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Small World (German Edition)

Small World (German Edition)

Titel: Small World (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Gefühl, unsere Schicksale seien ganz eng verbunden, ob wir das nun wollen oder nicht?
Wir sind hier auf einer kleinen, sentimentalen Reise durch Italien. Als wir unter den Arkaden am Markusplatz zu Mittag aßen, sah ich uns plötzlich wieder als kleine Buben, wie uns Elvira und Anna abwechselnd fotografiert hatten. Erinnerst Du Dich? Du wolltest eine Taube fangen und bist gestürzt und hast Dir das Knie blutig geschlagen. Anna hat es Dir in dem Restaurant, in dem wir heute aßen, ausgewaschen und mit einer Damastserviette verbunden. Elvira wurde schlecht, wegen dem Blut.
Wie lange ist das her? Sechzig Jahre oder sechs Tage?
Nächste Woche sind wir wieder in der Schweiz. Du wirst überrascht sein, wenn Du Rosemarie kennenlernst.
Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute.
In alter Freundschaft
    Dein Koni
    Thomas Koch konnte sich nicht daran erinnern, mit Koni als Kind in Venedig gewesen zu sein.
    »Gehen wir ein paar Schritte?« fragte Elvira. Die Herren am Tisch erhoben sich. Thomas reichte ihr den Arm. Sie schlenderten durch den festlichen Park.
    »Was bedrückt dich?«
    »Nichts, warum?«
    »Du grübelst.«
    »Wenn das einzige Kind heiratet.«
    Elvira lächelte. »Das schmerzt nur beim ersten Mal.«
    Jetzt lächelte auch Thomas. Sie setzten sich auf eine Bank, abseits vom Geschehen.
    »Waren wir einmal als Kinder in Venedig, Koni, ich, du und Anna?«
    Elvira horchte auf. »Warum fragst du?«
    »Koni hat aus Venedig geschrieben. Er erinnert sich, wie ich auf dem Markusplatz eine Taube gejagt und mir das Knie aufgeschlagen habe. Anna habe die Wunde mit einer Serviette verbunden und dir sei schlecht geworden.«
    »Dummes Zeug«, antwortete Elvira.
    Das Hochzeitsfest dauerte bis spät in die Nacht. Als es dunkel wurde, zündete man im Garten Lampions und Fackeln an. Das »Pasadena Roof Orchestra« spielte English Waltz und Foxtrott, und die Paare tanzten auf der großen Terrasse. Beim kleinen Pavillon in den Rhododendren sang einer zur Gitarre, der wie Donovan klang und auch Donovan war, und im großen Zelt saß George Baile am Flügel und spielte aus dem American Songbook .
    Um elf Uhr stieg ein großes Feuerwerk, das die Menschen in den Boulevard-Cafés in der Stadt unten verwundert beklatschten. Ab da gingen die ersten Gäste.
    Urs drehte bis nach Mitternacht seine Runden und wurde zusehends betrunkener. Simone versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen, und es bedurfte des diskreten, aber energischen Eingreifens Elviras, bis das Brautpaar endlich in die wartende Limousine stieg. »Just married!«
    Kurz vor zwei setzte sich Thomas Koch mit schwerer Schlagseite zu George Baile an den Flügel und begann Oh when the Saints zu spielen, gutmütig sekundiert vom Pianisten (dessen Honorar von achtzehntausend Franken solche Eskapaden seiner Auftraggeber gerade noch rechtfertigte) und begeistert applaudiert vom harten Kern der Gäste.
    Um drei Uhr gingen die letzten. Das erschöpfte Personal löschte die Lampions und die Fackeln, die noch schmauchten.
    Thomas Koch nahm sich ein Bier mit ins Zimmer. Als er sich damit auf den Bettrand setzte, fiel sein Blick auf eine Notiz in der Handschrift seiner Frau.
    »Kann ich Dich morgen sprechen? Schlage vor: nach dem Mittagessen in der Bibliothek. Elli«
    Am Nachmittag des folgenden Tages hielt es Elvira Senn nicht mehr aus. Sie mußte Konrad Langs Brief sehen. Sie spazierte den Weg vom »Stöckli« zur Villa hoch. Die Zelte waren abgebrochen, die Spuren des Festes verschwunden.
    Thomas bewohnte einen Trakt der Villa, Elli einen anderen, Urs den Turm. Die großen Gesellschaftsräume wurden nach Bedarf von allen genutzt.
    Als Elvira die Halle betrat, kam Elli gerade aus der Bibliothek, winkte ihr zu und ging die breite Freitreppe zum ersten Stock hinauf.
    Thomas erschien in der Bibliothekstür. »Elli!« Er bemerkte seine Stiefmutter. »Sie will sich scheiden lassen. Verstehst du das?«
    Elvira zuckte die Schultern. Sie verstand nicht, wie man sich scheiden lassen konnte, aber es überraschte sie nicht. Sie wußte, daß es schwer war, mit Thomas zu leben, und daß eine Frau, wenn sie sich einmal zur Scheidung von ihm entschlossen hatte, vor Gericht auf jeden Fall recht bekommen würde. Dann ging es nur noch um Schadensbegrenzung. Elvira verfügte über die richtigen Anwälte für solche Angelegenheiten. Sie kannte Elli als vernünftige und realistische Frau, mit der sich reden ließ. Die Scheidung an sich war einfach zu handhaben. Mühsam war nur Thomas mit seinem verletzten Stolz.
    Sie

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