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Small World (German Edition)

Small World (German Edition)

Titel: Small World (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Figur gemacht. Aber das war jetzt auch schon wieder ein Vierteljahrhundert her.
    »Das verlernt man nie, das ist wie Radfahren. Und das Material hat sich so entwickelt, da fährst du besser als damals.«
    Tomi kippte seinen Whisky. »Wir fahren nach Bariloche«, bestimmte er. »Das bringt uns auf andere Gedanken.«
    Koni nickte nicht.
    »Was du brauchst, besorgen wir dir dort. Sieh zu, daß dein Paß noch gültig ist. Wir fliegen am Sonntag.«
    Koni nickte nicht.
    Tomi hielt sein leeres Glas hoch. Als Charlotte kam, sagte er: »Bring ihm auch einen.«
    »Lieber nicht«, sagte Koni. Aber nicht laut genug für Charlotte, die schon wieder unterwegs zum Buffet war.
    »Die kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Charlotte?«
    »Nein, die, bei der du wohnst. Sollte ich sie kennen?«
    »Sie ist die Witwe vom Röbi Fries.«
    »Ach, die Witwe vom Röbi Fries? Die hat doch bestimmt auch ihre Fünfzig auf dem Buckel. Mindestens.«
    »Ich habe sie nicht gefragt.«
    »Aber noch ganz knackig.«
    Koni nickte.
    »Säufst du deshalb nichts?«
    »Auch.«
    Charlotte brachte die zwei Whiskys. Tomi hob sein Glas.
    »Auf Bariloche.«
    Koni nickte.
    Als Konrad Lang kurz vor Mitternacht noch immer nicht aufgetaucht war, vergaß Rosemarie Haug ihren Stolz und wählte seine Nummer. Besetzt.
    Kurz nach Mitternacht versuchte sie es wieder. Immer noch besetzt.
    Als um ein Uhr immer noch besetzt war, rief sie den Störungsdienst an und erhielt die Auskunft, der Teilnehmer habe nicht richtig aufgelegt.
    Wenn er nicht wollte, daß ich ihn anrufe, hätte er den Stecker rausgezogen, sagte sich Rosemarie und bestellte ein Taxi.
    Es war das dritte Mal, daß Othmar Bruhin wegen Konrad Lang aus dem Schlaf gerissen wurde. Er hatte diesmal Frühschicht, und der Wecker hätte in anderthalb Stunden geklingelt. Als er auf die Uhr schaute, wußte er, daß es zu früh war, um aufzustehen, und zu spät, um noch einmal einzuschlafen.
    Entsprechend war seine Laune, als er unten die Tür öffnete.
    Die Frau, die vor ihm stand, war das, was sein Vater »eine Dame« zu nennen pflegte, das sah er auch im schwachen Licht des Treppenhauses. Sie war etwas verlegen, aber nicht so, wie es der Situation angemessen gewesen wäre. Ziemlich bestimmt verlangte sie, von ihm zu Langs Wohnungstür gebracht zu werden. Sie hätte schon ein paarmal geklingelt, aber er mache nicht auf.
    »Vielleicht ist er nicht zu Hause«, brummte Bruhin.
    »Es brennt aber Licht.«
    »Vielleicht hat er es brennen lassen. Vielleicht schläft er.«
    »Der Hörer ist nicht richtig aufgelegt.«
    »Vielleicht will er nicht gestört werden. Soll ja vorkommen«, schlug Bruhin vor. Irgend etwas provozierte ihn an der Frau.
    »Hören Sie, ich mache mir Sorgen, daß etwas passiert ist. Wenn Sie mir nicht aufmachen und es ist etwas passiert, werde ich Sie dafür verantwortlich machen.«
    Da ließ Bruhin sie herein und führte sie in den dritten Stock.
    Sie klingelten und klopften, polterten und riefen, bis das halbe Haus zusammengelaufen war. Konrad Lang reagierte nicht. Bruhin hätte alle wieder ins Bett geschickt, wenn die Klaviermusik nicht gewesen wäre. Wegen ihr ließ er sich schließlich überreden, den Passepartout zu holen.
    Es steckte kein Schlüssel von innen. Bruhin und die Frau gingen hinein und erschraken: Konrad Lang lag halb entkleidet auf dem Boden des Wohnzimmers, ein Bein auf einem Fauteuil, Mund und Augen halb geöffnet. Auf dem Tisch stand eine halbleere Flasche Whisky neben einem Keyboard, aus dem die immer gleichen Begleittakte eines Walzers erklangen. Mtätä, mtätä, mtätä, mtätä… Das Zimmer stank nach Alkohol und Erbrochenem.
    Rosemarie kniete neben ihm nieder. »Koni«, flüsterte sie, »Koni«, und fühlte seinen Puls.
    Konrad Lang stöhnte. Dann hielt er den Zeigefinger an die Lippen. Psst.
    »Wenn Sie mich fragen, der ist besoffen«, konstatierte Bruhin und ging.
    Die Hausbewohner, die gespannt vor der Wohnungstür warteten, beruhigte er: »Alles in Ordnung. Besoffen.«
    Als Konrad Lang erwachte, lag er in seinem eigenen Bett, das wußte er, auch ohne die Augen zu öffnen. Er erkannte den Verkehrslärm wieder: die Autos, die an der Ampel hielten, warteten, wieder anfuhren; die Trams, die an der Haltestelle klingelten.
    Sein Kopf tat weh, seine Augenlider schmerzten, sein Mund war trocken, und sein Arm fühlte sich an, als ob er dumm drauf gelegen hätte. Er hatte ein ungutes Gefühl, wie wenn er etwas zu bereuen hätte, an das er sich noch nicht erinnern konnte.
    Langsam

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