißes Ende aus der Erde ragt. Sie stellt sich vor, wie der Sarg am Boden steht, unter all der Erde, wie die Wurzeln darum herumwachsen und ihn umschlingen, ihn ergreifen, den Sarg durchbrechen und auch vom Körper Besitz ergreifen. Sie schüttelt den Kopf, um ihn klar zu bekommen, und sieht stattdessen in den blauen Himmel.
    Sie hört, wie hinter ihr noch weitere Autos ankommen. Sie sieht sich um und erblickt zwei weiße und zwei schwarze Wagen. Die Sergeants Baker, Cobb und Rabinowitz steigen aus, in Uniform. Hinter den Polizisten steigt Captain aus einer schwarzen Limousine.
    Charlie und Megan Strumheller kommen ebenfalls, braun von ihrer Urlaubswoche am See. Und dann fährt Ethel mit Carrie und Stu vor. Janies Augen füllen sich mit Tränen. In der Ferne sieht sie einen großen braunen UPS -Laster die schmale Straße zum Friedhof entlangrumpeln.
    Sie kann es nicht fassen, dass all diese Menschen gekommen sind. Ungläubig sieht sie Carl an. »Woher wissen sie das?«
    Lächelnd zuckt er mit den Achseln.
    Es ist so weit.
    Der Rabbi begrüßt die kleine Gemeinschaft am Grab und hält eine kurze Rede.
    Anschließend spricht er die Worte:
    »Möge er in Frieden ruhen.«
    Bevor Janie es realisiert, senken die Friedhofsgärtner den Sarg ins Grab, und gleich darauf sehen alle von oben auf ihren Vater in einer Kiste herab. Dorothea schnieft laut und schwankt. Janie, die direkt neben ihr steht, fasst ihre Mutter um die Schultern und hält sie, während der Rabbi weiterspricht.
    Als Janie dem Auf und Ab der Worte des Rabbi folgt, dem Singsang der Psalmen, scheint auch ein Teil ihres eigenen Lebens in der Kiefernkiste dort unten zu

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