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Small World (German Edition)

Small World (German Edition)

Titel: Small World (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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stellte das Album ins Regal zurück. Es war dunkel geworden. Sie machte Licht und ging zum Fenster. Als sie die Vorhänge zuzog, sah sie für einen Moment ihr Spiegelbild in der Scheibe. Es lächelte.
    »Der Löwe wird von einem Tiger gefressen. Welches Tier ist tot?« fragte ihn Dr. Wirth. Da wußte Konrad Lang, daß er verarscht werden sollte.
    »Der Tiger«, antwortete er. Dr. Wirth machte sich eine Notiz.
    »Reingefallen«, lachte Konrad.
    »Das ist kein Spiel, Herr Lang«, mahnte Dr. Wirth ernst.
    »Was denn sonst? Ein besonders blödes Spiel ist das sogar. Was haben eine Banane und ein – Dings gemeinsam, was für Sachen liegen unter diesem Tuch, zeichnen Sie eine Uhr. Ich bin doch kein Kind! Ich konnte schon die Uhr lesen, da waren Ihre Eltern noch gar nicht auf der Welt.«
    »Es ist wichtig, daß wir diesen Test machen, er hilft uns bei der Diagnose.« Dr. Wirth hielt einen kleinen Gummihammer hoch. »Wie nennt man diesen Hammer?«
    »Wechseln Sie jetzt nicht das Thema.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Weil ich es Ihnen vor ein paar Minuten gesagt habe.«
    »Keine Ahnung.«
    »Reflexhammer«, sagte Dr. Wirth und machte sich eine Notiz. Genüßlich, wie es Konrad schien.
    »Meinen Sie eigentlich, ich merke nicht, was hier läuft? Sie wollen mich vor ihr als senilen Knacker hinstellen, weil Sie es selbst auf sie abgesehen haben.«
    »Auf wen?«
    »Auf Elisabeth, natürlich.«
    Dr. Wirth machte sich eine Notiz. »Sie meinen, Rosemarie.«
    »Sag ich ja.«
    »Nein, Elisabeth haben Sie gesagt.«
    Konrad gab keine Antwort. Er holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Immer wieder hatte er sich vorgenommen, sich von Dr. Wirth nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Und immer wieder hatte der es doch geschafft. Er wußte, wie er ihn verunsichern konnte. »Zeichnen Sie das, welches Datum haben wir heute, was ist das, wozu benützt man es, erkennen Sie die Person auf diesem Foto?« Der Mann war Psychologe und darin geschult, Leute wie ihn aus dem Konzept zu bringen. Und wenn er das einmal geschafft hatte, konnte er ihn mit kinderleichten Fragen hereinlegen. Mit Fragen, auf die er unter normalen Umständen, ohne nachzudenken, die richtige Antwort gewußt hätte. Aber das waren keine normalen Umstände.
    Nur weil Konrad Rosemarie versprochen hatte, die Tests durchzustehen, sagte er schließlich: »Machen wir weiter.«
    »Wir sind fast durch«, sagte Dr. Wirth. »Ich bitte Sie jetzt, mir ein Sprichwort zu erklären. Es lautet: ›Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.‹«
    Konrad Lang überlegte einen Moment. Dann stand er auf. »Ich bin doch kein Fünfjähriger«, sagte er, ging aus dem Sprechzimmer, durchs Vorzimmer und hinaus auf den Gang.
    Dr. Wirth folgte ihm. »Lassen Sie sich wenigstens ein Taxi bestellen«, rief er ihm nach.
    Aber Konrad Lang war bereits im Lift und hatte den Knopf gedrückt. Die automatische Tür schloß sich, und der Lift fuhr an.
    Im obersten Stockwerk stieg Konrad Lang aus und konnte den Ausgang nicht finden.
    Nach einer Weile kam Dr. Wirth, brachte ihn zum Lift und fuhr mit ihm hinunter zum Ausgang.
    Vor dem Haus stand ein Taxi. Dr. Wirth nannte dem Fahrer eine Adresse.
    Als das Taxi am Ziel ankam, erwartete ihn Rosemarie am Gartentor.
    Im Frühling fuhr Rosemarie mit Konrad nach Capri. Sie wußte, daß die Reise sehr anstrengend sein würde, Konrad wurde zusehends komplizierter. Aber er sprach in letzter Zeit immer wieder von Capri, wie wenn sie zusammen dort gewesen wären. So kam sie auf die Idee, sich gemeinsame Erinnerungen an Capri zu schaffen.
    Sie mietete bei einem Limousinenservice einen großen Mercedes mit Fahrer. Sie kam sich zwar etwas versnobt vor, aber eine Tramfahrt mit Konrad war schon nervenaufreibend genug, eine Bahn- oder Flugreise wollte sie ihm und sich ersparen.
    Konrad genoß die Fahrt in der Limousine, als wäre er sein ganzes Leben nur mit Chauffeur gereist. Erst als sie in Neapel das Aliscafo bestiegen und er die Koffer nicht mehr sah, geriet er kurz in Panik.
    Als das Boot vor der Hafeneinfahrt das Tempo drosselte und die Tragflächen wieder eintauchten, legte Konrad den Arm um ihre Schultern und zog sie immer wieder fest an sich, als wollte er sagen: »Weißt du noch?«
    Konrad kannte jeden Pfad und jede Bucht auf Capri. Er führte Rosemarie zu den Ruinen der Tiberius-Villa, er aß mit ihr junge rohe Saubohnen im Garten einer Trattoria unter Zitronenbäumen, und er führte sie durch die Villa Fersen,

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