Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Small World (German Edition)

Small World (German Edition)

Titel: Small World (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
Vom Netzwerk:
Reserve-Umwälzpumpe und einem Gewirr von isolierten Rohren, die alle Gebäude des Grundstücks zentral beheizten. Dort, wo die Rohre den Heizungsraum verließen, waren sie ordentlich aufgereiht, mit Ventilen und blauen Kunststoffschildern versehen. »Garage« stand darauf oder »Turm«, »Stöckli«, »Gärtnerei«, »Westflügel« oder »Dach«. Die »Villa Rhododendron« war zentralheizungstechnisch in Module aufgeteilt, die nach Bedarf ein- oder ausgeschaltet werden konnten.
    Das Licht im Heizungsraum ging aus. Schöller tastete sich zum gelblich leuchtenden Lichtschalter. Es wurde wieder hell im Raum. Er ging zurück zu den Ventilen und drehte eines zu. »Gästehaus« stand auf dem Schild.
    Sophie Berger machte sich keine Illusionen darüber, daß ihre beruflichen Wiedereinstellungspläne durch diese Panne einen empfindlichen Rückschlag erlitten hatten. Selbst wenn man ihr zugute hielt, daß der Fluchtversuch raffiniert eingefädelt war, würde der private Pflegedienst wohl in Zukunft auf ihre Dienste verzichten. Dr. Wirth, den man aus einem Restaurant weggeholt hatte, in welchem man um diese Jahreszeit vier Wochen im voraus reservieren mußte, hatte nicht den Eindruck erweckt, als würde er ihr noch eine Chance geben wie damals, nach dem ersten Zwischenfall mit Konrad Lang.
    Er hatte ihr ziemlich barsch gesagt, sie solle den Patienten am Monitor überwachen und ihn oder Dr. Stäubli benachrichtigen, wenn er erwachen sollte. Auf keinen Fall solle sie sein Zimmer betreten.
    Diese Auflage befolgte sie gern. Sie verspürte nicht die geringste Lust, dem Alten noch einmal zu begegnen. Daß er sie in solche Schwierigkeiten brachte, nahm sie ihm persönlich übel. Sie hatte früher immer einen guten Draht zu verwirrten Patienten gehabt. Besonders zu männlichen. Was konnte sie dafür, daß sie ihn an jemanden erinnerte?
    Und so saß sie im Stationszimmer und starrte auf den Monitor. Konrad Lang lag auf dem Rücken und schlief mit weit aufgerissenem Mund. Vielleicht könnte sie eine Umschulung als Zahnarztgehilfin machen? Oder vielleicht ganz weg aus dem Medizinischen. Vielleicht in einer Bar arbeiten, wo die alten Knacker nicht Reißaus nahmen, wenn sie sie sahen.
    Und wo es nicht so kalt war wie bei reichen Leuten. Sie stand auf, holte eine Decke, setzte sich in den einzigen bequemen Sessel, deckte sich zu und behielt den Monitor im Auge.
    Sie erwachte, weil sie fror. Es war beinahe sechs Uhr. Am Monitor schlief Konrad Lang noch immer mit weit offenem Mund. Nur hatte er jetzt die Bettdecke weggestrampelt und sein Nachthemd war hochgerutscht.
    Sophie Berger stand auf und ging leise ins Schlafzimmer hinunter. Sie nahm die Decke vom Boden und deckte Konrad Lang zu. Er war schweißbedeckt, obwohl das Zimmerthermometer nur zwölf Grad anzeigte.
    Sie ging zurück ins Stationszimmer und rief Herrn Hugli in der Gärtnerei an. Es dauerte eine Weile, bis er sich meldete.
    »Hier ist Berger, die Nachtschwester vom Gästehaus. Ist etwas mit der Heizung?«
    Die Heizung war eigentlich nicht Herrn Huglis Gebiet. Aber um sechs Uhr morgens fühlte er sich auch dafür zuständig. Er ging in den Heizungsraum und fand nach einiger Zeit heraus, daß das Ventil der Verteilerleitung zum Gästehaus zugedreht war. Er öffnete es und rief die Nachtschwester zurück. »Alles in Ordnung«, meldete er. Er wollte niemanden in Schwierigkeiten bringen.
    Als kurz nach sieben die Tagesschwester Irma Catiric eintraf, war es etwas wärmer geworden im Gästehaus. Trotzdem war ihre erste Frage: »Ist etwas mit der Heizung? Hier ist es kalt wie in einem Kühlhaus.«
    »Es sei alles in Ordnung, ich habe mich erkundigt.«
    Schwester Irma ging ins Schlafzimmer, kam kurze Zeit später wieder heraus, ging wortlos zum Telefon und wählte Dr. Stäublis Nummer.
    »Pneumonie«, sagte sie nur. Dann legte sie wieder auf.
    »Sind Sie eigentlich blind?« fauchte sie Sophie Berger im Vorbeigehen an.
    »Man hat mir verboten, das Zimmer zu betreten«, wollte sie sagen. Aber Schwester Irma war schon wieder in Konrad Langs Zimmer verschwunden.
    Obwohl Konrad Lang körperlich in keinem schlechten Zustand war, warf ihn die Lungenentzündung weit zurück.
    Seine Verwirrtheit nahm durch den Sauerstoffmangel noch zu, die Antibiotika schwächten ihn, er aß nicht und mußte den ganzen Tag an der Infusion hängen. Er war nur mit vereinten Kräften aus dem Bett zu bringen, blieb passiv bei der Physiotherapie und war kaum ansprechbar. Nur wenn Schwester Ranjah kam, legte er die

Weitere Kostenlose Bücher