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Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Titel: Slow Travel: Die Kunst Des Reisens
Autoren: Dan Kieran
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und könnte daher auch biologisch behandelt werden. Also begannen die Isaacsons damit, ihren Sohn mit einem Medikamentencocktail zu füttern, den er nur trank, wenn er mit einer Schokoladenmilch gemischt war, die sehr viel Zucker enthielt, was die Anfälle noch verschlimmerte. Trotz dieser und einer Vielzahl von anderen Behandlungen und Herangehensweisen zeigte sich kaum eine Wirkung. Rowan verlor sich immer mehr in seiner eigenen Welt, sprach sehr wenig und wenn, dann wiederholte er nur Wörter, die er von anderen oder im Fernsehen aufgeschnappt hatte.
    Doch dann fanden Rupert und Kristin eine Therapieform, die ihr Sohn liebte – nämlich im Wald hinter dem Haus herumzurennen. Rowan schien auch einen Draht zu Tieren zu haben. Er reagierte nicht nur auf Bilder von Tieren, sondern sie schienen ganz selbstverständlich mit ihm auszukommen: Sie ließen es zu, dass er mit ihnen spielte und so mit ihnen umsprang, wie sie es sich normalerweise von anderen Menschen nicht gefallen lassen würden. Eines Tages ereignete sich ein Durchbruch, als Rowan auf dem Grundstück des Nachbarn in eine Herde von fünf Pferden hineinrannte. Isaacson, der selbst ein passionierter Reiter und Pferdetrainer ist, hatte Rowan absichtlich von größeren Tierenferngehalten, weil sie ihm eventuell gefährlich werden konnten. Entsetzt schildert er, was nun geschah:
    Er warf sich auf den Boden, direkt vor die Alpha stute, die Herdenanführerin, ein großes braunes Quarter Horse namens Betsy. Ich erstarrte. Jede plötzliche Bewegung von ihm oder mir konnte sie erschrecken, so dass sie womöglich auf ihn drauftrampelte und ihn verletzte. Ich kannte die Stute. Sie ließ sich ruhig reiten, war aber den anderen Pferden gegenüber notorisch gereizt und außerdem deren unbestrittener Chef. … Sie stand reglos da, genau wie die anderen vier Pferde, atmete durch die Nüstern, unsicher, was sie von diesem seltsamen menschlichen Wesen halten sollte, das da direkt vor ihren Hufen herumwuselte. Sie senkte den Kopf zu Rowans weicher, zappelnder Gestalt und kaute ab – das Zeichen von Unterwerfung bei Pferden.
    Trotz seiner jahrelangen Erfahrung mit Pferden hatte Isaacson dergleichen noch nie gesehen. Als er Rowan anschließend auf Betsys Rücken legte, wurde der Junge ganz ruhig und begann auf eine Weise zu sprechen, wie er es noch nie getan hatte.
    Der zweite Vorfall, der die Familie zu ihrer abenteuerlichen Reise inspirierte, ereignete sich wenige Wochen später. Isaacson hatte einige Jahre bei den Buschmännern in der Kalahariwüste verbracht, den letzten Abkömmlingen der Jägerund-Sammler-Völker, die seit 80 000 Jahren in Afrika leben. Er hatte selbst erlebt, wie die Buschmänner Menschen geheilt haben, und dabei geholfen, Geld für eine Amerikareise zu sammeln, um ihren Kampf gegen die Regierung von Botswana bei der UNO publik zu machen. Jetzt kamen die Buschmänner nach Amerika, um sich mit anderen Heilernzu treffen, Stammesführern und Schamanen aus der ganzen Welt, und sich von ihnen berichten zu lassen, wie sie für ihre Landrechte gekämpft hatten, und die Isaacsons würden auch dabei sein.
    Als die Familie auf der Versammlung in den Big Bear Mountains östlich von Los Angeles eintraf, benahm sich Rowan so wie üblich, rannte herum, verursachte ein Durcheinander und erschreckte einige Leute. Dann sagte ein Heiler aus Simbabwe namens Mandaza zu Isaacson, Rowan sei »einer von uns«, und fragte, ob er sich zu ihm setzen könne. Mandaza ließ seine Hände über Rowans Kopf und Rückgrat gleiten. Isaacson erwartete, dass sein Sohn »ausflippen« würde, wie er es normalerweise tat, wenn ihn ein Unbekannter berührte, doch Rowan wurde ganz ruhig und fing an zu kichern. Später am Tag, als sie durch den Wald gingen, fing er zum ersten Mal von sich aus an zu sprechen. In den folgenden Tagen spielte er mit anderen Kleinkindern, was er noch nie getan hatte. Doch als die Familie wieder nach Hause kam, kehrte er zu seinem »normalen« Verhalten zurück.
    Zu diesem Zeitpunkt begann Isaacson zu den beiden Themen zu recherchieren, die bislang den positivsten Einfluss auf Rowans Leben gezeigt hatten: schamanische Heilkunst und Pferde. Er fand heraus, dass es in der Mongolei bereits in der Eiszeit die ersten Pferde gab und auch die Schamanen ursprünglich von dort stammten; Schamanismus und Buddhismus waren die Staatsreligionen. Die mächtigsten Schamanen lebten angeblich unter den Rentiermenschen in den nördlichsten Ausläufern der Mongolei. Es brauchte
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