Smaragdjungfer
ohne mit der Wimper zu zucken, ehe er eine wegwerfende Handbewegung machte. »In Ordnung, Witold, Sie haben mich erwischt. Ja, ich lebe unter einer falschen Identität. Und zwar schon seit über zehn Jahren. In meiner Branche ist man nicht erfolgreich, ohne sich ein paar Feinde zu machen. Wenn die herausfinden, wo ich mich aufhalte, bin ich ein toter Mann. Deshalb habe ich mir einen neuen Namen und eine neue Vita zugelegt.«
Grafs Miene verriet nicht, ob er Kastor glaubte. »Was ist mit Jasmin?«
»Sie war ein Teil meiner Vergangenheit, die ich hinter mir gelassen habe. Ich habe sie vor …«, er dachte kurz nach, »über zehn Jahren in Serbien kennengelernt. Bevor ich meine Identität änderte. Wir hatten eine kurze Affäre, und ich dachte, ich sehe sie nie wieder. Sie können sich sicher meine Überraschung vorstellen, als ich ihr eines Tages ausgerechnet hier in Wilhelmshaven in einem Restaurant wieder begegnet bin. Leider hat sie mich sofort erkannt. Damit sie den Mund über mich hält, habe ich ihr das Collier geschenkt. Und sie darüber hinaus für ihre Dienste fürstlich bezahlt. Auf die Weise hatte ich sie unter Kontrolle. Selbstverständlich wollte ich das Collier wieder an mich nehmen, nachdem ich sie tot in der Wohnung fand. Das Ding ist schließlich eine Menge wert. Aber das alles konnte ich der Polizei natürlich nicht auf die Nase binden, sonst hätte ich mich verraten. Ich musste improvisieren. Wobei ich leider, das muss ich zugeben, nicht sehr überzeugend war.« Er sah Graf offen in die Augen. »Wir arbeiten seit über einem Jahr zusammen, Witold. Haben Sie jemals das Gefühl gehabt, dass Sie mir nicht trauen könnten?«
Graf durchbohrte ihn förmlich mit seinem Blick. Lange. Kastor hielt ruhig stand. Schließlich wandte sich der Reeder ab, schenkte zwei Gläser Wein ein und reichte eins Kastor. Mit einer Handbewegung bot er ihm endlich Platz an.
»Nein. Also, nichts für ungut, Jerome.« Er hob sein Glas. »Auf fortgesetzte gute Zusammenarbeit. Wer immer Sie auch sind. Oder ursprünglich waren.«
Kastor setzte sich. »Was ist mit den Daten, die Jasmin gestohlen hat?«
»Gelöscht und nicht mehr zu rekonstruieren. Die Polizei konnte an keine einzige der gespeicherten Informationen herankommen.«
Graf hob erneut sein Glas. Kastor tat es ihm diesmal nach.
»Sie sollten in Zukunft solche Daten entweder gar nicht erst speichern oder sie nicht dort aufbewahren, wo man Sie Ihnen stehlen kann.«
»Dafür habe ich bereits gesorgt. Sie können also unbesorgt sein, Jerome. So ein Malheur passiert nie wieder.«
»Das hoffe ich. Und als Nächstes kümmere ich mich um diese Kommissarin. Vielmehr meine Leute tun das. Noch heute.«
»Nicht nötig. Ich habe bereits entsprechende Maßnahmen veranlasst. Danach ist diese Frau nie wieder ein Problem. Für niemanden.«
»Umso besser.« Kastor prostete Graf zu. »Auf das Ende eines Problems.«
Graf erwiderte die Geste und lächelte, ehe er sein Glas austrank und zur Seite stellte.
Kastor erhob sich. »Sie müssen mich entschuldigen, Witold. Ich habe noch ein paar Vorbereitungen zu treffen wegen heute Nacht.« Er reichte dem Reeder die Hand und sah ihm in die Augen. »Ich kann mich doch darauf verlassen, dass Sie das Problem mit der Kommissarin lösen?«
»Vollkommen. Sie haben mein Wort.«
Graf geleitete Kastor hinaus. Sein Wagen stand noch vor dem Haus, und er wies den Chauffeur an, seinen Gast nach Hause zu fahren, ehe er sich höflich von ihm verabschiedete.
Kastor nahm auf der Rückbank Platz. Mit ausdruckslosem Gesicht sah er aus dem Fenster, während er überlegte, was diese neue Entwicklung für ihn und seine Partner bedeutete. Dass Graf von seiner falschen Identität und seiner früheren Bekanntschaft mit Jasmin erfahren hatte, war unangenehm und konnte üble Folgen haben. Er zweifelte keinen Augenblick daran, dass der Reeder ihn genauso beseitigen würde, wie er das mit der Kommissarin plante, falls er zu dem Schluss kam, dass Kastor ebenfalls ein Problem für ihn darstellte. Doch das war ein Berufsrisiko, mit dem er schon lange lebte.
Schlimmer war die Sache mit den Daten. Falls Grafs Behauptung stimmte und sie tatsächlich gelöscht worden waren, dann war alles umsonst gewesen. Aber Kastor war nicht bereit, so schnell aufzugeben. Nicht solange noch ein Funken Hoffnung bestand. Er musste noch einmal in Jasmins Wohnung. Falls es noch eine Sicherungskopie gab, befand sie sich immer noch dort. Das Desaster, das sich gestern Abend in der
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