Slow Travel: Die Kunst Des Reisens
können, ihn zu betreten, selbst wenn sie wollten – dennoch den Swimmingpool und die makellos gekleideten Kellner sehen können, die den absurd jungen und attraktiven Jungs und Mädels ihren Champagner servieren. Ehrlich gesagt war ich ziemlich beeindruckt von der schieren Vulgarität und Oberflächlichkeit, die dort herrschte. Alles war voller junger Frauen mit üppigen Haaren und ausgestopften Bikinis, die neben gebräunten Männern mit eisernen Bauchmuskeln und Dreitagebärten lagen und munter kicherten.
Etwas weiter oben entdeckte ich einen weiteren Strand-club, der etwas – aber wirklich nur etwas – weniger Blicke auf sich zog. Er nannte sich »Buddha Beach Bar«, und als ich wieder in England war, fand ich heraus, dass auf der zugehörigen Website stolz damit geprahlt wurde, welche Fußballspieler dort verkehrten. An dem Tag, als ich dort war, habe ich tatsächlich einen Fußballer gesehen, er fiel auf, weil er der Einzige in einer Gruppe von Leuten in winzigen Badekostümen war, der Kleider trug. Er sah etwas eigenartig aus, wie er in Hosen, Hemd und einer dünnen Jacke mit all diesen Halbnackten plauderte. Doch dann begriff ich, dass er auf diese Weise seinen Status geltend machte. Je weniger man das »Recht« hat, dort zu sein, desto weniger Kleidung darf man tragen. Da er ein Fußballer war – so etwas wie der Heilige Gral für diese Leute –, musste er angezogen bleiben.
Davon abgesehen, dass die Verunglimpfung des buddhistischen Glaubens vermutlich ironisch gemeint war – ich kann mir nicht vorstellen, wie Buddha das eitleCocktailgeschwätz ertragen hätte –, schien er viel kleiner als der Ocean Club Marbella zu sein. Praktischerweise gab es einen Aussichtspunkt, von dem aus man die Leute im Club bequemer begaffen konnte. Es war, als würde man sich über ein Gatter lehnen und ein Feld voller Schafe betrachten. Ich schämte mich kein bisschen, als ich die Menschen in den Strandclubs mit offenem Mund anstarrte, denn ich sagte mir, wenn sie nicht von Leuten wie mir angestarrt werden wollten, wären sie gar nicht erst hierhergekommen.
Die Gäste der Buddha Beach Bar und des Ocean Club Marbella brachten mich auf die Frage, was der eigentliche Zweck eines Urlaubs ist. Vielleicht sind wir unbewusst alle auf ein derartiges Erlebnis aus – uns wie eine Berühmtheit zu fühlen oder uns, wenn auch nur kurz, in den reichen und schönen Teenager zu verwandeln, um den sich heute in der Populärkultur alles dreht. Wir brauchen etwas Wunderbares, wovon wir träumen können, während wir unseren meist profanen Tätigkeiten nachgehen, um die Hypothek und all die anderen monatlichen Rechnungen bezahlen zu können. Die Buddha Beach Bar und der Ocean Club Marbella bieten eine Form von Glückseligkeit, die für einige Leute offensichtlich funktioniert – und wenn wir ehrlich sind, haben wir alle eine Version davon in unseren Köpfen. Wir träumen vielleicht nicht gerade von den Boutiquen, Booten und Strandclubs von Puerto Banus, aber wir sind alle auf der Suche nach irgendetwas, wenn wir uns aufmachen, um unsere zwei Wochen Urlaub in der Sonne zu verbringen. Flucht, Vergessen, ein paar Wochen entspannen und ein Buch lesen – sind das nicht alles Varianten jener Fantasie, die die luxuriösen Hotelresorts um jeden Preis erfüllen wollen? Ich habe jedenfalls Urlaube verbracht, deren einziger Zweck es war, mich in eine Art Betäubungszustand zu versetzen, der mich mein Leben und meinen Job zu Hause vergessen ließ.
Das ist jedoch nur selten eine lohnende Erfahrung. Allzu oft kollidieren die von Prospekten und Broschüren heraufbeschworenen Vorstellungen und Erwartungen, wie unsere Ferien sein sollten, mit der Realität, die wir vorfinden, wenn wir angekommen sind. Ich habe einmal eine Sammlung von Geschichten über desaströse Ferien zusammengestellt, um diesem Gedanken nachzugehen. Chris Donald, der Gründer von Viz , schrieb über seine Pauschalreise in ein Vier-Sterne-Ferienresort in der Karibik, die so teuer wie ein »kleines Wohnhaus« war:
Ich verbrachte die meiste Zeit damit, mich im Badezimmer einzuschließen, um um jeden Preis zu vermeiden, dass das Hotelpersonal auf mich aufmerksam wurde. Diese Mistkerle bedienten einen von Kopf bis Fuß. Jede Tür wurde für einen geöffnet, beim Abendessen wurden die Stühle abgerückt – und dann wieder zurückgerückt, sobald man seinen Arsch darauf niederließ …
In Wirklichkeit kann die Vorstellung von den perfekten Ferien mit einem unbegrenzten
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