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Small World (German Edition)

Small World (German Edition)

Titel: Small World (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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zeigte auf die Fotoalben.
    Armin Frei begriff. »Ach so. Das haben wir beim Sechzigsten meines Vaters auch gemacht. Mit alten Fotos.«
    »Eben«, sagte Simone.
    »Eben«, drängte Karl Welti.
    Die neun Alben stammten aus verschiedenen Epochen. Die meisten aus den späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren, mit dem massigen, etwas hemdsärmeligen Edgar Senn und einer Elvira, die neben ihm zart, elegant und distanziert wirkte wie die Demoiselle neben König Babar. Auf den wenigsten war Thomas Koch zu sehen und auf gar keinem Konrad Lang.
    Eines stammte aus den ersten Nachkriegsjahren. Auf den meisten Fotos war Thomas abgebildet: Thomas in Schuluniform, Thomas im Tennisdreß, Thomas im Skianzug, Thomas zu Pferd, Thomas als Konfirmand. Auf einigen dieser Bilder war zudem der gleiche etwas ungelenke Knabe abgebildet, bei dem es sich wohl um Konrad handelte.
    Das zweitälteste Album mußte aus der Zeit vor dem Krieg stammen. Es war voller Aufnahmen von berühmten Plätzen aus aller Welt, auf fast allen war die junge Elvira zu erkennen mit manchmal einem, manchmal zwei kleinen Knaben.
    Das älteste Album stammte aus den Dreißigerjahren. Fast alle Fotos waren in der »Villa Rhododendron« oder in ihrem Park aufgenommen. Sie zeigten die kindliche Elvira und den ältlichen Wilhelm Koch.
    Und leere Stellen, an denen die weißen Überreste rausgerissener Fotos klebten.
    Am nächsten Tag ließ sich Simone von den drei Alben, in denen Konrad vorkam, Laserkopien machen. Und – sie wußte nicht, warum – von dem mit den herausgerissenen Bildern auch. Danach ging sie noch einmal ins »Stöckli« und legte alle neun Alben in ihr Versteck zurück.
    Als sie gegen Mittag Konrad besuchte, empfing sie eine gereizte Schwester Irma Catiric. »Ißt nicht«, stieß sie vorwurfsvoll hervor, als wäre Simone dafür verantwortlich.
    Sie traf Konrad am Tisch vor einem unberührten Teller Gemüsecannelloni, einem Glas frischem Saft aus Karotten, Sellerie und Äpfeln und einer Schale Salat.
    Schwester Irma bückte sich nach der Serviette, die am Boden lag, und band sie ihm energisch um. »So, jetzt zeigen wir Ihrem Besuch, wie schön wir essen können.« In der Hektik konnten Schwester Irma solche Ausrutscher in den Krankenschwesterjargon schon einmal passieren.
    Konrad riß sich die Serviette vom Hals und warf sie auf den Boden. »Jetzt knallt’s dann«, knurrte er.
    Schwester Irma schickte einen Blick gegen den Himmel und ging hinaus.
    »Ich brauche deine Hilfe«, sagte Simone. Konrad schaute sie erstaunt an.
    »Ich habe hier ein paar Fotos mitgebracht und weiß nicht, was drauf ist.«
    Sie half ihm aufstehen (seit der Lungenentzündung war er an manchen Tagen etwas unsicher auf den Beinen), und sie setzten sich nebeneinander auf das Sofa. Simone hatte das Album mit den Fotos mitgebracht, auf denen manchmal der linkische Knabe abgebildet war, von dem sie annahm, daß es Konrad war.
    »Das hier, zum Beispiel. Kannst du mir sagen, wer die Leute sind?« Das Foto war auf einem Raddampfer aufgenommen. Es zeigte ein paar gleichaltrige Knaben mit Rucksäcken und einen Mann mit Rucksack und weißer Schirmmütze.
    Konrad brauchte nicht zu überlegen. »Das ist doch Baumgartner, unser Klassenlehrer. Während der Schulreise aufs Rütli. Das ist Heinz Albrecht, das Joseph Bindschedler, das Manuel Eichholzer, das Niklaus Fritschi, das da Richard Marthaler, Marteli nennen wir ihn, und der Dicke ist Marcel von Gunten. Tomi ist der ohne Rucksack.«
    »Warum hat Tomi keinen Rucksack?«
    »Wir haben einen zusammen.«
    »Und? Wie war die Schulreise?«
    »Als Furrer dieses Foto machte, hat es gerade einmal nicht geregnet.«
    »Wer ist Furrer?«
    »Der Geographielehrer. Das hier ist Tomi auf der ›Lanigiro-Skipiste‹ in St. Moritz. ›Lanigiro‹ heißt ›Original‹, rückwärts geschrieben, ein berühmtes Orchester, das oft in St. Moritz gespielt hat. Ich habe das Foto gemacht.«
    Konrad blätterte angeregt im Album. Alle Fotos, auf denen er abgebildet war, konnte er detailliert kommentieren. Wenn ihm ein Name von jemandem nicht gleich einfiel, konnte er sich ärgern wie jemand, dem das sonst nie passiert. »Ganz vorn auf der Zunge«, habe er ihn, sagte er immer wieder.
    Auch einige der Fotos, auf denen er nicht abgebildet war, konnte er erläutern. »Das hier ist Tomi auf ›Relampago‹, das heißt ›Blitz‹ auf spanisch. Da war ich noch auf dem Zellweger-Hof. Der Hengst war schon verkauft, als ich in die ›Rhododendron‹ zurückkam.«
    Ein Foto

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