Smart Magic
stellte dabei fest, dass er nichts hier vermissen würde. Ich hab alles dabei, was ich brauche. Alex und Karo, mein Handy, meine Musik. Klingt doch richtig gut.
»Sag Bescheid, dass ich gleich da bin«, rief ihm Karo hinterher, als er die Treppe hinunterpolterte. Unten im Hausflur schien das grelle Sonnenlicht durch die geöffnete Haustür, und Tom wollte schon hinausrennen, als die Wohnungstür aufging und der Alte aus den Schatten trat. Eine kalte Hand packte Tom an der Schulter und hielt ihn fest.
»Keine Dummheiten«, zischte sein Pflegevater ihm ins Ohr. »Du bist der Cleverste von euch, und du wirst dafür sorgen, dass keiner von euch irgendwelchen Blödsinn macht oder irgendwelchen Blödsinn erzählt, klar?«
Tom nickte stumm, und der schmerzhafte Griff löste sich. Er stand einige Sekunden unsicher zwischen dem Licht des Tages und dem Schatten des Hauses, dann schob der Alte ihn vor sich her hinaus.
»Hallo, Frau Andresco-Müller!« Mit einem Mal klang die Stimme des Alten nicht nur freundlich, sondern geradezu warm. »Schön, dass Sie da sind.«
Die Angesprochene stand neben einem blauen Minibus und hob lächelnd die Hand zur Begrüßung. Sie trug eine dunkle Jeans und eine helle Bluse. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem glatten Pferdeschwanz zusammengefasst.
»Guten Tag, Herr Schadowitz. Hallo, Tom.« Sie deutete auf die offene Heckklappe: »Pack deine Sachen einfach hinten rein, okay?«
Tom winkte ihr zu, ohne sie anzusehen, und kam ihrer Aufforderung nach, während sie sich mit dem Alten unterhielt. Über die Schulter rief er: »Karo kommt sofort«, dann kletterte er in den Wagen.
Er konnte nicht viel von der Unterhaltung verstehen, aber die Fähigkeit des Alten, sich zu verstellen, wenn offizieller Besuch da war, grenzte ans Unheimliche.
Alex hatte es sich mit Benjamin auf der Rückbank bequem gemacht, und Tom setzte sich in die Reihe vor ihnen.
Es dauerte nicht lange, bis auch Karoline hektisch und mit einem Rucksack, aus dem noch der Ärmel eines Pullovers hing, aus der Tür gestürzt kam. Sie hielt inne, als sie den Alten sah, und ihr Überschwang schwand schlagartig. Sie senkte den Kopf und zog die Schultern fast bis zu den Ohren hoch, als sie an den beiden Erwachsenen vorbeiging. Das muss man doch sehen, dachte Tom, aber Frau Andresco-Müller lachte nur und strich Karo übers Haar – was diese hasste. Der Alte lächelte beinahe warmherzig, während er sich verabschiedete. Er ging die Stufen zur Haustür hinauf. Die Jugendamtsmitarbeiterin half Karo, ihren Rucksack in den Wagen zu hieven. Aber Tom hatte nur Augen für seinen Pflegevater, der ihm einen letzten finsteren Blick zuwarf, ehe er die Tür schloss. Dann war der Moment vorbei, Karo stieg zu Tom, und Frau Andresco-Müller setzte sich hinter das Steuer. Der Minibus fuhr los, und das Haus verschwand aus der Sicht. Die Sonne schien heller, und der Tag war freundlicher, als er es noch vor einem Herzschlag gewesen war.
»Freut ihr vier euch denn?«, erkundigte sich die Fahrerin. Tom kannte die Mitarbeiterin des Jugendamtes von gelegentlichen früheren Besuchen. Sie war immer freundlich und nett, was man nicht gerade von allen Leuten dort sagen konnte. Der Ausflug war ihre Idee gewesen, und sie hatte ihn gegen die vorsichtigen Proteste des Alten durchgesetzt.
»Klar«, erwiderte Alex für sie alle. »Mal rauskommen und so.«
Tom warf ihm einen warnenden Blick zu, aber der Ältere brauchte keine Erinnerung daran, was passieren würde, wenn sie zu viel erzählten.
»Gut. Ein, zwei Stunden Fahrt, und wir sind da. Es wird euch gefallen: Es ist ein richtiges Zeltlager, und ihr seid natürlich nicht die einzigen Gäste. Der See ist toll, aber ich weiß nicht, ob es schon warm genug zum Baden ist.«
»Testen wir aus«, murmelte Tom.
Die weitere Fahrt verlief ruhig. Keiner redete viel, auch wenn Frau Andresco-Müller immer mal wieder versuchte, ein Gespräch zu beginnen, und die meist einsilbigen Antworten darauf ließen auch sie irgendwann verstummen.
Es war schon Nachmittag, als sie ihr Ziel erreichten. Das letzte Stück fuhren sie über einen holprigen Waldweg, im Schatten großer Laubbäume. Dann öffnete sich der Wald vor ihnen, und auf dem blauen Wasser eines Sees funkelte die Sonne. Am Rande des Sees befand sich eine freie Fläche, auf der zwei größere dunkle Holzhütten standen, die von einer ganzen Reihe von bunten Zelten umgeben waren.
»Das da ist das Haupthaus, da gibt es eine Küche und einen Essensraum«, erklärte Frau
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