Smaragdjungfer
Wohnung ereignet hatte, erschwerte die Sache jedoch. Egal. Er musste es versuchen.
Zuallererst würde er sich aber um Kommissarin Rauwolf kümmern. Und zwar persönlich.
Nachdem der Wagen mit Kastor abgefahren war, kehrte Graf ins Wohnzimmer zurück und griff zum Telefon. »Ein neuer Auftrag«, sagte er, als sein Gesprächspartner sich meldete. »Kommissarin Rauwolf. Heute noch. Sie kennen die Adresse. Danach Kastor. Sobald der Deal heute Nacht über die Bühne gegangen ist, beseitigen Sie auch ihn.«
Er unterbrach die Verbindung und tätigte einen weiteren Anruf. Sein Mann bei der Polizei musste für sein Geld mal wieder was Größeres tun.
Malte Keller empfing Paula mit seinem gewohnten beruhigenden Lächeln, das ihr signalisierte, dass kein Problem unlösbar war und dass er sein Möglichstes tat, um ihr zu helfen. Außerdem verkniff er sich die Bemerkung, dass sie furchtbar aussah. Das wusste sie auch so. Sie war bleich, Augen und Nase waren rot vom Weinen. Außerdem hatte sie sich nicht die Mühe gemacht, ihre Haare zu kämmen, weshalb sie wirkten, als wäre sie gerade erst aufgestanden. Was gar nicht mal so falsch war, denn sie hatte die zwei Stunden bis zum Termin tatsächlich im Bett verbracht, geheult und sich sterbenselend gefühlt.
Sie setzte sich auf ihren gewohnten Platz und zeichnete wieder das Muster des Teppichs mit ihren Blicken nach, saugte sich förmlich daran fest und fühlte, wie ihr das Halt gab. Ein bisschen wenigstens.
»Eines Tages konfisziere ich den Teppich und nehme ihn mit nach Hause.«
Keller schenkte ihr Tee ein und schüttelte lächelnd den Kopf. »Dann hätte er nicht mehr dieselbe Wirkung. Ihr Geist verbindet ihn mit dieser Umgebung, weshalb er auch nur hier so gut funktioniert.« Er blickte sie fragend an.
»Lukas ist tot. Mein neuer Kollege. Er …«
Keller schob ihr die Taschentuchbox hin, noch ehe Paula die ersten Tränen kamen. Sie schnappte sich eins und vergrub ihr Gesicht darin.
»Das tut mir so leid, Frau Rauwolf. In Anbetracht Ihres Berufes war es wohl kein Unfall.«
Sie schüttelte den Kopf und erzählte ihm alles. »Und dann können wir den Mörder nicht mal festnehmen. Zu allem Überfluss wurde ich auch noch von dem Fall abgezogen und soll mich krankschreiben lassen. Verdammt!«
Keller sah sie mitfühlend, aber auch ernst an. »Ich muss Ihrem Vorgesetzten recht geben. Sie sind nicht dienstfähig. Der Tod Ihres Kollegen hat Sie retraumatisiert. Das Beste wäre wirklich, ich schreibe Sie krank und nehme Sie so schnell wie möglich wieder stationär auf. Mit etwas Glück kann ich Ihnen noch heute ein freies Bett besorgen.«
»Nein!« Paula schlug mit der Faust auf den Tisch, dass es krachte.
Keller ging nicht auf diesen Ausbruch ein.
»Tschuldigung.« Tränen traten ihr erneut in die Augen. Sie angelte nach einem weiteren Papiertaschentuch. »Aber das geht nicht. Ich kann mich doch nicht hier in der Klinik verkriechen, während Lukas’ Mörder draußen frei rumläuft und sich ins Fäustchen lacht, dass er es endlich geschafft hat, mich kaltzustellen.« Sie zuckte mit den Schultern. Der verletzte Arm protestierte nachdrücklich gegen diese Geste. »Ich darf zwar offiziell nicht mehr gegen ihn ermitteln, aber ich muss wenigstens vor Ort sein, um mitzukriegen, was die Kollegen rausfinden. Ich muss einfach. Können Sie das nicht verstehen?«
»Doch, ich verstehe das durchaus. Wahrscheinlich ginge es mir an Ihrer Stelle nicht anders. Allerdings muss ich objektiv sagen, dass das keine gute Idee ist.«
»Ich kann aber nicht anders, Herr Keller. Wenn ich nicht mit eigenen Augen sehen kann, dass der Mörder verhaftet und eingelocht wird, finde ich keine Ruhe. Wenn ich nicht selbst die Beweise sehe, die ihn überführen, und mich davon überzeugen kann, dass nicht mal der gewiefteste Winkeladvokat die aushebeln kann, hätte ich immer Angst, dass irgendwas daran doch nicht wasserdicht ist und er wieder freikommt. Ich hätte das Gefühl, die Toten im Stich zu lassen. Nicht nur Lukas. Auch Christopher.«
»Warum ihn?«
»Weil alles darauf hindeutet, dass der Hintermann, der für Christophers Tod mitverantwortlich war, derselbe ist, für den der Kerl arbeitet, der Lukas umgebracht hat. Ich kann mich nicht einfach ins Mauseloch verkriechen und meine Wunden lecken, während der Typ frei herumläuft. Damit könnte ich nicht leben. Bis der Mörder gefasst ist, halte ich durch. Mein Wort drauf.«
»Frau Rauwolf, Sie sind eine unglaublich starke Frau, die sich aber viel
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